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Rathausstürme: So lief das närrische Treiben in Eningen, Lichtenstein und Pfullingen

Vor den Rathäusern in Eningen, Lichtenstein und Pfullingen mussten die Bürgermeister ihre Schlüssel abgeben und zuvor die eine oder andere Prüfung bestehen.

Puh: zur Prüfung als Hüttenmeister gehörte für den Lichtensteiner Bürgermeister Peter Nußbaum eine Runde Klo putzen.
Puh: zur Prüfung als Hüttenmeister gehörte für den Lichtensteiner Bürgermeister Peter Nußbaum eine Runde Klo putzen. Foto: Dieter Reisner
Puh: zur Prüfung als Hüttenmeister gehörte für den Lichtensteiner Bürgermeister Peter Nußbaum eine Runde Klo putzen.
Foto: Dieter Reisner

PFULLINGEN/ENINGEN/LICHTENSTEIN. Den Anfang machten am Morgen wie immer die Krautscheißer in Lichtenstein. Seit vielen Jahren brennt Zunftmeisterin Katja Thomas ein Thema auf den Nägeln: die Hütten fürs Narrendorf. Zum zehnten Mal stehen die Hütten auf dem Rathausplatz an diesem Schmotziga Doschdig, zum zehnten Mal stammen sie aus dem Fundus des Pfullinger Bauhofs. Jetzt reicht’s, sagte sich die Zunftmeisterin. Im vergangenen Jahr haben die Krautscheißer deshalb kurzerhand eine eigene Hütte gebaut. Beim Rathaussturm gab’s dafür verbal für die Verwaltung reichlich auf die Mütze. »Mir bittet und bettlet ganz offiziell ond nett, i wart uff Antwort bei Dag und nachts em Bett«, so die Zunftmeisterin. Zur »Strafe« haben die Narren Bürgermeister Peter Nußbaum als künftigen Hüttenmeister für die Krautscheißer-Bleibe ausgewählt.

Nußbaum musste aber vorher eine Prüfung ablegen. Mit Putzeimer und Klobürste bewaffnet durchlief er einen Parcours: erst unter einem Biertisch durch, über Bierbänke drüber und dann Klo putzen. Als er den Deckel lupfte, staunte, erschrak und lachte Peter Nußbaum in seinem pinkfarbenen Sakko: Die Schüssel strotzte nur so von Dreck und stank bestialisch. Flugs ließ er aber die Bürste durch die Schüssel fliegen und entfernte die Sauerei. Eine Puppe »fiel auch noch in Ohnmacht«, die musste er auch noch retten. Danach erhielt er die goldene Klobürste und die Zunftmeisterin den ersehnten Rathausschlüssel. Anschließend öffnete dann das Narrendorf aller vier Lichtensteiner Zünfte (Krautscheißer, Burgstoi-Hexa, Wurz’l-Sepp, Schloss-Wölfe) und am Nachmittag zogen Kindergartenkinder durch den Ort zum Rathaus. Bis um Mitternacht durften die wahren Lichtensteiner Narren dann feiern – mit Erlaubnis der Verwaltung.

»Heute regieren die Narren«

In Eningen lag alle Aufmerksamkeit zuerst auf den ganz kleinen Hästrägern. Beim Kinderumzug der Häbles-Wetzer sorgten die Kleinen ordentlich für Stimmung, bauten Pyramiden und warfen mit Süßigkeiten um sich. »Heute regieren die Narren«, schallte es vom Podest neben dem Rathaus, während die Narrenkapelle d'Achalmer mit peppigen Liedern einheizte. Beobachtet wurde das bunte Treiben von Bürgermeister Eric Sindek und seinem Verwaltungsteam, die sich aus den Rathausfenstern lehnten und sich dort in Sicherheit wägten. Aber so sollte es nicht bleiben: »Wir Narren nehmen's Zepter jetzt wieder in die Hand«, rief Karin Kapitel, Zunftmeisterin der Häbles-Wetzer, und schon wurde der Eninger Schultes aus seinem Refugium entführt. Doch bevor Sindek und sein Team in den närrischen Urlaub verschwinden konnten, musste er noch eine Aufgabe meistern.

Was passiert, wenn im Eninger Freibad das Personal fehlt? Bürgermeister Eric Sindek muss einspringen! Und das in voller Montur:
Was passiert, wenn im Eninger Freibad das Personal fehlt? Bürgermeister Eric Sindek muss einspringen! Und das in voller Montur: Die Häbles-Wetzer kleideten Sindek dafür passend ein. Foto: bin
Was passiert, wenn im Eninger Freibad das Personal fehlt? Bürgermeister Eric Sindek muss einspringen! Und das in voller Montur: Die Häbles-Wetzer kleideten Sindek dafür passend ein.
Foto: bin

Weil das Freibad-Personal im vergangenen Jahr sehr knapp war und das Waldfreibad deswegen zeitweise geschlossen werden musste, verpassten die Häbles-Wetzer Sindek eine Bademeister-Montur. Doch damit war es nicht getan: Zehn Fragen zu den Eninger Narren musste er fehlerfrei beantworten, um einen kostenlosen Freibad-Tag mitsamt Verpflegung zu gewinnen. Bei einer falschen Antwort drohte ihm eine Strafe: Innerhalb weniger Minuten musste er mit einer kleinen Teekanne Wasser von einem Eimer in einen zweiten tragen und dabei Runden um den Narrenbaum drehen. Außerdem muss er demnächst eine Schulung bei der DLRG zur Badeaufsicht absolvieren. Wacker schlug sich der Schultes, beantwortete souverän Frage um Frage, kam erst bei der Letzten ins Straucheln und schon war es vorbei: Sindek rannte um den Baum, schöpfte Wasser und wurde dabei vom Publikum angefeuert. Jetzt fehlt nur noch die Schulung.

Alles Wörner oder was? Der Pfullinger Bürgermeister zeigte sich beim Rathaussturm sehr gelöst und tanzte als Biene gerne mit.
Alles Wörner oder was? Der Pfullinger Bürgermeister zeigte sich beim Rathaussturm sehr gelöst und tanzte als Biene gerne mit. Foto: Dieter Reisner
Alles Wörner oder was? Der Pfullinger Bürgermeister zeigte sich beim Rathaussturm sehr gelöst und tanzte als Biene gerne mit.
Foto: Dieter Reisner

Wie man Narren verwirrt, zeigte die Pfullinger Stadtverwaltung. Rund 30 Rathausmitarbeiter schützten ihren Schultes mit vollem Einsatz. In einem Ganzkörperanzug in den Stadtfarben und mit einer Wörner-Maske verkleidet, warteten sie vor Rathaus I auf die Narren. Niemand durfte rein, der Schultes ergab sich nicht freiwillig. Ob Uschlaberghexa, Hoagamännla, Mottles-Heer, Glöckles-Hexa oder auch Nachtkrapp - alle rätselten, wer denn der leibhaftige Schultes ist. Bürgermeistersekretärin Cornelia Gekeler nahm als Erste die Maske ab und das Heft des Handelns in die Hand. Die Narren mussten den Schultes finden, und zwar ohne ihn zu berühren und ohne Fragen zu stellen. Das brachte Nadine Pehl und Tim Wiedmann von den Hoagamännla, die federführend den Rathaussturm verantworteten, mächtig ins Schwitzen.

»Wahrscheinlich ist er gar nicht dabei«

»Wahrscheinlich ist er gar nicht dabei«, rief Wiedmann verzweifelt ins Mikro und suchte weiter. Schließlich durften die Narren, alle »gesittet und anständig«, so die Ansage von Gekeler, ins Rathaus. Dort landete Thomas Saal von den Mottles-Heer den Treffer. Im Praktikantenzimmer im Erdgeschoss fand er den wahren Wörner. Der Schultes gab sich geschlagen: »Keine Chance, sie haben es geschafft.« Gleichwohl war er erleichtert, denn er konnte endlich die Maske ablegen. Ohne Umschweife übergab er den Schlüssel an die neuen Machthaber und versprach auf dem Marktplatz seinen Mitarbeitern: »Bis Aschermittwoch habt ihr frei.« Danach musste sich der Schultes samt Team bei verschiedenen Spielen und Liedern auf dem Marktplatz beweisen.

Besonders sympathisch war sein Auftritt als Biene Wörner. Dabei zeigte der Rathauschef seine tänzerischen Qualitäten und die Mitarbeiter ihre Spielfreude. Und die Rathauscrew hat jedenfalls geschafft, die Narren gehörig ins Bockhorn zu jagen. »Ich geb’s zu, das haben sie gut gemacht«, lobte Hoagamännle Nadine Pehl. (GEA)