LICHTENSTEIN. Die Umarmung für Friedlinde Bertsch ist herzlich und bleibt nicht die einzige an diesem Mittag im Lichtensteiner Bürgertreff. Gedrückt werden Bertsch, Marianne Reiff, Renate Häußler, Helga Lohse und Traute Ivkovic weil sie, teilweise schon seit 25 Jahren, liebevoll den Mittagstisch für Senioren bereiten. Aber auch, weil das ganze Team am Mittwoch zum letzten Mal den Tisch eingedeckt hat, für alle, die gern einmal im Monat gemeinsam zu Mittag essen und Gemeinsamkeit erleben möchten. Das können sie auch weiterhin: Das Nachfolgeteam steht schon in den Startlöchern.
Friedlinde Bertsch bringt es auf den Punkt: 25 Jahre in die Zukunft geschaut - das ist ein langer Zeitraum. Aber 25 Jahre Mittagstisch sind schnell vergangenen. 1999, erinnert sie sich, ist auch alles ganz schnell gegangen, als sie beim damaligen Bürgermeister Helmut Knorr im Büro gesessen war und ihr Projekt vorgestellt hatte. »Machen Sie's«, so die Antwort von Knorr, der die Unterstützung der Gemeinde zusicherte. Damals habe sie noch mit ihrem kleinen Renault Twingo die Essen im Seniorenzentrum Echazquelle abgeholt. Schon lang wird es angeliefert. Am Mittwoch stecken in den gelben Thermoboxen 45 Portionen Spaghetti Bolognese sowie Champignoncremesuppe und Panna cotta. Zum Abschied haben sich besonders viele Gäste angemeldet - 35 sind es normalerweise. Bürgermeister Peter Nußbaum ist darunter, Dekan Herrmann Friedl von der katholischen Kirche und die evangelische Gemeindepfarrerin Katharina Dolmetsch-Heyduck.
Ein Erfolgsmodell
»Wir waren ein gutes, ein fröhliches Team«, sagt Bertsch, als alle an den dekorierten Tischen sitzen und fügt hinzu: »Heut ist es ein bissle anders als sonst.« Und dass sie sich besonders freut, dass Monika Pautsch, Brigitte Klink, Ruth Knoll, Irmgard Liersch, Regina Reiff und Andrea Alle, die in Zukunft die Gäste bewirten, auch gekommen sind. Der Mittagstisch ist für Bürgermeister Nußbaum ein Erfolgsmodell, der nahtlose Wechsel wichtig und ein Zeichen für die gute Arbeit des bisherigen Teams, das auch daran gedacht habe, seine Nachfolge zu regeln. »Bewundernswert« viel Zeit und Energie hätten sie eingesetzt. »Was wir heute tun, entscheidet, wie die Welt morgen aussieht«, lobt der Bürgermeister mit einem Zitat von Boris Pasternak. Die Frauen haben beschlossen, gemeinsam aufzuhören, nachdem Friedlinde Bertsch ihren Rückzug erklärt hatte. Für sie stand schon immer fest: »Nach 25 Jahren ist Schluss«, so die 76-jährige, langjährige Vorsitzende des Ortsseniorenrats und ehemalige Gemeinderätin.
Schokolade und Wolfgangs-Sekt hat das »ökumenische Team« Friedl/Dolmetsch-Heyduck für die Ehrenamtlichen mitgebracht und Rosen für das neue Team. »Damit sie sich etwas verlieben in ihre neue Arbeit«, erklärt Friedl mit Blick auf den nahenden Valentinstag. »Super, dass sich hier Menschen treffen, es Raum zur Begegnung gibt«, betont Dolmetsch-Heyduck. Das sei so wertvoll und das könne man nur unterstützen. Sie sei nicht so häufig wie Friedl dabei, denn mittags wolle auch ihre Familie was essen, sagt sie und sorgt für Schmunzeln in der Runde, als sie in Richtung Dekan erklärt: »Da hat das Zölibat Vorteile.«
Jedenfalls stellt Friedlinde Bertsch, bevor das Essen auf den Tisch kommt, in Richtung der Kirchenvertreter fest: »Schön, wenn sie da waren, den Leuten tut es gut.« Gut getan hat die Arbeit beim Mittagstisch auch den Helfern: »Ich habe immer so viel zurückbekommen«, sagt Helga Lohse, bevor es dann tatsächlich an die »Töpfe« geht. (GEA)