ENINGEN. Am Ende gab es Ovationen: Die zahlreichen Gäste in der evangelischen Andreaskirche waren von den musikalischen Darbietungen der verschiedenen Akkordeongruppen mehr als angetan. Zudem war der Auftritt des Reutlinger Hohner Handharmonika- und Akkordeonclubs (HHC) als Benefizkonzert gestaltet und die Hilfsorganisation »Drei Musketiere Reutlingen e. V.« konnte sich über eine Spende von 1 300 Euro freuen.
Es gibt nicht wenige, die das Akkordeon mit seinen schnaufenden und quietschenden Tönen auch heute noch ausschließlich mit ausgelassenen Volksmusikgelagen und gemütlichen Heimatabenden verbinden. Diese unbegründeten Vorurteile hat der seit über 80 Jahren bestehende Hohner Handharmonika- und Akkordeonclub Reutlingen schon mehrfach entkräftet. Denn die verschiedenen Orchester und Ensembles des Vereins spannen in ihrer Musik einen weiten Bogen von der Klassik bis in die Moderne. Balkan- und Irishfolk-Anklänge sind ebenso im Repertoire wie argentinischer Tango von Astor Piazzolla und ein Ungarischer Tänze-Zyklus von Johannes Brahms. Die Musiker spielen nicht nur einfach Akkordeon, sie verwenden das riesige Instrument auch als Klangquelle, um Gefühlen und Stimmungen Ausdruck zu verleihen.
Das kam auch bei dem Benefizkonzert in der voll besetzten Andreaskirche zum Ausdruck. Zu hören gab es ein vielfältiges Programm, von der Kleinen Konzertsuite der Newcomer unter der Leitung von Jürgen Walz über Johann Sebastian Bachs Orchester-Suite und »Gabriels Oboe« von Ennio Morricone, die vom »Ysemble« präsentiert wurden. Im zweiten Teil interpretierte das seit über 30 Jahren bestehende Akkordeon-Ensemble unter der Leitung von Dirigent Horst Amann drei Stücke aus Hans Bolls »Reisebilder vom Balkan«. Eindrucksvoll zeigten die zehn Akkordeonisten mit ihren Balkan- und Samba-Anklängen (bei dem Titel »Brasilia«), wie man mit dem Akkordeon die Melancholie tanzen lässt.
Zum Abschluss brachte das 20-köpfige Erwachsenen-Orchester unter der Leitung von Horst Amann den tschechoslowakischen Volkstanz »Ouverture Furiant«, die irische »Kilkenny Rhapsody« von Kees Vlak, Leroy Andersons legendären »Typewriter« und nicht zu vergessen das wunderschöne »Otoño Porteño« von Astor Piazzolla zu Gehör. Die scharf synkopierten Rhythmen, das drängende Atmen der Musik, für die der argentinische Bandoneonspieler und Komponist Astor Piazzolla (1921 bis 1992) bekannt war, sind hier klar herauszuhören.
Mehr als zwei Jahre lang konnten die Musiker des Hohner Handharmonika- und Akkordeonclubs nicht ohne Corona-Einschränkungen auftreten. Dass dies zum ersten Mal wieder möglich war, beflügelte die Motivation und Spielfreude der Musiker nur noch. So gab es am Ende verdiente Ovationen vom Publikum und vom Orchester als Dank zwei weitere Zugaben. (GEA)
DIE DREI MUSKETIERE
Seit 2016 setzen sich Markus Brandstetter und seine »Drei Musketiere Reutlingen e. V.« dafür ein, schutzbedürftigen Menschen in und aus Krisen- und Katastrophengebieten direkt vor Ort Beistand zu leisten. Auch in der Ukraine ist die Organisation seit Kriegsausbruch aktiv. So begab sich Markus Brandstetter bereits am 28. Februar mit einer ersten Hilfsladung nach Radymno zur polnisch-ukrainischen Grenze, um geflüchtete Menschen zu versorgen. Inzwischen ist die Hilfsorganisation auf 19 rein ehrenamtlich tätige Helfer angewachsen. (jüsp)