METZINGEN. Da der eigene Garten in der Pandemiezeit für viele Menschen eine ganz neue Bedeutung erhalten hat und sie mehr gärtnern als bisher, liegt der Anbau von Obst und Gemüse wieder mehr im Trend als noch vor einigen Jahren. Das geschieht nicht nur in Gärten und auf dem Gütle, sondern ist auch auf dem Balkon, auf der Terrasse oder im Blumentopf auf der Küchenfensterbank möglich. Besonders gefragt sind aus mehreren Gründen alte, lokale Sorten. Doch was tun, wenn dazu das Wissen und vor allem das Saatgut fehlen?
Da kann die Metzinger Stadtbücherei Abhilfe schaffen. Büchereileiter Ulrich Koch kam durch Kontakte mit anderen Büchereien auf die Idee, eine »Saatgutbücherei« als neues Angebot anzubieten. Zusammen mit seiner Kollegin Maren Duhatschek präsentierte er neulich das Ergebnis bei einem Pressetermin und gab damit das Saatgut frei für alle Gartenfreunde.
»Die Saatgutbücherei erneuert das Wissen um eine alte Kulturtechnik«
Ab sofort kann jeder kostenfrei fünf Tütchen mit Saatgut lokaler und alter Gemüsesorten ausleihen und dabei unter 40 Sorten wählen. »Gärtner Sturm«, »Gelbe Dattelwein« oder »Tigerella« sind zum Beispiel Tomatensorten, »Roter Augsburger« und »Sweet Chocolate« Paprikasorten. Sibirischer Kohl und Pastinake sind ebenso im Angebot wie die Salatsorten »Teufelsohren« oder »Forellenschluss«. Bei den Stangenbohnen reicht die Auswahl von »Hilds Neckarperle« über »Bäckerschürzle« bis zum »Herrenböhnli«. Insgesamt stehen 700 Tütchen zur Abholung bereit. Kein Zwang, aber Wunsch ist, dass jeder, der Saatgut ausleiht, mindestens eine Pflanze in Saat schießen lässt und den Samen dann der Saatgutbücherei zur Verfügung stellt.
»Dieses Angebot steht sinnbildlich für das, was Bibliotheken schon immer leisten: Menschen zusammenbringen, Wissen bereitstellen und teilen, persönliche Bildung und Wachstum ermöglichen und damit neue Erfahrungen machen zu können«, erklärte Koch dazu. Das Büchereiteam hat reichlich thematisch passende Bücher und Ratgeber zur Ausleihe zusammengestellt. »Die Saatgutbücherei erneuert das Wissen um eine alte Kulturtechnik und um eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln«, sagte Koch und ergänzte: »Das ausgeliehene Saatgut kann ausgesät, das Gemüse und die Früchte geerntet und verzehrt werden. Ein Teil der Pflanzen darf blühen und Samen bilden. Dieses neu gewonnene Saatgut kann in der Stadtbücherei zurückgegeben und im nächsten Jahr wieder ausgeliehen und dann gesät werden.«
Auf der Instagramseite der Stadtbücherei Metzingen können Gartenfreunde Erfahrungen und Tipps austauschen. Nutzer brauchen für die Saatenausleihe keinen Leserausweis. Möglich macht die Aktion die Zusammenarbeit der Stadtbücherei mit dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) und mit dem Genbänkle. Letzteres ist ein lokaler Akteur zur Sicherung und Verbreitung von lokalem und regionalem Saatgut.
Bestellung der Samen sind bei der Stadtbücherei Metzingen telefonisch oder per E-Mail möglich. Die Nutzer können es dann nach Vereinbarung am Kelternplatz abholen. (GEA)
07123 925140