PLIEZHAUSEN. Er weiß: »In Afrika hat man Zeit, in Nordeuropa Uhren.« Thomas de Jong, der neue Pastor der evangelisch-methodistischen Kirche in Pliezhausen, ist in Kenia aufgewachsen, verbrachte hier seine gesamte Kindheit, machte in Nairobi später an der Deutschen Schule sein Abitur. Sein Vater war dort beruflich mit Bibelübersetzungen befasst. Dem Strukturierten in Europa, so erläutert de Jong, stehe das Beziehungsorientierte und das Spontane in Afrika gegenüber.
Das Leben als Christen und der Glaube wurden ihm familiär in die Wiege gelegt. Er knüpfte daran an, studierte Theologie in Tübingen und Reutlingen, wohnte während des Studiums von 2009 bis 2016 im Mössinger Ortsteil Belsen. Nach einer Zeit als Pastor auf Probe in Langenau bei Ulm ist er nun seit 21. September als Pastor in Pliezhausen tätig, wurde am 27. September dort als Nachfolger von Ulrich Ziegler offiziell ins Amt eingeführt.
Der 31-Jährige, der zuvor am 13. September ordiniert wurde, ist mit seiner Frau und den vier gemeinsamen Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren nach Pliezhausen umgezogen. Die Kartons seien weitgehend ausgeräumt. Er schwärmt von der weiten Sicht von der Terrasse des neuen Wohnsitzes, mit Blick zur Burg Teck, zum Rossberg, zum Schönbuch. »Landschaftlich ist es richtig schön.« Eine Rückkehr in eine bekannte und vertraute Region. In der evangelisch-methodistischen Kirche Pliezhausen, die als Bezirk auch Rübgarten und Mittelstadt mit umfasst, arbeitet er nun zusammen mit Monika Brenner, die seit vier Jahren Pastorin in Pliezhausen ist.
Gesicht der Welt verändern
»Beziehungsarbeit ist mir sehr wichtig«, beschreibt Thomas de Jong die Sicht auf seine Arbeit, nennt Dinge, die ihm da vorrangig sind. Und er zitiert in diesem Zusammenhang ein afrikanisches Sprichwort: »Wenn viele kleine Menschen, an vielen kleinen Orten, viele kleine Schritte gehen, kann das das Gesicht der Welt verändern.« Genau darum geht es Thomas de Jong mit seinem beruflichen und menschlichen Wirken: »Die Welt ein Stück weit zum Positiven verändern.« Es gehe um das Miteinander, das nacheinander schauen, das aufeinander achten.
Pliezhausen hat der Pastor als »nettes Örtchen« um sich wahrgenommen, mit guter Infrastruktur. Beim Radfahren hat er sich in Langenau an das Flache gewöhnt, nun fordern wieder Steigungen die Beine und Kondition spürbar mehr heraus. Was ihm beim Radeln aufgefallen ist, sind Lücken bei der Ausschilderung im an sich guten Radwegenetz in der Umgebung, die zu unfreiwilligen Umwegen führen können. Erfreut ist Thomas de Jong auch über die guten Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs. »Es fahren viele Busse.«
Einsegnung gestaltet
Von seinen Kindern gehe eins in den Kindergarten, zwei in die Grundschule, der Älteste fahre nach Reutlingen ins Gymnasium. Verknüpfungen nach Reutlingen gab es zuvor nicht nur über die Fortsetzung des Theologie-Studium an der Reutlinger Hochschule. Im Jahr 2016 hatte Thomas de Jong auch in Mittelstadt seine Abschlusspredigt gehalten.
Seine spätere Frau, die aus dem Schwarzwald kommt, hat Thomas de Jong noch zu Abiturzeiten in Nairobi kennengelernt. Sie hatte ein Auslandsjahr in Kenia verbracht. Beide kamen im Jahr 2008 dann nach Deutschland.
Bereits im Studium hat sich der Theologe in Richtung auf die evangelisch-methodistische Kirche orientiert, wollte zuvor eigentlich Pfarrer in der Landeskirche werden. Viele verschiedene Gründe hätten dazu geführt. Es sei eine freie Kirche, eine Wahlkirche. Die Freiwilligkeit gehe mit dem Engagement der Mitglieder, mit Gemeinschaft einher. Positive Bezüge zur evangelisch-methodistischen Kirche gab es bereits zu Studienzeiten in Mössingen, wo er viel Offenheit erlebte.
In Pliezhausen war die Einsegnung am vergangenen Sonntag, ein Äquivalent zur Konfirmation, der erste offizielle Akt, den Thomas de Jong als Pastor gestalten und begleiten durfte. Per Beamer hat eine Band gespielt, der Gottesdienstraum hätte mit einem Nebensaal trotz nötigem Abstand Platz für rund 100 Gäste geboten. Einige Stühle blieben dann aber unbesetzt. Das Handauflegen war in Coronazeiten mit Desinfektion verbunden. Trotz der Umstände seien die Rückmeldungen sehr positiv gewesen. In Zukunft soll auch mal ein Singen mit Masken möglich sein.
Noch lernt Thomas de Jong die Gemeinde und die sie bildenden Menschen jeden Tag weiter kennen. Ein liebevoller Umgang miteinander, so wie es Jesus vorgelebt habe, sei bedeutend. »Ich bin nicht jemand, der den Menschen die Bibel um die Ohren haut«, sagt Thomas de Jong lächelnd. »Nur so ist es richtig«, sei nicht seine Haltung. Man sei miteinander unterwegs, im Alltag, im Leben. (GEA)