REUTLINGEN. Atemberaubend ist der Blick über die Dächer Reutlingens. Der Strauß schwarzer Ballons, den Sänger Fawo gerade losgelassen hat, fliegt Richtung Horizont. »Ballooooon, -loooon,-looon« schweben die poppigen Lines vom Gipfel der Achalm. Dann drückt DJ Tim Bayer den Pausenknopf: »Sollen wir die nächste Szene drehen?« fragt jemand. Die Crew nickt. Kurze Verschnaufpause.
Seit 9 Uhr ist DJ Tim Bayer aus Steinhilben an diesem Mittag bereits auf dem Gipfel der Achalm. Mit dabei: Eine Medienagentur aus Tamm bei Ludwigsburg und Sänger Fawo aus Reutlingen-Sondelfingen. Am Abend sollen die Szenen für das Musikvideo zu Bayers Single »Balloon« im Kasten sein. Die hat der DJ heute veröffentlicht. Die Dreharbeiten zum Video haben bereits Anfang August stattgefunden. Eine Genehmigung für die Benutzung des Achalm-Turms und den Dreh hatte Bayer von der Stadt erhalten.
Tim Bayer ist in der Region bereits mit Songs wie »Edge of Silence«, »Better Of Without You« und »Sayonara« eine kleine Berühmtheit geworden. Wofür er noch bekannt ist: Musikvideos, in denen Orte aus der Region zu sehen sind. Bayer, der inzwischen Audio Engineering in Hamburg studiert, will damit seine Liebe zur Region ausdrücken. Nun hat er sich die Achalm für seinen Musikclip zu »Balloon« herausgesucht.
Ganz leicht war das jedoch nicht. »Wir sind mit 300 Kilo Equipment hier auf den Gipfel hochgestiefelt«, sagt Bayer. Eine Stunde hätten er und die Crew für den Aufstieg gebraucht – mit Leiterwagen. Oben angekommen mussten alle erst einmal warten, bis der Regen aufhört. Jetzt aber strahlt die Sonne hinter den Wolken hervor – passend zur Schlüsselszene, in der die Ballons steigen sollen. »Sieht super aus«, sagt der Kameramann als die endlich fliegen. Bayer lächelt. »Diesmal haben wir nicht so eine große Story im Clip, da ist das Drehen entspannter.«
Ein bisschen Story gibt’s dann aber doch. Um eine Liebesgeschichte soll es im Song gehen. »Darum, dass das Herz eben ist wie ein Ballon, in den man reinstechen kann«, sagt Sänger Fawo. Fast ein Jahr arbeitete Bayer an den Beats zum Song. »Die habe ich dann Fawo geschickt, den ich über andere Künstler bereits kannte.« Der Sänger aus Reutlingen-Sondelfingen hörte sich die Rohversion an, entwarf einen Text und nahm einen Demo-Tape auf. Bayer lud ihn ins Hamburger Studio ein. Die beiden feilten weiter am Text.
Von dem Song sei er sofort begeistert gewesen, sagt Fawo. Das Düstere und die Tanzbeats – so eine Mischung sei im Dance-Pop-Genre nicht oft zu finden. Tim Bayers Songs klingen oft so: Ein bisschen Regen ein bisschen Sonne. Auch zu »Balloon« kann geseufzt und getanzt werden.
Getanzt wird an dem Mittag auf der Achalm deshalb auch noch. Während die Filmcrew ihre Kamera ausrichtet und den Drehplan bespricht, machen sich »die Mädels« fertig, wie Bayer die vier Frauen begrüßt. Im Achalm-Turm ziehen sie sich für den Dreh um. »Ich sag's nicht so laut, damit die Mädchen nicht nervös werden. Aber wir zoomen pro Durchgang an je eine Tänzerin ran«, flüstert der Regisseur seinem Kameramann zu. »Und los. Wir drehen« - Durchgang für Durchgang - mit Blick auf die weiten, sattgrünen Berge. Mit in der Tanzgruppe: Marie Zils, bekannt aus der TV-Show Temptation Island, zwei Tänzerinnen aus der Steinhilber Faschingsgruppe, eine Bekannte. Sie alle kennen Tim Bayer gut. Zils war bereits bei anderen Videos des DJs dabei.
Für die Zukunft will Bayer weitere Songs rausbringen, die eher ins Poppige gehen. Die Videos zu seinen Liedern wird er wohl wieder in der Region drehen. Bayer hat hier seine Fanbase. Die will er noch ausweiten – mindestens zwei neue Songs sind für dieses Jahr noch geplant. Ob mit oder ohne Video weiß Bayer noch nicht. Erst mal »Balloon« promoten. Ein bisschen fluffiger Melancholie-Pop kann im sonnig-verregneten Sommer 2021 sicher nicht schaden. (GEA)