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Aktuell Entwicklung

Wofür Mössingen eine umstrittene Regelung nutzt

Wohnungsbau
Zwei Arbeiter auf einer Baustelle. Foto: Roland Holschneider
Zwei Arbeiter auf einer Baustelle. Foto: Roland Holschneider

MÖSSINGEN. Gleich acht neue Baugebiete standen auf der Tagesordnung des Mössinger Gemeinderats am Montag: drei in der Kernstadt, drei in Öschingen, zwei in Talheim. Klar ist: Sie werden nicht alle kommen. Aber die Stadtplanung sieht deutliches Wachstum vor. Das lockte auch gut 30 Zuhörer in die Aula der Friedrich-List-Gemeinschaftsschule, wo die Räte mit Abstand sitzend tagten.

In der Zukunftswerkstatt »Step 2030« war 2015 noch die Rede von »abflachendem Bevölkerungswachstum«. Das hat sich stark geändert. »Bauland ist gefragt«, sagte Baubürgermeister Martin Gönner. Gleichzeitig werde Flächenverbrauch argwöhnisch betrachtet, Ausgleichsmaßnahmen seien immer schwieriger umzusetzen. Deshalb will die Stadt den Paragrafen 13b des Baugesetzbuches nutzen, der vereinfachte Verfahren noch bis Ende 2021 ermöglicht. »Das bedeutet weniger Gutachten und weniger Ausgleichsmaßnamen«, erklärte Gönner.

Die ausgewählten Gebiete seien nicht alle gleichzeitig zu realisieren. Notwendig ist erst einmal, dass die Grundstückseigentümer mitmachen. In einigen Fällen ist eine Umlegung geplant, in anderen ein Zwischenkauf durch die Stadt. »Wir haben aber auch noch etwa 350 Baulücken«, sagte Gönner. Diese sogenannten »Enkelesgrundstücke« sorgten bei den Gemeinderäten für Diskussionen. Claudia Jochen (Linke) meinte, erst sollten diese bebaut werden, bevor es an neue Flächen gehe. Eine Enteignung, wie sie in Tübingen versucht werde, sei nicht der richtige Weg, meinte Gönner. »Wir setzten auf Gespräche und auf Freiwilligkeit.«

Weil das bisher kaum Erfolg hatte, wird die Stadt, wenn sie Einwohner anziehen möchte, nicht ohne neue Baugebiete auskommen. So sah es die Mehrheit, die sich bei jedem Gebiet mit zwei, drei Gegenstimmen durchsetzte. Im Umlegungsverfahren gibt es bei Zuteilung eine Baupflicht innerhalb von acht Jahren, bei städtischen Bauplätzen sind es drei Jahre.

Zu dicht für Talheim

»Wir wollen nicht nur Einfamilienhäuser, sondern auch Doppelhäuser, Reihenhäuser, Geschossbau und geförderten Wohnraum«, erklärte Stadtplanerin Marietta Rienhardt. Eine so vorgesehene eher dichte Bebauung sorgte in Talheim für Unmut. Den dortigen Bebauungsplan »Aichhalde« mit den vorgesehenen 52 Wohnungen in zwei- und dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern befand Ortsvorsteher Elmar Scherer für zu massiv: »Das ist keine Arrondierung, sondern ein hässliches Eck.« Allerdings ist die Niederschlagswasser-Beseitigung dort ein noch ungelöstes Problem.

Das größte Gebiet könnte in der Kernstadt »Westlich der Buchsteigstraße« entstehen. Dort sind keine Einfamilienhäuser, dafür aber zehn drei- bis viergeschossige Bauten mit 164 Wohneinheiten und 15 Reihenhäusern geplant. Geparkt wird in Tiefgaragen, sodass zur Erschließung nur eine Stichstraße und zwei Fußwege notwendig wären. Ins Zentrum des Quartiers soll ein Platz mit Spielmöglichkeiten.

»Wir finden das Vorgehen der Stadtverwaltung gut: bei bestehenden Baulücken auf Freiwilligkeit zu setzen und gleichzeitig Neubaugebiete zu ermöglichen«, sagte Dirk Abel (CDU). »Innen vor außen«, betonte auch Peter Looser (SPD). Er erinnerte an die beiden großen Industriebrachen der Stadt. »Aber Mössingen muss Wohnungen anbieten.« OB Michael Bulander erklärte, nicht alle acht Gebiete würden gleichzeitig ins Rennen gehen: »Wir beginnen, wo wir zuerst Einigkeit mit den Grundstücksbesitzern erzielen.«

Im deutlich kleineren Gebiet »Südlich der Buchsteigstraße« sind auch einige kleine Grundstücke für »Tinyhouses«, eine Art Wohncontainer, vorgesehen. Im Gebiet »Breitwiese« könnten Doppel- und Reihenhäuser entstehen. Vorgesehen wären gemeinsame Tiefgaragen. Deshalb ist keine Umlegung geplant, sondern die Stadt würde die Flächen kaufen und mit Bauträgern zusammenarbeiten. Zuerst wird aber bei den Eigentümern das Verkaufsinteresse ausgelotet.

Finkenweg zurückgestellt

In Öschingen sind die Gebiete »Steinwiese« und »Reute« in der Planung. Die Flächen »Südlich Finkenweg« mit sieben möglichen Einfamilienhäusern wurden wegen der Nähe zu einer Autowerkstatt vorerst zurückgestellt. Die »Steinwiese« könnte mit zwei Mehrfamilienhäusern (20 Wohneinheiten), sechs Doppelhäusern, zwölf Reihenhäusern und fünf Einfamilienhäusern bebaut werden. Dabei müsste der Hang für Tiefgaragen genutzt werden. Für das Oberflächenwasser müsste ein Rückhaltebecken gebaut werden. Auch im Gebiet »Reute« soll dichter gebaut werden. Weil kaum Erschließungsarbeiten nötig sind, könnten die Grundstücke relativ günstig werden.

Vorerst zurückgestellt wurde das große Talheimer Gebiet »Martin-Luther-Straße«. Dort gibt es zu viele Grundstückseigentümer. Mit diesen bis Jahresende 2021 zu einem Ergebnis zu kommen, so Rienhardt, sei »unmöglich«. (stb)