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So soll in Mössingen die Integration gelingen

Das Begleitgremium zum Mössinger Integrationskonzept berichtet über Schwierigkeiten und Erfolge.

In Reutlingen haben rund 40 Prozent der Bevökjerung einen Migrationshintergrund.
In Reutlingen haben rund 40 Prozent der Bevökjerung einen Migrationshintergrund. Foto: dpa
In Reutlingen haben rund 40 Prozent der Bevökjerung einen Migrationshintergrund.
Foto: dpa

MÖSSINGEN. Es ist eine lange Liste, die auf der Homepage der Stadt Mössingen einsehbar ist, auf der die verschiedenen Maßnahmen zur Integration von Zugezogenen mit Migrationshintergrund aufgelistet sind. Schon die Menge der Maßnahmen zeigt, welchen Stellenwert diese Arbeit hat.

Allerdings steht auch hier immer wieder »coronabedingt verschoben« oder »verzögert«. Denn persönliche Begegnungen sind in diesen Zeiten oft nicht möglich. Von daher ist die Liste auch eine Beschreibung dessen, was in Angriff genommen werden soll, wenn die Coronakrise von einer neuen Normalität abgelöst wird.

Das Begleitgremium bei der Umsetzung des Integrationskonzepts hat sich durch Corona nicht beirren lassen und seit Mai vergangenen Jahres zehn Mal getagt, erzählte Melissa Wach, die sich als Elternmentorin engagiert. Sie betonte, dass nur eine erfolgreiche Integration auch gut für Mössingen ist. Es gebe durchaus eine »super Umsetzung« für manche Maßnahmen etwa im Bereich Bildung, etwa Deutschkurse für Erwachsene. Auch im Handlungsfeld Arbeit und Beschäftigung werde die Anlaufstelle für eine erste Beratung »gut angenommen«.

Wohnraum weiter gesucht

Dagegen gebe es bisher kaum Erfolge im Bereich Wohnen, wo sich die Stadt mit dem Projekt »Mössingen sucht Wohnraum« engagiert, das aber die Hoffnungen bisher nicht erfüllt hat.

»Jedes Jahr ziehen etwa 1.000 Menschen nach Mössingen. Das zeigt, wie wichtig es ist, Wohnraum zu schaffen«, sagte Klaus Conrad. »Eine persönliche Ansprache der Vermieter könnte wichtig sein«, nahm er auch die Gemeinderäte in die Pflicht. Außerdem wünschte er sich, dass die Stadt eine Immobilie zur Verfügung stellt, in der ein Modellprojekt für Integration realisiert werden könnte.

Vieles habe leider nicht stattfinden können, bedauerte Conrad. Gerade Begegnungen seien das Feld, das am stärksten von Corona betroffen sei, in dem man aber auch die größten Erfolge erzielen könnte, wenn es die Gegebenheiten zulassen.

Boris Kühn, Integrationsbeauftragter der Stadt, sprach sich dafür aus, zum Integrationsstand ein Monitoring einzuführen, so wie dies Metzingen schon getan hat. Dabei ist er sich bewusst, dass Zahlen, etwa beim Grad der Beschäftigung oder der Deutschkenntnisse, noch keine Erklärung liefern, aber immerhin eine solide Basis schaffen, auf deren Grundlage weitergearbeitet werden kann. Auch Mössingens Oberbürgermeister Michael Bulander fand die Idee gut, »von Zeit zu Zeit zu schauen, wie der Umsetzungsstand ist«.

Von den Gemeinderäten wünschte sich Kühn, dass sie in ihren Sitzungen nicht nur an das Thema Integration denken, wenn er vorne als Vortragender sitzt, sondern auch bei anderen Themen, etwa Bauplätzen. Denn, so Kühn: »Integration ist ein Querschnittsthema.« Also eines, das viele andere Bereiche mit betrifft. CDU-Gemeinderat Dirk Abel, der zugleich Vorsitzender der Spvgg Mössingen ist, verwies auch auf die integrative Arbeit der Vereine, ein Aspekt, der ihm bei dem Bericht fehlte.

Teil des Koalitionsvertrags

Bei einem Thema im Bereich Integration gehört Mössingen zu den Vorreitern. Gefördert von der Baden-Württemberg-Stiftung bietet man muttersprachlichen Unterricht an, bei dem Migranten, die früher Lehrer waren, ihr Wissen an die Schüler weitergeben.

Luis Eisold (FWV) sah das Ganze allerdings kritisch. Wichtiger fand er, dass Deutsch gelernt wird, bevor es muttersprachlichen Unterricht gibt. Verbunden war das mit der Sorge, dass die Kinder dann am Ende weder des Deutschen noch der Muttersprache so richtig mächtig sind. Diese Sorge, betonte Boris Kühn, sei durch die Sprachwissenschaft widerlegt. »Wenn man die Muttersprache gut kann, lernt man auch die nächste Sprache besser.« Man sehe daher keine Konkurrenz.

Auch Dines Christen (SPD) pflichtete dem bei. »Es ist ganz wichtig, zuerst die Muttersprache und ihre Grammatik zu lernen.« Claudia Jochen von der Linken im Steinlachtal verwies auf eigene Erfahrungen, dass Kinder Sprachen aufnehmen können wie ein Schwamm. Das müsse man auf jeden Fall unterstützen, denn »jede Sprache bedeutet eine andere Sicht auf die Welt«.

Dass Mössingen beim muttersprachlichen Unterricht auf dem richtigen Weg ist, sieht man wohl auch beim Land so. Immerhin hat das Handlungsziel muttersprachlicher Unterricht auch den Weg in den neuen Koalitionsvertrag des Landes gefunden, so Kühn. (GEA)