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Politikwissenschaftler: Palmer-Debatte bis Wahl vergessen

Boris Palmer (Grüne)
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

TÜBINGEN/BERLIN. Die Debatte um Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer wird den Grünen aus Sicht des Politikwissenschaftlers Nils Diederich nicht bei der Bundestagswahl schaden. »Die Sache wird dann vergessen sein«, sagte der Parteienforscher von der FU Berlin unter anderem der »Südwest Presse« und der »Schwäbischen Zeitung« (Montag). »Es sei denn natürlich, die ganze Geschichte zieht sich bis kurz vor den Wahltag.«

Wegen einer Aussage über den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, der einen nigerianischen Vater hat, werfen die Grünen Palmer Rassismus vor und wollen ihn aus der Partei werfen. Der Fall sei ein »Stresstest« für die Partei, sagte Diederich. »Das ist auch normal für Parteien, die ihr Spektrum erweitern: Sie müssen sich auf breiterer Front auseinandersetzen.« Für die Grünen sei es sehr schwer auszuhalten, jemanden nach solchen Äußerungen in der Partei zu behalten. Und gerade jetzt bei steigenden Umfragewerten wolle die Partei alles vermeiden, was schädlich sein könnte, so der Forscher.

»Besser wäre es aber zu sagen: Mein lieber Palmer, so geht das nicht, das musst du zurücknehmen«, erklärte er. »Inhaltlicher Streit statt administrativer Hammer. Die Erfahrung ist, dass solche Diskussionen einer Partei gar nicht schaden müssen, sie nützen sogar manchmal.«

Dass Parteichefin und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Samstag via Twitter das Ausschlussverfahren gewissermaßen angekündigt hatte, bewertete Diederich wie folgt: »Sie hat sich sozusagen das Kanzlerinnenkostüm angezogen und nach der Devise gehandelt: Wenn jemand abweicht von meiner Linie, dann schadet der mir.« Baerbock habe in ihrer neuen Rolle klar auf Ansage gesetzt. »Und die lautet: Ich bin die, die vorne steht - und die anderen sollen mir folgen«, erläuterte der Wissenschaftler und kommentierte: »Es ist geradezu symbolisch: Die Grünen werden eine stinknormale Partei.« (dpa)