REUTLINGEN/TÜBINGEN. Es ist nicht alltäglich, was in der kommenden Nacht am Himmel über dem Südwesten zu sehen sein wird: Polarlichter. Diese waren bereits am Sonntagabend über Teilen Sachsens und Bayerns zu sehen, doch der Himmel über Baden-Württemberg war bedeckt und es regnete bisweilen kräftig. Anders soll es in den kommenden Nächten sein. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagt klaren Nachthimmel voraus.
»Am besten ist es, wenn man nach Norden blickt«, sagt Dr. Maximilian Hohmann, der Leiter der Sternwarte Tübingen. »Und ein wenig Geduld sollte man auch mitbringen, denn die Polarlichter sind nicht permanent zu sehen«, fügt er hinzu. Mindestens eine halbe Stunde sollte man sich schon Zeit nehmen. Wer kann, sollte Ortschaften verlassen und dorthin gehen, wo es keine künstliche Beleuchtung gibt.
Rot und violett und nicht grünlich
Die Besonderheit in den kommenden Nächten: Die Polarlichter erscheinen rötlich und violett, und nicht grünlich wie am Polarkreis oder in Skandinavien. Die rötliche Farbe ist eher selten. »Das spielt sich alles in den höheren Schichten der Atmosphäre ab und weil das Erdmagnetfeld hier bei uns anders ist, als im hohen Norden, sind die Polarlichter hier rötlich«, weiß Hohmann.
Das außergewöhnliche Himmelsereignis ist auf starke Sonneneruptionen zurückzuführen. »Dabei handelt es sich um einen sogenannten koronalen Massenauswurf an der Sonne, der in Richtung Erde kommt«, so Hohmann. Die Sonne würde Teilchen aus Elektronen, Protonen und Atomen in enorm großer Menge auswerfen, die das Magnetfeld der Erde beeinflussen und die Atmosphäre in unterschiedlichen Farben leuchten ließen.
Satellitentechnik möglicherweise gefährdet
»Für die Menschen ist das nicht gefährlich, höchstens für die Satelliten, die sich in der Erdumlaufbahn befinden«, berichtet Hohmann. Die Satelliten, die für TV-Übertragungen oder Telekommunikation sorgten, seien aber speziell geschützt. Wie sicher dieser Schutz allerdings bei der aktuellen Sonnen-Aktivität ist, könne er nicht sagen: »Im schlimmsten Fall könnten eben TV-Programme ausfallen.«
Hohmann verwies auf das sogenannte Carrington-Ereignis, bei dem 1859 die Telegrafenleitungen in den USA verkohlt seien. Es war der heftigste Sonnensturm der vergangenen 500 Jahre und Polarlichter waren sogar in Rom oder Havanna auf Kuba zu sehen. In der heutigen Zeit hätte ein solches Ereignis schlimme Folgen für die globale Kommunikation. So weit werde es allerdings kommende Nacht und auch in den Folgenächten voraussichtlich nicht kommen. (GEA)