TÜBINGEN. Ausverkaufte Hallen, kreischende Groupies, zahllose Produktionen: Das wünscht sich jede Newcomer-Band. Die Tübinger Band Temmis ist dem einen Schritt nähergekommen: Die Nachwuchsmusiker gewannen den deutschlandweiten »Amplified Newcomer-Bandcontest«. Ab heute, Freitag, 21. Januar, können die ersten Songs über verschiedene Streamdienste gehört werden.
Temmis setzt sich aus vier Personen zusammen: Emil Schürmann (20) am Schlagzeug, Tizian Thieringer (23) an der Gitarre, Alex Schießl (24) am Bass und Roman Dick (24) als Sänger und Gitarrist.
Ende August 2021 reichte die Band ihre Bewerbung beim »Amplified Newcomer-Bandcontest« ein, der von Hifi-Klubben – einer dänische Handelskette für Audio- und Videoprodukte – ins Leben gerufen wurde. Das Ziel von Hifi-Klubben: Sie wollen Newcomer-Bands unterstützen und ihnen Gehör verschaffen. Anfang November saßen Temmis als Gewinner im Tonstudio und nahmen ihre ersten Songs professionell auf. »Das ging alles so verdammt schnell«, sagt Alex.
»Die Tübinger hatten uns unglaublich geholfen. Das hat uns stolz gemacht«
Eine mehr oder wenige spontane Gründung, viele Auftritte, eine emotionale Auflösung und das große Comeback: »Eigentlich haben wir schon eine richtige Bandgeschichte durchgemacht«, erzählt Roman im GEA-Interview mit der Band. Vor rund drei Jahren gründete sich Temmis und erlebte seitdem schon einiges.
»Wir wissen gar nicht mehr genau, wie wir auf die Idee gekommen sind, eine Band zu gründen«, sagt Tizian. »Zuerst haben wir uns dauerhaft über Musik unterhalten und irgendwann kam dann die Schnapsidee, uns zusammenzuschließen.« Danach sei alles sehr schnell gegangen: Ein Probenraum wurde gesucht und gefunden und die ersten Coverversionen bekannter Lieder einstudiert. »Als sich unsere Gesprächsthemen dann nur noch um die Band drehten, wurde uns klar, dass aus der Schnapsidee Ernst geworden war«, sagt Alex.
Das erste »richtige Konzert« sei dann vor Freunden gewesen:. »Unseren Freunden hatte es super gefallen«, sagt Emil. »Und das hatte uns wiederum gefallen. Wir hatten davor noch nie vor jemandem gespielt«, ergänzt Roman.
Durch die Pandemie konnte Temmis lange nicht proben. »Als uns dann auch noch unser Schlagzeuger verließ, haben wir etwas unseren Fokus verloren«, gesteht Roman. Die Band beschloss ihre Auflösung. Dass die Zukunft noch einiges für sie in petto haben würde, ahnten die drei Verbliebenen damals nicht. Während sie den Probenraum aufräumten, entschlossen sich Roman, Tizian und Alex im letzten Moment doch noch dazu, eine Band zu bleiben – erst mal ohne Schlagzeuger. Nach der Veröffentlichung einer Anzeige auf einer Musikervermittlungsseite und mehreren Vorspielen stand die Entscheidung: Emil sollte der neue Schlagzeuger von Temmis werden.
Schneller als gedacht fügte sich eins zum anderen für die nun wieder vierköpfige Gruppe: Mitte vorigen Jahres wurden sie für einige Outdoor-Konzerte gebucht und wurden von der befreundeten Band Lummerland gefragt, deren Vorband zu sein. »Wir haben uns riesig über die Anfrage gefreut und sofort zugesagt«, sagt Tizian.
»Ein großes Problem gab es aber: Wir hatten kein wirkliches Musikprogramm und zu wenige eigene Lieder«, erinnert sich Alex. Roman habe daraufhin in kürzester Zeit ein 40-minütiges Programm geschrieben. Das Konzert war ein voller Erfolg: Temmis erlangten mehr Aufmerksamkeit, und bei nachfolgenden Konzerten sang das Publikum schon einige Lieder mit. »Das war überwältigend«, sagt Tizian. »In der Zeit ist es uns auch immer öfter passiert, dass Leute uns auf der Straße erkannt haben und nach Aufnahmen gefragt haben«, berichtet Roman.
Neben wenigen Coverversionen spielen die vier nun größtenteils eigene Songs, die meistens von Roman geschrieben werden. Es sei ihnen wichtig, ausschließlich deutsche Musik zu machen und vor allem solche, die sie auch selber hören würden. »Eigentlich spielen wir ganz Unterschiedliches und Musik aus jedem Genre«, sagt Roman. Bis auf Hip-Hop und Metal sei nahezu jede Musikrichtung vertreten. Vergleichen würde die Band ihren aktuellen Musikstil mit »Indie-Rock aus den 80er-Jahren«, so Tizian.
Auf den Bandcontest war Roman Mitte vorigen Jahres zufällig gestoßen. »Wir wollten etwas Neues ausprobieren, uns weiterentwickeln und hatten dann einfach teilgenommen«, erzählt er. Voraussetzung zur Teilnahme war das Einsenden eines Bandfotos und zweier eigener Songs bis Ende August 2021.
Insgesamt hätten rund 120 Newcomerbands aus ganz Deutschland teilgenommen, so Tizian. Drei dieser Newcomer-Bands – darunter auch Temmis – wurden von einer prominenten Jury ins Finale gewählt, und das Publikum entschied durch ihre Stimmabgabe den Gewinner.
Die Jury des Bandcontests bestand aus in der Musikszene bekannten Personen: Jennifer Weist, Frontsängerin der Band Jennifer Rostock, und Nisse, Künstler und Produzent, sowie Torben Hordan, Chefredakteur des Musikmagazins Diffus. »Das war schon eine große Ehre, von so erfahrenen Personen ausgewählt zu werden«, sagt Alex.
Drei Wochen hatten Temmis Zeit, Publikumsstimmen zu sammeln. "Das war zunächst sehr entmutigend. Wir waren bis dahin nur in einem begrenzten Kreis bekannt", sagt Tizian. "Wie sollten wir so schnell genug Stimmen bekommen, um zu gewinnen?" Gepackt vom Ehrgeiz erstellten die vier einen QR-Code, über den man durch Abscannen direkt auf die Internetseite zur Stimmabgabe kam, und hängten diesen in ganz Tübingen auf. Die Überraschung: Es genügte, und Temmis gewann den Newcomer-Bandcontest mit Abstand. Und das obwohl sie nicht wie die anderen zwei Finalisten aus einer Großstadt kamen. »Die Tübinger hatten uns unglaublich geholfen. Das hat uns stolz gemacht«, sagen die vier heute.
»Musik macht nicht nur unheimlich Spaß, sondern ist auch echt Arbeit«
Der Gewinn bestand aus einer professionellen Aufnahme eines Mini-Albums im Hamburger Tonstudio Granny’s House und einem kleinen Auftritt im Hamburger Hifi-Klubben-Laden.
»Hifi-Klubben hat uns dann Anfang November nach Hamburg geholt und für alles Weitere gesorgt«, sagt Emil. Die Band durfte drei Tage lang von morgens bis abends drei ihrer Songs aufnehmen. »Im Studio hatte es sich angefühlt, als wären wir eine professionelle und erfolgreiche Band«, sagt Tizian.
Das ein Tag im Tonstudio anstrengend sein kann, merkten Temmis schnell: Nach dem Frühstück, einem Soundcheck und Aufwärmen spielte die Band ihre drei Lieder mehrfach hintereinander. Hinterher wurden die dabei entstandenen Aufnahmen geschnitten und einzelne Instrumente oder der Gesang separat aufgenommen – teils bis in die Nacht hinein.
»Oft war es so, dass die Aufnahmen von Emil am Schlagzeug schon morgens so gut waren, dass er den Tag über nicht mehr spielen musste«, sagt Roman. »Und ich musste sehr oft nochmal um 21 Uhr den Gesang einzeln aufnehmen, weil der Rest so lange gebraucht hatte.« Mit dem Rest meint Roman die Feinarbeiten: das Schneiden und Übereinanderlegen der Tonspuren und die Einzelaufnahmen von Gitarre und Bass. Neben der Aufnahme der Songs, finanzierte Hifi-Klubben Temmis ein Fotoshooting für ein Albumtitelbild. Zudem wurde eine kleine Dokumentation über die Band sowie typische Abläufe im Tonstudio gedreht, die zurzeit in einzelnen Parts auf YouTube erscheint.
»Wir spielen ganz Unterschiedliches und Musik aus jedem Genre«
»Hifi-Klubben ist eine große Unterstützung. Wir sind unheimlich dankbar dafür diese Möglichkeiten bekommen zu haben«, sagt Tizian. »Es ist so surreal zurückzublicken und zu sehen, was alles in vier Monaten passiert ist«, ergänzt Roman. Die Band habe viel gelernt in der Zeit. Die größte Erkenntnis: »Musik machen macht nicht nur unheimlich Spaß, sondern ist auch echt Arbeit«, sagt Roman. »Vor allem die Feinarbeit kann sehr mühselig sein«, bestätigt Tizian.
Seit Ende vorigen Jahres sind Temmis wieder in Tübingen. Die Arbeit ist aber noch nicht getan: Wöchentlich treffen sich die vier mit dem Hamburger Produzenten und bearbeiten per Videokonferenz die Songs. Die Produktion habe oberste Priorität. »Wir wollen auf jeden Fall weiter machen«, sagt Alex. Die Band möchte mit den aufgenommenen Songs Personen aus der Musikbranche kontaktieren und hofft auf weitere Konzerte.
Zudem wollen sie Merchandise-Artikel produzieren und könnten sich vorstellen, zu einigen Liedern Musikvideos zu drehen. »Wir haben einen hohen Anspruch an uns selbst und wollen an uns als Band und unserer Musik arbeiten und uns weiterentwickeln«, sagt Roman. »Wer weiß, was in Zukunft noch auf uns zukommt.« (GEA)
www.hifiklubben.de/c/21/amplified/