TÜBINGEN/KIRCHENTELLINSFURT. Nanu, sieht nach einer Waldbrand-Übung per Helikopter aus, haben sich ahnungslose Spaziergänger in den vergangenen Tagen im Schönbuch immer wieder gedacht. Doch die vermeintlichen Lösch-Einsätze waren keine. Sie sollten zwar den Wald schützen. Doch nicht vor Feuer, sondern vor ganz anderen Schäden.
»Das ist kein Wasser, sondern Kalk. Und der staubt«, sagt Forstmann Götz von Bülow. Was die Spaziergänger beobachtet haben, ist eine Kalkdusche, mit der die sauren Böden behandelt werden.
Vor gut 150 Jahren war im Boden noch alles in Ordnung, wissen die Forstfachleute. Doch mit den Gasen und Schwebteilchen aus den Fabrikschloten begann sich der Zustand zu verändern. Aufmerksam geworden ist die Öffentlichkeit, seit das Phänomen des sauren Regens bekannt wurde. Nun will man den Böden die Chance geben, sich zu regenerieren.
Im Landkreis Tübingen hat man das Verfahren zum ersten Mal vor einer Handvoll Jahren im Rammert ausprobiert und gute Erfahrungen damit gesammelt. »Die Bäume tun sich schwer«, weiß von Bülow, die Humus-Schichten sind angegriffen. Die Bäume strecken ihre Wurzeln weniger tief aus, die Standsicherheit leidet und auch die Versorgung mit Wasser. Die besondere Mischung mit Dolomit-Gestein und Holzasche wird dort ausgebracht, wo das nötig scheint, und soll helfen, die Sache wieder ins Lot zu bringen.
»Wir düngen nicht, wir aktivieren nur das Leben im Boden«
Seit mehr als zwei Wochen ist der Helikopter im Schönbuch unterwegs. In der Nähe des Einsiedels, im Schaichtal bei Dettenhausen, aber auch im Siebenmühlental. Insgesamt wurden 600 Hektar aus der Luft »geduscht«. Wo’s nötig war, hat man die Flächen kurzzeitig gesperrt. Zur allgemeinen Sicherheit. Zutritt verboten wegen Aktion zur Waldpflege.
Heli und Bodenpersonal sind schnell und effektiv. Das Fluggerät steht mit wirbelnden Rotorblättern ein paar Sekunden in der Luft, nimmt die Last von einem in Position gebrachten Radlader auf und verteilt sie wenig später über den Baumwipfeln. Eine größere Pause im Achtstundentag gibt’s fürs Personal am Boden nur, wenn der Heli zum Nachtanken wegfliegt.
Alles läuft streng nach den angegebenen GPS-Koordinaten. Was für den Laien von Ferne aussieht wie eine Wanne mit Löschwasser unter dem Helikopter, ist ein Düngerstreuer. »Wir düngen aber nicht, wir aktivieren das Leben im Boden«, betont Götz von Bülow. Der Nährstoff-Haushalt soll in Ordnung kommen, der Wald mit dem Klimawandel besser fertig werden.
So sorgsam, wie man vorher mittels Bodenproben ermittelt hat, wo man eingreifen muss, erfolgen auch die weiteren Schritte. »Das wird genau ausgewertet und beobachtet«, versichert der Leiter des Forstbezirks. Bis Montag ist der Heli noch im Einsatz. Am Wochenende ist Pause. 120 Tonnen hat man über die zurückliegenden Tage versprüht. Die Förster gehen davon aus, dass man damit für längere Zeit den Folgen des sauren Regens entgegen gewirkt hat und die Aktion nicht so bald wiederholen muss. (GEA)