ENINGEN. »Unheimlich stolz« sei er, betonte Eningens Bürgermeister Alexander Schweizer in der Feierstunde. Im Glasanbau, der an die ehemalige Schillerschule angesetzt wurde, beging die Gemeinde das Ende der Sanierungs- und Umbauarbeiten wie auch die Eröffnung und Inbetriebnahme des Gebäudes. Allerdings war nicht, wie geplant, die gesamte Gemeinde geladen, sondern – wegen Corona – nur wenige Gäste.
Das Haus entstand in den Jahren 1914 und 1915, also zu Beginn des Ersten Weltkriegs. »Dieses Gebäude atmet Eninger Geschichte«, sagte Schweizer. Zahlreiche Details erinnern auch nach der Sanierung noch an die damalige Zeit. Die Trinkbrunnen in den Gängen etwa. Ebenso wie zahlreiche Türen und das schmiedeeiserne Geländer im Treppenhaus. Und noch viel mehr. Von einstigen Nutzungen, wie etwa dem öffentlichen Bad in dem Haus oder auch zwei Arrestzellen, ist heute allerdings nichts mehr zu sehen.
Neu entstanden sind im Schillerhaus – so der neue Name – einige Brandschutztüren in den Gängen, die zweite Fluchttreppe im halbrunden Turm, der Aufzug innerhalb des Gebäudes – was sich laut Schweizer als ganz besondere Herausforderung erwiesen habe. Zumal das gesamte Gebäude unter Denkmalschutz steht und jedes kleine Detail abgesprochen werden musste. Aber: »Die Zusammenarbeit aller beim Bau Beteiligten hat hervorragend funktioniert«, betonte nicht nur Ortsbaumeister Rainer Klett. Auch der zuständige Architekt Matthias Knies lobte die hervorragende, konstruktive und kooperative Atmosphäre zwischen allen Beteiligten.
»Man muss bei solchen Aufgaben lachen und weinen können, Emotionen zeigen«
Und das waren laut Knies nicht wenige. Insgesamt seien rund 300 Personen an dem Bau beschäftigt gewesen, allein rund 250 Handwerker in 56 unterschiedlichen Gewerken sowie 20 Ingenieure. Eine Anekdote aus der fast zweijährigen Bauzeit? Die größte der Glasscheiben für den Anbau war falsch geliefert worden, so Matthias Knies. Was damit tun? Zum Hammer greifen und zerstören? »Grieshaber wäre was Besseres dazu eingefallen«, habe ihn jemand angesprochen. Und so entstand die dekorative Hinweisscheibe zum Schillerhaus, die an der Karlstraße ihren Platz gefunden hat.
"Das Ergebnis dieses ganz eigenen Bauvorhabens ist der Mühe wert gewesen", so der Architekt. Sein Bauleiter Dominik Dieringer sei im Übrigen "meist jeden Tag auf der Baustelle gewesen". Genauso wie sein Chef habe er verinnerlicht: »Man muss bei solchen Aufgaben lachen und weinen können, Emotionen zeigen«, betonte Knies und lachte. Ausgezahlt habe sich nach seinen wie auch Bürgermeister Schweizers Worten, "die längere Planungs- und Vorlaufzeit".
Emotional bewegt zeigten sich aber auch die Nutzer des neuen Gebäudes. Die Tiger-Gruppe und die beiden Kindergärten mit insgesamt 70 Plätzen wie die endlich barrierefreie Bücherei und die Volkshochschule finden seit dem Einzug im Februar dort helle, freundliche und gemütliche Räume.
Besonders erfreulich sei laut Schweizer für die Gemeinde, dass der anvisierte Kostenrahmen eingehalten wurde. Mit knapp über 5,5 Millionen Euro sei »eine Punktlandung hingelegt worden«, so Knies. Sehen lassen können sich nun auch die Außenanlagen des Gebäudes, das den Namen nach einer 102-jährigen Nutzung als Schule nur halb wechselte – der Schiller ist geblieben.
Dass aber das Architektenbüro Knies bei dem Wettbewerb überhaupt den Zuschlag erhalten hatte, »lag auch mit daran, dass der Landschaftsarchitekt Jörg Sigmund von Anfang an mit ins Boot geholt worden war«, verriet Ortsbaumeister Rainer Klett. Wo einst der Schulhof als leere, geteerte Fläche den Charme eines Supermarktparkplatzes verströmt hatte, hat Sigmund dafür gesorgt, dass heute dort auf 1 700 Quadratmetern der Garten des Kindergartens zu finden ist. Mit viel Grün, Bäumen, Spielflächen.
Sowohl die Sanierung des Hauses wie auch die Gestaltung der Außenflächen seien laut Sigmund jedoch wie die Suche nach der »eierlegenden Wollmilchsau« gewesen. Allerdings mit erfolgreichem Ende. Ähnlich formulierte es auch Rainer Klett, jedoch in Versform, ähnlich wie einstmals Schiller es vielleicht ausgedrückt hätte. Als Geschenk für den Bürgermeister hatte Knies einen riesigen Bund voller Schlüssel für das Gebäude mitgebracht. Und einen Staubwedel. Um die Vögel-Mobiles im Treppenhaus abstauben zu können. »Wenn man über mehrere Jahre ein Kind großgezogen hat, dann tut es schon auch weh, wenn man es ziehen lassen muss«, so Knies. (GEA)