Logo
Aktuell Ortsbelebung

Öschingen wird zum Outletcenter

Hunderte Besucher strömen beim Öschinger Hof-Flohmarkt zu den rund 80 Ständen im Dorf

»Schläfst Du während der Arbeit?« Plakate für Beamten-Büros, wie hier am Stand von Ulrich Maier, und vieles anderes gab es auf d
»Schläfst Du während der Arbeit?« Plakate für Beamten-Büros, wie hier am Stand von Ulrich Maier, und vieles anderes gab es auf dem Öschinger Hof-Flohmarkt zu kaufen. Foto: Jürgen Meyer
»Schläfst Du während der Arbeit?« Plakate für Beamten-Büros, wie hier am Stand von Ulrich Maier, und vieles anderes gab es auf dem Öschinger Hof-Flohmarkt zu kaufen.
Foto: Jürgen Meyer

MÖSSINGEN-ÖSCHINGEN. Für Schwaben ohne Sammler-Gene ist das, was sich in Haus, Hof und Garten über Jahre ansammelt, schlichtweg Gruschd – wertloses Zeug. In Öschingen, wo die pietistische Erziehung Einfluss auf die Lebensgestaltung nimmt, hat das angebliche Gerümpel indessen durchaus Wert. Hier ist man einerseits kulturell geprägt von den Erfahrungen der Realteilung, also dem Zwang zum sparsamen Umgang mit begrenzten Ressourcen. Andererseits hat der schwäbische Begriff Gruschd seine Entsprechung im Wort Unordnung. Und dieser Zustand widerspricht dem Naturell des zur Sauberkeit erzogenen Alt-Württembergers.

Letztlich sind die Beweggründe auch egal, die am Samstag zum Zustandekommen des dritten Öschinger Hof-Flohmarkts geführt haben. An über achtzig Ständen, aufgebaut in Hofeinfahrten, Garagen, auf Gehwegen oder in Gärten, wurde wieder Zeugs und Krempel, Nützliches und Überflüssiges angeboten. Das ganze Dorf verwandelte sich in ein Outlet-Center. Zwar kein Factory-, sondern ein Dachkammer-Outlet-Center.

Die über den ganzen Flecken verteilten Verkaufsplätze lockten zwischen 10 und 16 Uhr Hunderte von Besuchern an. Reger Fußgängerbetrieb herrschte in allen Straßen und selbst abgelegenen Sackgassen.

Wer mittels Lageplan die mitunter weit auseinanderliegenden Stände ansteuerte, musste gut zu Fuß sein. Idealerweise kamen deshalb viele Bummler und Käufer mit dem Fahrrad angereist, auch aus Nachbarorten.

Zahlreiche Haushalte hielten Erfrischungen und Snacks bereit. Ulrich Maier aus Bodelshausen, der sich für einen Tag in Öschingen einbürgerte, hatte sich an der stark befahrenen Ortsdurchfahrt ausgebreitet. Er löste seine Konzertplakat-Sammlung auf. Andere hatten Frühjahrsputz im Kleiderschrank gemacht, viele Kinder hofften auf Taschengeld-Aufbesserung, indem sie Spielsachen und Bücher feilboten. Selbst Stände mit dem Hinweis »Zu verschenken« säumten das Straßenbild. In der Obergasse war an einer Einfahrt das Plakat »Heute geschlossen wegen Personalmangel« angebracht.

Der Hof-Flohmarkt wurde während der Pandemie von Annika Mauser und Annika Lober auf die Beine respektive Stände gestellt. Mangels Floh- und Warentauschmärkten konnte bei den beiden ersten Malen und nun wieder das Ausmisten in Öschingen nachgeholt werden. (GEA)