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Sensationeller Wahlsieg der CDU in Sachsen-Anhalt

Damit hatte wohl kaum jemand gerechnet: Die CDU von Reiner Haseloff bleibt laut Hochrechnungen nicht nur stärkste Kraft im Magdeburger Landtag, sie legt sogar massiv zu - und hält die AfD auf Abstand.

MAGDEBURG. Triumph für Ministerpräsident Reiner Haseloff, Rückenwind für Kanzlerkandidat Armin Laschet: Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt mit überraschend großem Vorsprung gewonnen.

Die AfD behauptete sich trotz leichter Verluste als zweitstärkste Kraft. Die Grünen konnten dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl nicht vom Bundestrend profitieren, sie legten nur leicht zu. SPD und Linke rutschten auf neue Tiefstände ab. Die FDP kehrt nach zehn Jahren in den Landtag zurück.

Haseloff könnte nun erneut eine schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition bilden, aber auch eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Möglich wäre eventuell auch knapp ein schwarz-rotes Zweierbündnis. Haseloff, der nun auf seine dritte Wahlperiode zusteuert, ließ am Abend noch keine Präferenzen erkennen. Entscheidend sei, was für das Land gut sei: »Wir sind nicht gut beraten, uns irgendwie instrumentalisieren zu lassen, von Bundesthemen oder einer Bundestagswahl.«

Reiner Haseloff und Ehefrau Gabriele
CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff und seine Ehefrau Gabriele in einem Wahllokal in Wittenberg. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa
CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff und seine Ehefrau Gabriele in einem Wahllokal in Wittenberg. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Die CDU, die sich in Umfragen zeitweise ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD geliefert hatte, schnitt deutlich besser ab als erwartet: Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF erzielte sie 36,6 bis 36,9 Prozent (2016: 29,8). Die AfD, die in Sachsen-Anhalt als besonders rechts gilt und im Visier des Verfassungsschutzes steht, erreichte 21,1 bis 21,8 Prozent. Die Grünen verbesserten sich nur wenig, sie kamen auf 5,7 bis 6,2 Prozent (2016: 5,2).

Die SPD verzeichnete mit 8,2 bis 8,3 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis in Sachsen-Anhalt (2016: 10,6 Prozent). Damit setzt sich der Niedergang der SPD in den ostdeutschen Ländern fort. In Sachsen hatten die Sozialdemokraten 2019 mit 7,7 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis überhaupt eingefahren, in Thüringen kamen sie im selben Jahr auf nur noch auf 8,2 Prozent. Größter Verlierer in Sachsen-Anhalt ist die Linke, die auf 10,9 bis 11,2 Prozent abrutschte, ihr schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland seit der deutschen Einheit (2016: 16,3).

Haseloff sprach von deutlichem Rückenwind für die Bundestagswahl. »Wir sind geschlossen aufgetreten - CDU und CSU«, sagte der 67-Jährige. Die Botschaft in Richtung Berlin sei klar: »Nur gemeinsam können wir gewinnen.« Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, die Wahl habe gezeigt, dass die CDU auch unter Laschet »regierungsfähig« sei. Laut Generalsekretär Paul Ziemiak ist es der größte CDU-Zugewinn bei einer Landtagswahl seit Laschets Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen 2017.

Auch der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla sprach von einem »sehr guten Ergebnis«. An die Adresse der Union sagte er: »Wir können hier durchaus eine bürgerlich-konservative Regierung bilden.« Dies lehnt Haseloff aber kategorisch ab.

Schlange stehen
Menschen stehen vor einem Magdeburger Wahllokal Schlange. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
Menschen stehen vor einem Magdeburger Wahllokal Schlange. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock räumte ein, dass man sich mehr erhofft habe. Viele Menschen hätten aber verhindern wollen, dass Rechtsextreme eine Regierung mitbestimmten, und deshalb die CDU unterstützt. Die Ausgangslage bei der Bundestagswahl sei eine komplett andere, betonte sie.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans führte das schlechte Ergebnis der Sozialdemokraten auf eine starke Polarisierung zurück. Er machte zugleich deutlich, dass die SPD in Sachsen-Anhalt weiter als Regierungspartner bereitstehe. Man sei zur Beteiligung an einer demokratischen Regierung bereit, sagte er.

Die machte auch FDP-Chef Christian Lindner deutlich. »Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen-Anhalt haben die politische Mitte gestärkt«, sagte er. »Wir wissen, dass unsere Freundinnen und Freunde in Sachsen-Anhalt bereit sind zur Übernahme von Verantwortung für dieses Land, wenn Richtiges, wenn Gutes bewirkt werden kann«, sagte er.

Die Linke hat nach Ansicht von Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch auch deshalb Stimmen eingebüßt, weil Wähler mit einer Stimme für die CDU die AfD als stärkste Kraft verhindern wollten. Bartsch zeigte sich enttäuscht vom Einbruch seiner Partei. »Das ist zweifelsfrei eine Niederlage.«

Nach den Hochrechnungen vom späten Abend bekommt die CDU im neuen Landtag 34 Sitze (2016: 30). Die AfD stellt 19 bis 20 Abgeordnete (2016: 25). Die Linke kommt auf 10 Mandate (2016: 16), die SPD auf 8 (2016: 11). Die Grünen erhalten 5 bis 6 Mandate (2016: 5). Die FDP zieht mit 6 Abgeordneten in den Landtag ein.

Briefwahl
Wahlhelfer und Wahlhelferinnen öffnen Umschläge der Briefwahl. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Wahlhelfer und Wahlhelferinnen öffnen Umschläge der Briefwahl. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Haseloff, der 2011 erst eine große Koalition und 2016 dann das Kenia-Bündnis geschmiedet hatte, hat eine Zusammenarbeit mit AfD und Linken kategorisch ausgeschlossen. Die politische Konkurrenz hatte im Wahlkampf aber immer wieder Zweifel geäußert, ob tatsächlich die gesamte CDU in Sachsen-Anhalt die strikte Abgrenzung gegenüber der AfD mitträgt. Aus den Reihen der CDU-Landtagsfraktion hatte es in den letzten Jahren immer wieder Forderungen gegeben, sich für eine Kooperation zu öffnen.

Die Landtagswahl galt als letzter großer Stimmungstest vor der Bundestagswahl am 26. September. Sie war zugleich die erste seit Ausrufung von CDU-Chef Laschet zum Kanzlerkandidaten. Haseloff hatte lange Zeit keinen Hehl daraus gemacht, dass er CSU-Chef Markus Söder für den besseren Kanzlerkandidaten gehalten hätte. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte am Abend, die Union habe gezeigt, dass sie Garant für Stabilität und Bollwerk gegen Radikale sei.

Insgesamt waren 1,8 Millionen Menschen aufgerufen, über einen neuen Landtag abzustimmen. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 61,1 Prozent. Diesmal hatten coronabedingt viele schon vorher per Brief gewählt. (dpa)