Berlin (dpa) - Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält die Einführung einer Vier-Tage-Woche für machbar - allerdings nur bei Verzicht auf vollen Lohnausgleich.
Der »Passauer Neuen Presse« sagte Fratzscher: »Gegen eine Vier-Tage-Woche, gegen flexible Arbeitszeiten, ist erst einmal nichts einzuwenden, wenn das die Arbeitgeber und Arbeitnehmer so wollen. Entscheidend ist immer die Frage des Lohnausgleichs.« Dieser bedeute effektiv deutliche Lohnerhöhungen und damit steigende Kosten für Unternehmen. Fratzscher findet das kritisch, denn die gesamte deutsche Wirtschaft sei angeschlagen.
Der Wirtschaftsforscher geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren in vielen Branchen keine Lohnerhöhungen geben werde. Die vorhandene Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und damit mehr Menschen weniger Stunden arbeiten zu lassen, hält Fratzscher für einen klugen Vorschlag. »Doch auch, wenn man das nur mit einem teilweisen Lohnausgleich macht, ist das in dieser Krise keine Lösung.«. Er sehe nicht, wie man die Stundenlöhne aktuell erhöhen könnte, was dies ja bedeuten würde: »Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist für mich momentan allein sinnvoll, wenn man Arbeitsplätze dadurch sichern kann. Steigende Arbeitskosten würden die Unternehmen dagegen noch mehr belasten.«
Die IG Metall hat zur Rettung von Jobs in der Metall- und Elektroindustrie eine Vier-Tage-Woche ins Gespräch gebracht. »Die Vier-Tage-Woche wäre die Antwort auf den Strukturwandel in Branchen wie der Autoindustrie. Damit lassen sich Industriejobs halten, statt sie abzuschreiben«, hatte der Erste Vorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Hofmann, gesagt. Er sprach von »einem gewissen Lohnausgleich für die Beschäftigten, damit es sich die Mitarbeiter leisten können«.
Der CDU-Wirtschaftsrat lehnt eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit mit begrenztem Lohnausgleich für Branchen im Strukturwandel ab. »Eine Arbeitszeitverkürzung mit teilweisem Lohnausgleich treibt die Lohnkosten weiter«, sagte Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des Rates, der »Passauer Neuen Presse«: »Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wäre es eine gefährliche Geisterfahrt, wenn nicht nur die Arbeitskräfte immer weniger werden, sondern diese auch noch immer weniger arbeiten.« (dpa)