TÜBINGEN. Gemeinschaftlich Häuser erwerben und damit bezahlbaren Wohnraum schaffen. Ein Konzept, was einige Landtagskandidaten von Tübingen verstärkt fordern wollen. Sie diskutierten über ihre Vorstellungen zum Gesundheitssystem, Wohnen und der Transformation der Industrie. Eingeladen hatte vergangenen Freitag die IG Metall Reutlingen-Tübingen. Gewerkschafter Ralf Jaster moderierte die Online-Veranstaltung.
- Keine Macht für Konzerne
Das Problem der teuren Mieten sah Input-Geberin Hanna Neuffer, Wohnraumbündnis Tübingen, in der großen Macht der Immobilienkonzerne. Auch Nils Högsdal (FDP) – dieser vertrat seine Kollegin Irene Schuster – und Claudia Haydt (Die Linke) waren der Meinung. Die großen Unternehmen seien die Preistreiber. Wenn der Großteil des Einkommens direkt in die Miete fließe, laufe etwas grundsätzlich schief, so Haydt. Bliebe Geld übrig, würden die Mieter mehr kaufen. Das helfe der Wirtschaft. Doch viele Mieter seien verschuldet. Daher forderte sie den Erlass der Mietschuld.
Förderungsprogramme für den sozialen Wohnungsbau ist das Ziel von Diana Arnold (CDU). Damit weniger Flächen versiegelt werden, solle der Ausbau im Innenbereich gefordert werden.
Dorothea Kliche-Behnke, (SPD) ging davon aus, dass dichter Wohnen und Bebauen auf neuen Flächen dem Wohnungsmarkt helfe. Die Idee eines Grundstücksfonds für Kommunen brachte Daniel Lede-Abal (Bündnis 90, Die Grünen) ein. Damit Gemeinden günstig Bauflächen erwerben könnten.
- Künstlicher Kostendruck in Kliniken
Mit Sonderprogrammen habe die grüne Landesregierung zudem in den Sanierungsbau der Uniklinik Tübingen investiert. Dies machte Lede-Abal deutlich, als Moderator Jaster die Unterfinanzierung der Kliniken kritisierte. Dennoch stimmte Lede-Abal zu, dass das Personal besser bezahlt werden müsse: »Das Land muss die Finanzierung sicherstellen.« Personalrat Michael Sauter der Uniklinik Tübingen erläuterte: »Kliniken werden kaputt gespart.« Obwohl es eine der Branche sei, mit den höchsten Umsätzen. Doch die Anforderungen steigen ständig. Ein künstlicher Kostendruck entstehe.
- Eine Krankenkasse für alle
Das Geld für eine anständige Bezahlung wäre da. Aber Pflege, Betreuung oder Logistik dürfe nichts kosten. Arnold würde deshalb Zeitarbeiterfirmen kündigen. Haydt plädierte für eine gemeinsame Krankenkasse. So sei statt 103 verschiedenen Kassen mehr Geld übrig, weil weniger in Werbung und Kampagnen investiert würde.
- Unbefristete Verträge
Zu wenig Personal arbeite für immer mehr Arbeit, so Sauter. Daher müsse der Personalschlüssel über Bemessung, nicht über den Erlös definiert werden. Zur Attraktivität medizinischer Stellen würde laut Högsdal eine Akademisierung der Pflegeberufe beitragen. Die Eingruppierung im Gehalt sei später höher. Nicht nur das Gehalt biete Sicherheit, auch unbefristete Verträge. Das forderte Personalrat Sauter und hatte noch eine Bitte an den nächsten Landtagskandidaten: »Das mit den Pflegekammern lassen Sie sein.«
- Bedarf an Umschulung
Gut bezahlte Arbeitskräfte sind auch in der Industrie notwendig vor allem im Hinblick auf die Transformation. Claudia Dunst, IG Metall Baden-Württemberg verlangte mehr Sicherheit und Perspektiven in dieser Branche. Wie wollen das die Landtagskandidaten umsetzen? Arnold sah den Bedarf an Umschulung und Weiterbildung. Die CDU würde Bürokratie abbauen und die Firmen finanziell unterstützen. Auch Högsdal möchte Weiterbildungen staatlich fördern.
- Unterstützung der Start-up-Kultur
Außerdem sei ihm die Unterstützung der Start-up-Kultur wichtig. Arbeitsplätze von jungen Unternehmern seien unterstützenswert, weil Firmen – älter als sechs Jahre – keine Arbeitsplätze schaffen würden. Daraufhin warf Jaster ein, das die Elektromedizin-Firma Erbe stetig wachse.
- Bedarf an Elektrotechnik
Damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden, plädierte Haydt für den sozial-ökologischen Umbau, genauso Kliche-Behnke. Durch Strategien müssten neue Arbeit geschaffen werden. Lede-Abal sah den Bedarf in der Elektrotechnik, künstlichen Intelligenz und Verkehrsmanagement. Die Transformation sollte in diese Richtung laufen.
Am Ende verabschiedete Gewerkschafter Jaster die Teilnehmer mit den Worten: »Was für uns als Gewerkschafter feststeht: Wir dürfen uns niemals nur auf die Politik verlassen, sondern müssen unser Leben immer in die eigene Hand nehmen.« (tam)