PEKING. Aus Angst vor einer Verbreitung der neuartigen Lungenkrankheit in China sind inzwischen mehr als 43 Millionen Menschen weitgehend von der Außenwelt abgeschottet worden.
Auch in den Metropolen Yichang (4 Millionen Einwohner) und Tianmen (1,7 Millionen) wurden der öffentliche Nahverkehr, Fernbusse, Fähren und Züge gestoppt, wie die Behörden mitteilten. Die Zahl der bestätigten Infektionen in China stieg auf fast 900. Bisher sind 26 Menschen gestorben. Die meisten hatten schon Vorerkrankungen. In Europa ist bislang keine Infektion mit dem neuartigen Virus bekannt.
Mit den drastischen Maßnahmen ist nun bereits in mehr als zehn Städten der schwer betroffenen Provinz Hubei die Bewegungsfreiheit der Bewohner stark eingeschränkt. Als erstes waren in der Provinzhauptstadt Wuhan der Bus- und Bahnverkehr, die Flüge und Züge gestoppt worden. Zudem sollen in der Öffentlichkeit Schutzmasken getragen werden. Etliche Besucher konnten die Stadt vorerst nicht mehr verlassen.
Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) ist es noch zu früh, um einzuschätzen, ob die Absperrung einer Stadt wie Wuhan etwas Grundlegendes gegen den Ausbruch bringe. Solange das Übertragungsmuster im Detail weiter unklar sei, sei es sehr schwierig, die potenziell positiven Auswirkungen abzuschätzen, teilte ECDC der Deutschen Presse-Agentur mit. Es sei jedenfalls ratsam, das allgemeine Risiko für akute Infektionen der Atemwege einzuschränken. Dies schließe auch mit ein, den Kontakt mit Menschen zu beschränken, die möglicherweise infiziert seien. Bewegungseinschränkungen seien ein möglicher Ansatz bei dem Versuch, eine weitere Ausbreitung des Virus zu vermeiden.
Völlig neu ist Chinas Schritt nach Angaben der Behörde nicht: In geringerem Umfang und an kleineren Orten als Wuhan habe China in der Vergangenheit ähnliche Ansätze verfolgt, um beispielsweise einen Pestausbruch einzudämmen.
Die auf einen neuartigen Coronavirus zurückgehende Infektionswelle überschattet das chinesische Neujahrsfest, das in der Nacht zum Samstag gefeiert wird. Allerdings steht das öffentliche Leben zu dem wichtigsten chinesischen Familienfest ohnehin weitgehend still. In Fabriken und Büros wird nicht gearbeitet. Die meisten Geschäfte haben geschlossen. Studenten und Schüler haben frei.
Zu dem zweiwöchigen Fest sind Hunderte Millionen Chinesen in ihre Heimatorte gereist - was die Sorge vor einer Ausbreitung des Virus noch vergrößerte. Die Behörden riefen die Menschen auf, Mundschutz zu tragen und andere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Aus Angst vor dem Virus schloss auch Disneyland in Shanghai seine Pforten.
Die türkischen Behörden kontrollieren aus Sorge vor einer Einschleppung Reisende aus China mit einer Wärmebildkamera. Am Istanbuler Flughafen, der ein internationales Drehkreuz ist, würden Fluggäste aus China seit dem frühen Freitagmorgen sofort nach dem Verlassen des Flugzeuges gescannt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sah bisher keinen Grund, eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite auszurufen. Sie empfiehlt auch keine Reise- oder Handelsbeschränkungen. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte am Donnerstagabend, der Ausbruch werde aber extrem ernst genommen. »Es ist noch keine Notlage von internationaler Tragweite, aber das kann es noch werden.«
Das Auswärtige Amt in Berlin riet dazu, nicht notwendige Reisen in die betroffenen Gebiete zu verschieben. Das Risiko für deutsche Reisende in Wuhan werde als »moderat« eingeschätzt.
Zur Behandlung von Patienten, die sich mit der neuen Lungenkrankheit infiziert haben, soll in der zentralchinesischen Stadt Wuhan ein Krankenhaus errichtet werden - in nur sechs Tagen.
Die Gebäude für die Anlage mit 1000 Betten werden aus vorproduzierten Bauteilen zusammengesetzt, wie Staatsmedien berichteten. Auf einem Video von der Baustelle sind Dutzende Bagger zu erkennen, die das Gelände vorbereiteten. Das Krankenhaus soll ab dem 3. Februar die ersten Patienten aufnehmen.
Während der Sars-Pandemie 2003 war in Peking innerhalb weniger Tage ein Behandlungszentrum entstanden. Tausende Bauarbeiter waren daran beteiligt.