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Auf Shitstorm folgt Beseitigung: Beispiele für deutsche Woke-Debatten

Wegen Verdacht auf Sexismus, Rassismus oder kulturelle Aneignung werden in Deutschland immer wieder Inhalte verboten, Produkte vom Markt genommen oder Begriffe umgetextet. Eine Auswahl von Afrika-Keksen bis Schwarzfahren.

GEA-Montage; Fotos: Georgii, Tomsickova, Peackstock – Stock.Adobe.com; Büttner,Wolf/DPA
GEA-Montage; Fotos: Georgii, Tomsickova, Peackstock – Stock.Adobe.com; Büttner,Wolf/DPA

REUTLINGEN. Der junge Häuptling Winnetou ist nicht alleine. Immer wieder werden in Deutschland Inhalte, Produkte oder Begriffe infrage gestellt. Wie Umfragen zeigen, meistens durch eine Minderheit der Gesellschaft, die Rassismus, Sexismus oder kulturelle Aneignung befürchtet. So verschieden die Gründe auch sind, das Ende der Debatten ist oftmals gleich: Die Verdächtigen werden teilweise verboten, vom Markt genommen oder umgetextet. Eine Auswahl.

Jim Knopf

Eine Rassismus-Debatte hat den Kinderbuchklassiker »Jim Knopf« im Jahr 2020 erreicht. In einem Zeitungs-Interview bemängelte eine Kita-Leiterin, dass die Geschichte um den dunkelhäutigen Jim Knopf in vielen Einrichtungen unkritisch gelesen werde. Die Erzählung reproduziere viele Klischees zum angeblich typischen Wesen und Äußeren von Schwarzen. Dabei besteht unter Literaturwissenschaftler weitgehend Konsens, dass Autor Michael Ende in seinem Werk antirassistische Geschichte von Emanzipation und Freundschaft erzählt.

Puffmama Layla

Über den Text von »Layla« von DJ Robin & Schürze wird immer noch heftig diskutiert. Kurz nach Erreichen der Chartspitze in Deutschland Ende Juni kamen kritische Stimmen auf, die dem Song Sexismus vorwarfen. Stein des Anstoßen sind Zeilen wie: »Ich hab’ ’n Puff – und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler.« Einzelne Party- und Festzeltbetreiber verbannten »Layla« daraufhin aus ihren Playlists. Dem Erfolg des Songs haben die Verbote und die Debatte nicht geschadet. Im Gegenteil: Noch immer thront »Layla« an der Spitze der deutschen Charts.

Dreadlocks

Dürfen weiße Menschen Dreadlocks tragen? Nein, meint die Hannoveraner Ortsgruppe von »Fridays for Future« – und hat einen Auftritt der Musikerin Ronja Maltzahn im März 2021 abgesagt. Die Begründung: Dreadlocks seien in den USA ein Widerstandssymbol der Bürgerrechtsbewegung schwarzer Menschen. »Wenn eine weiße Person also Dreadlocks trägt, dann handelt es sich um kulturelle Aneignung.« Diese Aussage sorgte weniger für eine ausgewogene Diskussion als vielmehr für einen veritablen Shitstorm für die Umweltschützer. Auch viele Sympathisanten von »Fridays for Future« äußerten Kritik.

»Afrika«-Kekse

Nach einer Rassismus-Debatte in sozialen Netzwerken hat das Unternehmen Bahlsen im Juni 2021 einen Waffelkeks namens »Afrika« in »Perpetum« umbenannt. Es sei festgestellt worden, dass der eigentliche Grund für die Namensgebung vor mehr als 60 Jahren heute nicht mehr wahrgenommen werde, teilte die Firma mit. Man habe seinerzeit den Bezug zum Rohstoff Kakao herstellen wollen, der in einigen afrikanischen Ländern angebaut werde. In den sozialen Netzwerken wurde die Umbenennung größtenteils kritisiert und belächelt.

Mohrenköpfe

Vor allem in Sozialen Netzwerken wird noch immer darüber gestritten, ob die Bezeichnung »Mohrenkopf« rassistisch ist. Zuletzt wurde die Debatte 2020 angeheitzt, nachdem ein Twitter-Nutzer die schweizer Supermarktkette Migros aufforderte, das »rassistisch konnotierte Produkt« aus dem Sortiment zu nehmen. Der Tweet erntete viel Zuspruch und Migros kam der Aufforderung nach. Die schweizer Firma Dubler, die den »Mohrenkopf« herstellt, wurde 2017 in einer Online-Petition aufgefordert, ihr Produkt umzubenennen. Doch bis heute hält das Unternehmen an der Bezeichnung fest.

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Wegen Verdacht auf Sexismus, Rassismus oder kulturelle Aneignung werden in Deutschland immer wieder Inhalte verboten, Produkte vom Markt genommen oder Begriffe umgetextet.

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Schwarzfahren

Mehrere Verkehrsbetriebe in deutschen Städten wie Berlin oder München haben Schwarzfahren aus ihrem Sprachgebrauch gestrichen, um damit einen möglichen Rassismus-Verdacht zu vermeiden. Die Initiative »Schwarze Menschen in Deutschland« sieht in dem Begriff unabhängig von seinem Ursprung eine rassistische Konnotation. Sprachforscher vermuten jedoch, dass der Ausdruck vom jiddischen Begriff »shvarts« (»Armut«) kommt. Andere verweisen auf das Rotwelsch, den Szenesprech gesellschaftlicher Randgruppen, wo schwärzen schmuggeln bedeutet. (GEA)

Eberhard-Karls-Universität

Viele Jahre wurde über die Umbenennung der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen diskutiert. Kritiker werfen Graf Eberhard vor, er sei ein Judenfeind gewesen. Herzog Karl Eugen wird von manchen als Despot beschrieben. Der Senat hatte deshalb im vergangenen Jahr eine Kommission ins Leben gerufen, die eine Bewertung erstellen sollte. Im Mai Juli wurde der Antrag von Studenten auf Umbenennung vom Senat der Universität jedoch mehrheitlich abgelehnt. Rektor Bernd Engler betonte aber, dass sich die Uni Tübingen intensiver als bisher mit ihrer Geschichte auseinandersetzen muss. (GEA)