REUTLINGEN. Sahra Wagenknecht pokert hoch. Die charismatische Politikerin weiß ganz genau, dass ohne die von ihr vor wenigen Monaten gegründeten Partei BSW nach den Landtagswahlen in drei östlichen Bundesländern nichts geht. Wollen CDU und SPD ohne Beteiligung der AfD regieren, sind sie auf die Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht angewiesen. Nun erhöht die 55-jährige Parteichefin und -gründerin den Preis für eine Regierungsbeteiligung und bringt teils abseitige Forderungen ins Spiel, die ihrer Profilierung dienen, aber für Sondierungsgespräche wenig hilfreich sind.
Zweifelhafte Standpunkte
Dem Vernehmen nach läuft es ganz gut bei den Gesprächen zwischen CDU, SPD und BSW in Thüringen. Mitten in die Gespräche platzt nun die BSW-Chefin und fordert von der dortigen CDU, sich vom Chef der Bundespartei, Friedrich Merz, zu distanzieren. Wegen dessen Äußerungen zum Ukraine-Krieg. In der Tat sind Merz' Standpunkte hinsichtlich des Krieges gelegentlich zweifelhaft. Allerdings sollten derartige Äußerungen bei Sondierung auf Landesebene keine Rolle spielen.
Auf Kosten der Landespolitik
Nun torpediert Wagenknecht die Bemühungen zur Bildung einer thüringischen Landesregierung mit der Forderung, in die Präambel eines Koalitionsvertrages mit dem BSW müsse ein klares Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland aufgenommen werden. Derartige Standpunkte kann Wagenknecht in flammenden Reden im Bundestag gerne vertreten, aber Landespolitik sollte sich um Bildung, Infrastruktur und Wirtschaftsförderung kümmern. Wenn Wagenknecht es ernst meint, eine Politik machen zu wollen, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt, sollte sie die Landespolitiker sich um konkrete Probleme kümmern lassen. Wenn sich die BSW-Chefin aber bundes- und weltpolitisch profilieren will, sollte sie ein anderes Forums nutzen als Sondierungen auf Landesebene.