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Sicherheitspaket und Abschiebungen: Symbolpolitik wird nicht helfen

Warum GEA-Redakteur Ulrich Häring nicht glaubt, dass die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung oder ein Flug nach Kabul etwas Grundlegendes ändern werden.

Ein Flieger mit 28 kriminellen Afghanen ist gestern nach Kabul gestartet. Weitere Flüge sind jedenfalls vorerst nicht geplant.
Ein Flieger mit 28 kriminellen Afghanen ist gestern nach Kabul gestartet. Weitere Flüge sind jedenfalls vorerst nicht geplant. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Ein Flieger mit 28 kriminellen Afghanen ist gestern nach Kabul gestartet. Weitere Flüge sind jedenfalls vorerst nicht geplant.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

REUTLINGEN. Nach schrecklichen Vorfällen wie dem Anschlag in Solingen sieht sich die Politik gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die gegenüber den Bürgern Handlungsfähigkeit beweisen sollen. Man will den Eindruck vermitteln, etwas zur Verbesserung der Sicherheitslage zu unternehmen, die in der öffentlichen Wahrnehmung durch solche Bluttaten bis in die Grundfesten erschüttert wird. In aller Regel handelt es sich jedoch um Symbolpolitik. Die Wahrheit ist, dass sich in einer freien Gesellschaft, Angriffe von geistig verwirrten oder radikalisierten Einzeltätern nicht wirksam verhindern lassen.

Dublin-Regeln schon einmal gescheitert

Messerverbotszonen sind schön und gut, doch sie wirken nur, wenn sie auch durchgesetzt werden. Aber wie soll eine personell unterbesetzte Polizei dies leisten? Wir können schlecht den öffentlichen Nahverkehr und Volksfeste in Hochsicherheitstrakte verwandeln. Attentäter würden andere Angriffspunkte wählen und der Gelegenheitsmesserstecher treibt dann eben anderswo sein Unwesen. Und wenn die Union nun fordert, man müsse wieder konsequent die Dublin-Regeln umsetzen, dann blendet sie aus, dass Deutschland sich dadurch schon einmal in der EU-Migrationspolitik völlig isoliert hatte. Mit der Regelung hatte sich die Bundesrepublik einen schlanken Fuß gemacht und die Verantwortung für die Migration an die Länder an der EU-Außengrenze abgewälzt. Mit dem Ergebnis, dass diese Länder die Flüchtlinge lieber gleich unregistriert weitergeschickt haben.

Grenzen der Rechtsstaatlichkeit strapaziert

Auch mit der symbolischen Abschiebung von 28 Afghanen ist nichts gewonnen. Über einen zwielichtigen Vermittler wurden Straftäter in ein Land abgeschoben, in dem die Scharia herrscht. Was dort mit ihnen geschieht? Als Helden gefeiert oder gesteinigt? Das will man wohl lieber nicht so genau wissen. Die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit wurden hier zumindest stark strapaziert. Abschiebungen »in großem Stil« sind wohl eher nicht zu erwarten. Auch wenn es sich derzeit noch niemand eingestehen will, irgendwann wird sich die Frage stellen, ob sich das individuelle Asylrecht in seiner jetzigen Form aufrechterhalten lässt. Geschaffen als Konsequenz aus den Schrecken des Zweiten Weltkrieges, war es nie dazu gedacht, Europa zum Zufluchtsort aller Menschen in der Welt zu machen, die in autoritären Systemen leben.

ulrich.haering@gea.de