REUTLINGEN. Am vergangenen Freitag wurde ein Polizist in Mannheim durch eine Messerattacke schwer verletzt und verstarb am Sonntag an den Folgen des Angriffs. In Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr 29 Menschen durch Messer getötet. Aber wie sieht es in der Region aus? Die Messerangriffe werden mehr: 323 Attacken verzeichnet das Polizeipräsidium (PP) Reutlingen, das für die Landkreise Reutlingen, Tübingen, Esslingen und Zollernalb zuständig ist, im aktuellen Kriminalitätsbericht. Im Jahr 2022 waren es noch 280 Messerangriffe. Doch nicht nur bei den Messerattacken gehen die Zahlen nach oben: Die Anzahl der Körperverletzungen im Gebiet des PP Reutlingen ist so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Die Menschen im Stadtgebiet Reutlingen sind von dem spezifischen Tatbestand der Messerangriffe in besonderen Maße betroffen: Während die Anzahl der Attacken im öffentlichen Raum in den Städten Esslingen, Tübingen und Albstadt zurückgegangen ist, wurden in der Achalmstadt 26 Menschen und damit sechs mehr als noch 2022 mit einem Messer verletzt oder bedroht.
Auch Bedrohungen zählen mit in die Statistik
Obwohl diese Zahlen vorliegen, sind Vergleiche über mehrere Jahre schwierig: Messerangriffe werden erst seit 2022 als eigenständige Kategorie in den Statistiken erfasst. Im Sicherheitsbericht des Landes Baden-Württemberg wird die allgemeine Zunahme der Messerangriffe als Grund dafür genannt. Der Kriminalitätsbericht des PP Reutlingen definiert Messerattacken als »Angriff, der mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt« wird. Damit beschränkt sich der Tatbestand nicht nur auf Gewaltdelikte, weswegen eine Messerattacke nicht immer mit einer Körperverletzung zusammenfallen muss.
Auch auf Landesebene werden die Zahlen zu den Messerangriffen seit zwei Jahren separat nach dem gleichen Muster erhoben. In Baden-Württemberg lässt sich dabei ebenfalls eine steigende Tendenz erkennen: wurden 2022 noch 2.727 Menschen durch Klingen verletzt oder bedroht, waren es im vergangenen Jahr 3.104. Das entspricht einem Zuwachs von 13,8 Prozent.
Hoher Anstieg der ausländischen jugendlichen Tatverdächtigen
Von den Tatverdächtigen, die im Zuge eines Messerangriffs von der Polizei verhaftet oder belangt wurden, sind 55,2 Prozent Ausländer ohne deutschen Pass. Davon machen syrische Staatsangehörige mit 8 Prozent den größten Anteil aus - gefolgt von Menschen türkischer Nationalität mit 6,5 Prozent. Von den Angreifern ist knapp jeder Dritte ein Asylbewerber oder ein Geflüchteter. Die restlichen 44,8 Prozent der Messerangriffe gehen von Deutschen aus. Unabhängig von der Staatszugehörigkeit sind sieben von zehn Menschen im Vorfeld eines Angriffs der Polizei bereits bekannt. Der Großteil der Täter ist männlich und über 30 Jahre alt. Lediglich 12 Prozent der Angreifer sind Frauen.
Die Zunahme der ausländischen Tatverdächtigen unter 21 Jahren ist besonders hoch. Mit einem Plus von 34 Prozent haben 335 Jugendliche ohne deutschen Pass andere Menschen in Baden-Württemberg mit einem Messer bedroht oder verletzt. Deutsche Jugendliche haben 474 Straftaten im Zusammenhang mit einer Klinge begangen, was einem Zuwachs von 0,9 Prozent entspricht.
Über die Auslöser und Motive der Angreifer sagen die Statistiken nichts aus. Eine GEA-Anfrage zu den Hintergründen von Messerangriffen konnte das PP Reutlingen kurzfristig nicht beantworten. (GEA)