REUTLINGEN. Gerhard Schröder ist niemand, der klein beigibt. Der ehemalige Bundeskanzler wehrt sich dagegen, dass ihm sein Büro im Bundestag weggenommen wurde. Nun hat er auch in zweiter Instanz vor Gericht eine Niederlage erlitten. Da das Urteil nicht rechtskräftig ist, muss man wohl damit rechnen, dass dieses unwürdige juristische Tauziehen weitergehen wird.
Natürlich hat auch ein ehemaliger Kanzler das Recht, sich juristisch zu wehren. Das steht ihm in einem Rechtsstaat zu und ist insofern nicht verwerflich. Zudem muss man Schröder zugute halten, dass er persönlich vor Gericht erschienen ist. Das zeugt von Respekt gegenüber der Justiz. Dennoch muss er sich fragen lassen, ob er den politischen Schaden, den so eine Gerichtsverhandlung auslöst, abgewogen hat. Wenn der Staat mit seinen höchsten Repräsentanten streitet, beschädigt das das Ansehen der Bundesrepublik.
Doch der Rechtsstreit mit Schröder wirft zugleich ein Schlaglicht auf die politische Kultur im Land. Denn der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte erst kurz nach Beginn des russischen Angriffs das Büro gestrichen. Als Begründung hieß es, der Altkanzler nehme keine Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit wahr. Das stimmt nur eingeschränkt. Denn natürlich können sich Bürger weiterhin an Schröder wenden, und tun das auch, wie er vor Gericht versicherte. Auch wenn der Kanzler bei seiner Partei in Ungnade gefallen ist und er Deutschland nicht mehr offiziell repräsentiert, ist die Streichung des Büros ein Fehler. Das zeigt wie im Brennglas, wie die politische Mehrheit mit Andersdenken und Randgruppen, zu denen Schröder wegen seiner Freundschaft zu Putin sicher zählt, umgeht: Sie werden ausgegrenzt. Ein fatales Signal.