Wenn schon vegetarisch, dann lieber gleich Kässpätzle
Das EU-Parlament hat beschlossen, dass Wurst, Burger und Schnitzel nur noch so heißen dürfen, wenn sie auch aus Fleisch sind. Vegane Ersatzprodukte müssen sich künftig anders nennen. Der Beschluss ist eine konsequente und richtige Entscheidung. Denn nur Wurst schmeckt wie Wurst. Tofu ist geschmacklos und schmeckt allenfalls nach Gewürzen und Soßen.
Der Europäische Union hat in den letzten Jahren viele geschützte Herkunftsbezeichnungen eingeführt. Parmaschinken ist beispielsweise naturbelassener luftgetrockneter Rohschinken aus der Provinz Parma. Die Bezeichnung ist seit 1996 von der EU geschützt. Parmaschinken darf nur so heißen, wenn er aus den Keulen bestimmter Schweinerassen, die in der Provinz Parma aufgezogen wurden, nach traditioneller Art hergestellt wurde. Angesichts solcher genauen Regeln, um bestimmte regionale Spezialitäten zu schützen, wäre es komplett gegen die europäische Rechtstradition, die Bezeichnung Schinken, Schnitzel und Burger für Produkte aus Weizen, Soja oder Erbsen zuzulassen.
Es ist ehrenwert und vollkommen legitim, auf Fleischprodukte zu verzichten. Bereits im Mittelalter verzichteten Mönche an vielen Tagen aus religiösen Gründen auf Fleisch. Eine Illusion ist es jedoch, auf Fleisch zu verzichten und trotzdem Schnitzel, Burger und Würste essen zu können, die wie Schnitzel, Würste und Burger schmecken. Es sind außerdem industriell verarbeitete Produkte. Wenn ich schon vegetarisch essen will, bestelle ich lieber Käsespätzle mit Röstzwiebeln oder Schupfnudeln mit Sauerkraut. Das schmeckt wenigstens.
Die Debatte um vegetarische Schnitzel und Tofu-Würste ist ein typisches Beispiel dafür, wie blinder Lobbyismus zu sinnloser Bürokratie führt
Da hat die liebe Fleischlobby mal wieder die heilige Sau durchs Straßburger Dorf getrieben. Wurst, Schnitzel, Steak und Hamburger sollen künftig allein tierischen Produkten vorbehalten bleiben. So groß scheint die Angst der Mastbetriebe zu sein, dass pflanzliche Ersatzprodukte den guten Ruf tierischer Produkte heimtückisch ausnutzen könnten, um ihnen die Wurst vom Brot zu nehmen. Ein Trauerspiel!
Ganze 53,2 Kilogramm Fleisch hat jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr verzehrt. Von pflanzlichen Ersatzprodukten ganze 1,5 Kilo. Dass hier der Marktanteil der Fleischindustrie in irgendeiner Weise gefährdet ist, kann ja wohl niemand ernsthaft behaupten. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass laut der Argumentation der Viehhalter die Verwechslungsgefahr der Produkte derart hoch ist, dass vermutlich die Hälfte der mageren 1,5 Kilo ohnehin versehentlich verspeist worden ist.
Dabei sind die Produkte in den Supermärkten in aller Regel schon räumlich deutlich voneinander getrennt. Auch wird die Fleischlosigkeit keineswegs im Kleingedruckten verborgen, sondern immer deutlich lesbar auf der Vorderseite aufgedruckt. Die Produkte sollen ja gerade diejenigen Menschen ansprechen, die sich bewusst für eine fleischlose Mahlzeit entscheiden. Wer Wiener nicht von Tofu-Würstchen unterscheiden kann, der greift sicher auch mal zu Hundefutter statt zur Gulaschkonserve. Shit happens! Aber muss deswegen gleich wieder das europäische Bürokratiemonster in Aktion treten?
Ich liebe Fleisch und will es nicht missen! Doch etwas weniger davon täte Gesundheit, Tierwohl und Klima sicher gut. Aber wer beim »Veggie-Schnitzel« vielleicht noch zähneknirschend zugreift, der wird sich vom panierten Tofu-Bratling möglicherweise angewidert abwenden. Den Herstellern entgehen Umsätze in Millionenhöhe, alleine schon durchs Umetikettieren. Bürokratieabbau sieht anders aus.

