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VfB Stuttgart gewinnt nach famoser Aufholjagd

Die Zeit für die großen Geschenke kommt erst noch, eine Riesen-Bescherung erhält der VfB Stuttgart aber bereits am Nikolaustag. Warum das so ist und wieso vor allem die beiden Torhüter beim 3:2-Heimsieg gegen Union Berlin im Fokus stehen.

Der Mann des Abends: VfB-Joker Nick Woltemade.
Der Mann des Abends: VfB-Joker Nick Woltemade. Foto: Weller/dpa/dpa
Der Mann des Abends: VfB-Joker Nick Woltemade.
Foto: Weller/dpa/dpa

STUTTGART. Die Zeit für die großen Geschenke kommt eigentlich erst noch, eine Riesen-Bescherung erhielt der VfB Stuttgart aber bereits am Nikolaustag. Der Bundesliga-Vizemeister fand zum Auftakt des 13. Spieltags am Freitagabend einen nicht mehr für möglich gehaltenen 3:2 (0:1)-Heimsieg gegen Union Berlin in seinem frisch geputzen Stiefel. Die Belohnung für das Team von Trainer Sebastian Hoeneß: Der Anschluss an die Europapokal-Plätze ist durch den vierten Heimsieg in dieser Saison wieder hergestellt.

Dabei fragten sich die 59.000 Zuschauern in der MHP-Arena im Laufe des ersten Durchgangs zunächst vermutlich, warum sie sich bei diesen eisigen Temperaturen für einen Stadionbesuch entschieden hatten. Denn in den ersten 45 Minuten passierte vor allem eines: fast gar nichts. Union stand tief und dicht gestaffelt mit einer Fünferkette. Die Hausherren bissen sich daran die Zähne aus. Was vor allem daran lag, dass die Stuttgarter kaum einmal Tiefe in ihr Spiel brachten, zwischen den Verteidigungslinien nur selten einen Mann fanden oder den Ball gegen die zweikampfstarken Gäste nicht behaupten konnten. Die erschreckende Folge: Keine einzige Torgelegenheit bis zur Halbzeitpause. Man kann sich nicht daran erinnern, wann es das zum letzten Mal bei den Stuttgartern gegeben hatte. Und die Berliner? Schlugen auf der anderen Seite passend zu den äußeren Bedingungen eiskalt zu. Weil VfB-Keeper Alexander Nübel mächtig danebengriff.

Ein Ball, den VfB-Keeper Nübel normalerweise im Schlaf fängt

Union-Verteidiger Danilho Doekhi kam nach einer Flanke des ungarischen Mittelfeldspielers Andras Schäfer zwar völlig frei am Fünf-Meter-Raum zum Kopfball, diesem fehlten allerdings Wucht und Präzision. Womöglich war sich Nübel deshalb zu sicher. Denn irgendwie rutschte dem Stuttgarter Schlussmann die Kugel durch die Finger. Es war ein Ball, den der 28-Jährige normalerweise im Schlaf fängt. Genau das wollte er offenbar auch in dieser Situation. Man braucht kein Torwart-Experte sein, um zu erkennen: Mit einer Faust-Abwehr von Nübel wäre der VfB nach 37 Minuten nicht zurückgelegen.

Der zweite Durchgang konnte für die Hausherren nur besser werden. Denkste! Den Tiefpunkt erlebten die Stuttgarter aber schließlich nur drei Minuten nach dem Wiederanpfiff. Nach einer Union-Ecke segelte eine Flanke von Robert Skov aus dem Halbfeld mit viel Zug in die Mitte. Der gebürtige Stuttgarter und Ex-VfBler Rani Khedira, Kapitän der Eisenern, sprintete in Richtung des einfliegenden Balls und Nübel, irritierte den Keeper durch seinen Laufweg, sodass die als Flanke gedachte Hereingabe von Skov in der langen Ecke zum 0:2 einschlug. Der Fisch schien geputzt. Es fehlte die Fantasie, wie das bis dato erschreckend schwache Team von Trainer Sebastian Hoeneß noch einmal zurück in die Partie finden will.

Manchmal ist der Fußball unerklärbar

Doch manchmal ist der Fußball unerklärbar. Der zur zweiten Hälfte eingewechselte Nick Woltemande, der meist als hängende Spitze agiert, erzielte binnen acht Minuten einen Doppelpack und bestätigte seinen Trainer eindrucksvoll, der erst in dieser Woche lobend davon sprach, dass der Sommer-Neuzugang immer mehr »Mittelstürmer-Qualitäten« zeigen würde. Vor allem bei seinem Treffer zum 2:2 (59. Minute) bewies er das, als er den Ball klug und technisch sehenswert mit dem Außenrist an Union-Keeper Frederik Rönnow vorbeispitzelte. Woltemade ist definitiv der große Gewinner der aktuellen Verletzten-Situation beim VfB. Noch bemerkenswerter: Die Stuttgarter, die in dieser Saison bislang ein Synonym für Chancenwucher waren, ließen den Ball mit dem zweiten Torschuss zum zweiten Mal im Netz zappeln. Trainer Hoeneß gefällt das.

Zehn Minuten später wurde es dann so richtig kurios. Wenn man bei Nübel bereits von einem dicken Patzer spricht, dann fehlen einem an dieser Stelle die Worte für den kapitalen Bock, den sich Rönnow leistete. Der zehnfache dänische Nationalspieler spielte einen Pass im Aufbauspiel direkt in die Füße von VfB-Kapitän Atakan Karazor, der wenige Meter vor dem Tor stand und ohne Probleme zum 3:2-Endstand einschieben konnte. »Wir haben mit dem Heimspiel eine Riesenmöglichkeit, uns dann klar in eine gewisse Tabellenregion zu bewegen und dadurch die Chance zu erhöhen, über die Winterpause in einer richtig guten Ausgangsposition zu sein«, sagte Trainer Hoeneß vor der Partie. Der erste Schritt dafür ist nun getan. Vor allem hat diese Partie wie bereits am vergangenen Wochenende beim 2:2 in Bremen abermals gezeigt: Diese Stuttgarter Mannschaft hat richtig Charakter. (GEA)