STUTTGART. Ein Sieg wurde erwartet und vor allem benötigt. Und der VfB Stuttgart lieferte einen Sieg. Gegen den in dieser Saison bedenklich wankenden Schweizer Serienchampion Young Boys Bern setzte sich der Bundesliga-Vize mit 5:1 (1:1) durch. Es war der zweite Erfolg im sechsten Spiel der Champions-League-Ligaphase.
Am Mittwoch wurde es bereits vor dem Anpfiff sehr emotional. Es gab eine Schweigeminute für den Sohn von Bern-Mittelstürmer Meschack Elia, der am Dienstag völlig unerwartet nach kurzer Krankheit verstorben ist. Dann pfiff der georgische Schiedsrichter Giorgi Kruashvili die Begegnung Favorit gegen Außenseiter an. Und nach sechs Minuten lag der VfB schon wieder zurück. Lukasz Lakomy durfte aus dem Rückraum unbedrängt schießen, der Ball schlug im rechten Eck ein. VfB-Keeper Alexander Nübel stand wie zuletzt gegen Union Berlin erneut im Fokus, weil er nicht reagierte und stehen blieb. Ein Torwart-Fehler war das mit Sicherheit nicht. Wirklich gut sah der 28-Jährige in dieser Situation allerdings nicht aus.
55. Minute liefert eine absurde Szene
Doch die Antwort der Stuttgarter nach dem Rückstand fiel richtig gut aus. Bis zur Pause zeigte der VfB spielerisch eine seiner besseren Leistungen in dieser Saison. Elf Torschüsse sprechen für sich. Allen voran Stürmer Ermedin Demirovic hatte zwei dicke Gelegenheiten. Eiskalt zeigte sich aber lediglich der gewohnt souverän und fast fehlerfrei aufspielende Mittelfeld-Regisseur Angelo Stiller, der nach einem von mehreren sehenswerten Angriffen zum 1:1 traf. Genau so hat man den VfB aus der vergangenen Saison in Erinnerung.
Nun stellte sich die Frage: Wie geht der VfB in der zweiten Hälfte mit dem Druck um, dieses Spiel unbedingt gewinnen zu müssen? Die Antwort: Mit viel Haltung und reichlich offensivem Drang. Dann kam erstmal die 55. Minute, die eine absurde Szene lieferte. Fabian Rieder, zwischen 2017 und 2023 selbst im gelb-schwarzen YB-Dress aktiv, setzte sich im Strafraum an der Seitenauslinie sehenswert gegen Joel Monteiro durch. Der Linienrichter war allerdings der Meinung, der Ball wäre im Aus gewesen und hob sofort die Fahne. Referee Kruashvili ließ jedoch weiterspielen.
Härtetest bestanden: Mit einem Ausrufzeichen
Davon war bei der Berner Hintermannschaft nicht die Rede. Sie verließ sich auf die Augen des Assistenten und schaltete kollektiv ab. Auch die VfB-Profis waren ein wenig verdutzt. Doch Stuttgarts Enzo Millot war hellwach und schob aus rund elf Metern ohne Gegenwehr zum 2:1 ein. Niemand wusste nun so richtig, was los war. Der Video-Schiedsrichter (VAR) lieferte kurze Zeit später die Bestätigung: Die Kugel war ganz knapp nicht mit vollem Umfang im Aus. Das Spiel war gedreht. Man braucht kein Hellseher zu sein: Ohne den VAR im Hinterkopf als Absicherung zu wissen, hätte sich der georgische Referee ziemlich sicher auf die Augen seines Linienrichters verlassen und diese knifflige Situation zurückgepfiffen. Nicht alles ist am viel gescholtenen Video-Referee also schlecht.
In der Folge präsentierte sich der VfB wie aufgedreht und schoss sich nach den spielerisch nicht ganz einfachen letzten Wochen die zuletzt häufig an den Tag gelegte Schwerfälligkeit von der Seele. Vor allem aber ist der VfB wieder mittendrin im Kampf um die Play-off-Plätze. Härtetest bestanden. Mit einem Ausrufzeichen. (GEA)