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VfB gegen PSG: Droht die »Schande von Gijon 2.0«?

Der Nicht-Angriffspakt von Gijon bei der WM 1982 ging als Schande in die Fußball-Geschichte ein. Kommt es nun 42 Jahre später in Stuttgart am Mittwochabend womöglich zu einer Neuauflage dieses unrühmlichen Eklats?

Der VfB Stuttgart will trotz der Ausgangslage auch gegen Paris St. Germain unbedingt über einen Sieg jubeln.
Der VfB Stuttgart will trotz der Ausgangslage auch gegen Paris St. Germain unbedingt über einen Sieg jubeln. Foto: Murat/dpa/dpa
Der VfB Stuttgart will trotz der Ausgangslage auch gegen Paris St. Germain unbedingt über einen Sieg jubeln.
Foto: Murat/dpa/dpa

STUTTGART. ARD-Kommentator Eberhard Stanjek sprach damals von einer »Schande«, sein österreichischer Kollege Robert Seeger forderte die Zuschauer sogar zum Abschalten auf. Und die niederländische Tageszeitung De Telegraaf schrieb von »einem schmutzigen Stück Fußball-Porno«. Der Nichtangriffspakt von Gijon bei der WM 1982 zwischen Deutschland und Österreich ging als unrühmlicher Eklat in die Fußball-Geschichte ein.

Die beiden Nachbarländer hatten die glorreiche Idee, die Partie vor den Augen der gesamten Fußball-Welt ohne ernsthafte Angriffsbemühen zu Ende zu führen, nachdem Horst Hrubesch die deutsche Nationalelf früh mit 1:0 in Führung schoss und dieser Spielstand beiden Nationen das Weiterkommen in die nächste Runde erlaubte. Das ist nun 42 Jahre her, doch vor dem abschließenden Spieltag der Champions-League-Ligaphase plötzlich wieder allgegenwärtig. Denn die Konkurrenz fürchtet mit Blick auf das Duell am Mittwochabend (21.00 Uhr/Dazn) zwischen dem Bundesliga-Vizemeister und dem französischen Serienmeister Paris St. Germain die »Schande von Gijon 2.0«. Doch sind ernsthafte Sorgen wirklich angebracht?

Ein Unentschieden würde beiden Teams ziemlich sicher reichen

Es gibt zahlreiche Rechenspiele und Möglichkeiten, welche Mannschaft es wie in die Playoff-Runde schafft. Fakt ist jedoch: Ein Unentschieden würde beiden Teams ziemlich sicher reichen. Der VfB wäre bei einem Remis gegen PSG nur ausgeschieden, wenn Dinamo Zagreb den italienischen Topclub AC Mailand mit mindestens sieben Toren Unterschied aus dem heimischen Stadion schießt. Wahrscheinlicher ist eher, dass der BVB in diesem Jahr noch deutscher Meister wird. Was eben zu dieser brisanten Ausgangslage führt.

An dieser Stelle eine Zwischenfrage: Könnte man beiden Mannschaften wirklich übel nehmen, wenn sie sich - im Falle der Stuttgarter noch viel mehr - den Traum der K.o.-Phase durch ein abgesprochenes Unentschieden verwirklichen und dadurch garantierte Mehreinnahmen in Millionenhöhe auf dem Konto verbuchen können? Und wie! Weil an die sportliche Integrität mit Nachdruck zu appellieren ist. Was übrigens generell gegen eine »Remis-Absprache« spricht: Beide Teams könnten mit einem Sieg auf vermeintlich leichtere Gegner in den Playoffs treffen. VfB-Coach Sebastian Hoeneß kann über all diese Spekulationen nur schmunzeln.

Einfach auf Remis spielen? »Ich wüsste auch gar nicht, wie das funktionieren soll«, vermittelte der 42-Jährige auf der Pressekonferenz am Dienstagmittag glaubhaft. »Wir gehen es immer so an, wie wir es immer angehen, wollen uns bestmöglich vorbereiten und ein Topspiel machen. Die Stadt brummt, das Stadion wird explodieren«, ergänzte Hoeneß voller Vorfreude.

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die Sorgen nach einem erneuten Nicht-Angriffspakt zweier Mannschaften, sowieso meistens unbegründet sind. Die gleichen Spekulationen kreisten über der Begegnung bei der EM im vergangenen Sommer zwischen der Slowakei und Rumänien, denen am letzten Spieltag ebenfalls ein Remis gereicht hatte, um ins Achtelfinale einzuziehen. Zwar endete dieses Duell tatsächlich mit einem 1:1, doch von einer Absprache fehlte nach einer spektakulären und rasanten ersten Hälfte jede Spur. Die gleiche Konstellation gab es bei der WM 2014 vor der Partie Deutschland gegen die USA. Auch hier hätte beiden Nationen eine Punkteteilung gereicht. Der spätere Weltmeister setzte sich gegen die damals von Jürgen Klinsmann trainierten US-Amerikaner am Ende aber mit 1:0 durch.

Interessant könnte es am Mittwochabend dennoch werden. Was, wenn die Begegnung zum Beispiel mit einem Spielstand von 1:1 in die letzten 20 Minuten geht? Geht dann eine Mannschaft noch voll auf Attacke und läuft Gefahr, kurz vor Schluss alles zu verspielen? Oder wird dann die Kugel im Mittelfeld munter hin und hergespielt und die Begegnung über die Zeit geschaukelt? Eines ist sicher: Spätestens dann wird ganz Fußball-Europa in die Stuttgarter MHP-Arena schauen. Die Fallhöhe ist enorm. Und genau deshalb sind all diese Spekulationen am Ende vermutlich totaler Quatsch. (GEA)