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Stuttgart gegen Bielefeld: Eine Bühne für Protest?

Stuttgart empfängt am Montagabend Spitzenreiter Bielefeld zum Topspiel. Ultras nehmen Abbrüche in Kauf

Politisch engagiert und in den Choreografien oft die Nummer eins: Die Cannstatter Kurve in der Mercedes-Benz-Arena.  FOTO: EIBNE
Politisch engagiert und in den Choreografien oft die Nummer eins: Die Cannstatter Kurve in der Mercedes-Benz-Arena. FOTO: EIBNER
Politisch engagiert und in den Choreografien oft die Nummer eins: Die Cannstatter Kurve in der Mercedes-Benz-Arena. FOTO: EIBNER

FRANKFURT/STUTTGART. Man darf gespannt sein. Montag, 20.30 Uhr. Flutlichtspiel in der nahezu ausverkauften Mercedes-Benz-Arena. Es ist das herausragende Match an diesem Abend im deutschen Fußball. Und natürlich die Frage, ob Teile der Anhänger diese große Bühne nutzen, um erneut Probleme zu machen. Die Anfeindungen von Fans mehrerer Vereine gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp und die Kritik am Deutschen Fußball-Bund (DFB) sind vor dem Zweitliga-Topspiel gegen Arminia Bielefeld auch beim VfB Stuttgart ein Thema.

»Es ist klar, dass wir intern Besprechungen geführt haben«, sagte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo am Freitag, ohne näher darauf eingehen zu wollen, was wäre, wenn der Ernstfall eintreten würde. »Wir hoffen, dass wir einen schönen Fußballabend erleben dürfen am Montag«, äußerte Matarazzo nüchtern und sprach vielmehr von einer »enormen Vorfreude auf das Spiel«. Die hoffentlich nicht durch negative Auswüchse auf den Zuschauerrängen verfliegen wird.

Am vergangenen Wochenende hatten die Bundesliga-Partien des FC Bayern in Hoffenheim sowie Union Berlin gegen Wolfsburg vor dem Abbruch gestanden. Ein Teil der Fans sieht Hopp im Streit mit dem DFB als Symbolfigur ihres Protestes gegen Kollektivstrafen.

In den Stadien drohen wieder verstärkte Fan-Proteste und möglicherweise sogar Spielabbrüche. Der Zusammenschluss »Fanszenen Deutschlands«, der zahlreiche Ultra-Gruppen vereint, kündigte ein entsprechendes Vorgehen an. »Wir Fans werden die Praxis vom letzten Spieltag nicht einfach hinnehmen und im Zweifel weiter Unterbrechungen und auch Abbrüche in Kauf nehmen«, hieß es in einer Stellungnahme mit dem Titel »Kollektivstrafen zum Schutze eines Milliardärs – der DFB zeigt erneut sein wahres Gesicht«. Gefordert wird die »sofortige Aufhebung der gegen Borussia Dortmund ausgesprochenen Zuschauerausschlüsse. Diese verfassungswidrige Art der Bestrafung ist mit unserem Verständnis von Demokratie nicht in Einklang zu bringen«. Die Ultras werfen dem DFB zudem Zensur vor.

Der VfB sei wie gewohnt im regen Austausch mit den Fans, sagte ein Sprecher des Vereins. »Ich kann sagen, dass wir natürlich über verschiedene Szenarien nachdenken. Aber ich bitte um Verständnis, dass wir das im Vorfeld nicht öffentlich machen.« Die Stuttgarter haben aber auch noch andere Probleme.

Mit den Heimspielen gegen die unmittelbaren Kontrahenten Bielefeld und Hamburg (4. April) sowie zwischen den Auswärtsspielen in Wiesbaden und Kiel, gegen die es in der Hinrunde jeweils Niederlagen gab, stehen im Aufstiegsrennen schwere, aber dennoch keineswegs unlösbare Aufgaben bevor. Nach der ersten Niederlage unter Matarazzo als neuem Cheftrainer stellt sich erneut die Frage, ob der VfB durch seine risikobehaftete Spielweise vor allem gegen pressingstarke Mannschaften anfällig ist, die Kontrolle über das Spiel zu verlieren.

UNION-PRÄSIDENT KRITISIERT DEN DFB SCHARF

»Natürliche Autorität längst verloren«

Union Berlins Präsident Dirk Zingler hat im Zuge der heftigen Auseinandersetzung mit Fans den Deutschen Fußball-Bund deutlich kritisiert. »Ich glaube, der DFB hat in den vergangenen Jahren seine natürliche Autorität verloren«, sagte der 55-Jährige in einem Interview der Tageszeitung Welt. Es habe viele Themen gegeben, durch die der Verband an Integrität und Respekt verloren habe, meinte Zingler. Das ständig wechselnde Personal an der Spitze stehe im Kontrast zu erfolgreichen Vereinen. »Mein Kernvorwurf lautet: Der DFB hat den Kontakt zu und das Verständnis für die Mehrheit der Fußballfans, insbesondere der Stadionbesucher, verloren«, sagte Zingler. Beim 1. FC Union war es zu Schmähungen aus der Fanszene gegen 1899 Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp gekommen, die die Partie gegen den VfL Wolfsburg (2:2) an den Rand des Abbruchs gebracht hatte. Zingler bekräftigte, dass es inakzeptabel sei, Menschen zu diffamieren. (dpa)

Der VfB hat sich beim 0:2 in Fürth hinten zu unaufgeräumt und vorne zu umständlich angestellt. Und deshalb letztendlich auch verdient zum sechsten Mal in dieser Saison verloren. Immer wieder kamen vertikale Pässe in Richtung gegnerisches Tor. Spieler wie Silas Wamangituka hatten wieder genau dann die Kontrolle über den Ball verloren, als es wichtig wurde: im Strafraum. Nach zuvor acht Spielen ohne Niederlage ist Stuttgarts klares Ziel, der direkte Wiederaufstieg, allein wegen des jüngsten Dämpfers nicht automatisch in Gefahr. Zudem wird voraussichtlich weder Spitzenreiter Bielefeld in den kommenden Wochen ungestraft davonkommen, noch der drittplatzierte HSV eine Aufholjagd starten, wodurch der VfB ins Hintertreffen geraten würde. Mannschaft und Trainer müssen aber Lösungen finden. Und zwar für den Verlust der Spielkontrolle, für die Abwehrfehler ohne Gegnereinfluss und für die mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive.

Der Kontrollverlust hätte ihn »schon beschäftigt« und er habe ihn auch im Kreis der Mannschaft angesprochen, »weil wir sehr stark vom Spielverlauf beeinflusst wurden«, gestand Materazzo. Es geht ihm dabei um Widerstandsfähigkeit. Die mangelhafte Chancenverwertung sei nicht allzu emotional thematisiert worden. »Wir arbeiten mit einzelnen Spielern Woche für Woche daran.« Der Puffer an Ausrutschern ist beim VfB aber nahezu aufgebraucht. Wenn das Team seine Erstligatauglichkeit tatsächlich unter Beweis stellen will, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt dafür. (GEA/dpa/SID)