BERLIN. Bruno Labbadia schleppte sich mit hochgeklapptem Kragen und Händen in den Taschen auf den Rasen zu seinen Spielern, an den Tag danach als Trainer des VfB Stuttgart wollte er noch gar nicht denken. Fast unmittelbar nach dem 0:3 des Tabellenletzten am Samstag beim 1. FC Union Berlin verbreiteten sich Medienberichte über das vermeintlich bevorstehende Aus des 57-Jährigen - die Aussagen von Sportchef Fabian Wohlgemuth hörten sich nicht nach einem klaren Dementi an.
»Wir werden nicht untätig sein und beim Untergang zuschauen«, sagte Wohlgemuth stattdessen und befeuerte die Spekulationen in den Gängen der Alten Försterei in Berlin-Köpenick. »Nicht untätig sein, heißt hart arbeiten und aus den dann folgenden Spielen Punkte zu sammeln.« Auf die Nachfrage, ob das mit Labbadia passieren solle, entgegnete er: »Erstmal Punkte zu sammeln.«
Nur ein Sieg aus elf Spielen in der Liga sagt viel aus, sieben Niederlagen aus den neun vergangenen Partien erst recht. Seit dem 0:1 gegen den VfL Wolfsburg vor zwei Wochen ist der VfB auch noch Letzter, der Auftakt in die alles entscheidende Phase misslang mit der Pleite nach der Länderspielpause. Aus dem Frust heraus eine »Personaldebatte nach dem Spiel zu führen«, mache keinen Sinn, betonte Wohlgemuth und erklärte mit Blick auf den bisherigen Personalverschleiß der Schwaben in dieser Saison: »Wir hatten drei Trainer, den Alleinschuldigen werden wir nicht finden.«
Laut »Bild« ist die Trennung höchstwahrscheinlich. Als Nachfolger wird Markus Gisdol, der früher als Jugendcoach beim VfB angestellt war, gehandelt. Nach Informationen des Senders Sky soll auch U19-Trainer Nico Willig in den Planspielen der VfB-Verantwortlichen eine Rolle spielen. Wohlgemuth verwies indes auf die Analyse am Sonntag. Ob er dann auch die Mannschaft beim Auslaufen betreuen werde, wurde Labbadia gefragt: »Ganz ehrlich, das interessiert mich gerade ganz, ganz wenig.«
Seine Mannschaft hatte eine Halbzeit lang überzeugt, sich aber nicht belohnt und die Chancen nicht genutzt. »Man kann nicht behaupten, dass man keine gut eingestellte Mannschaft gesehen hat heute. Trotzdem haben wir keine Argumente. Was meine Person betrifft, das interessiert mich am wenigsten«, erklärte Labbadia. Nach der Pause war seine Mannschaft zeitig in Rückstand geraten und hatte dann nichts mehr entgegenzusetzen.
»Es ist die Art und Weise, die uns zu denken geben muss«, sagte Torwart Fabian Bredlow: »Wir müssen es gerade in der jetzigen Situation 90 Minuten auf den Platz bringen.« Er nahm den Coach in Schutz und forderte: »Jeder ist jetzt gut beraten, auch heute nach dem Spiel vor der eigenen Haustüre zu kehren und zu schauen, was er besser hätte machen können.«
Während Labbadia sich den Gang zu den wütenden VfB-Fans ersparte, stellten sich die Profis. Ein großes Plakat prangte vor den Anhängern: »Werdet eurer Verantwortung gerecht, stellt jetzt alles infrage.« Dass dabei vor allem auch die Spieler gemeint sein dürften, verdeutlichten die Fans im hitzigen Dialog mit den Profis auch noch. »Ich würde sagen, der O-Ton war auf gut Deutsch gesagt, dass wir uns den Arsch aufreißen sollen«, sagte Bredlow.
Viel Zeit zum Handeln bleibt den Verantwortlichen des VfB nicht. Schon am kommenden Mittwoch steht das Viertelfinale im DFB-Pokal beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg an. Am Sonntag kommender Woche das Kellerduell gegen den VfL Bochum. Wohl eher ohne Labbadia. (dpa)