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Aktuell GEA-Exklusiv

Ewald Lienen über Corona, Profifußball und Ungerechtigkeit

Ewald Lienen, Technischer Direktor beim Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli, hat in Zeiten der Coronakrise im Exklusivgespräch mit dem GEA nicht nur ein Umdenken im Profifußball, sondern gesamtgesellschaftliche Reformen gefordert.

Engagiert gegen den Klimawandel und für den Umweltschutz: Ex-Profi und -Trainer Ewald Lienen. FOTO: WITTERS
Engagiert gegen den Klimawandel und für den Umweltschutz: Ex-Profi und -Trainer Ewald Lienen. FOTO: WITTERS
Engagiert gegen den Klimawandel und für den Umweltschutz: Ex-Profi und -Trainer Ewald Lienen. FOTO: WITTERS

REUTLINGEN. Für Ewald Lienen gibt es in Zeiten der Coronakrise Wichtigeres als Profifußball. »Es geht in dieser Krise doch nicht nur um unsere Gesundheit oder um Profifußball, es geht auch um die Ursachen einer solchen Pandemie, die zumeist in zerstörten Ökosystemen und der grenzenlosen Globalisierung liegen. Es geht um die Folgen, die uns weltweit die Ungerechtigkeiten unseres Systems vor Augen führen«, sagte der Technische Direktor des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli im Interview mit dem Reutlinger General-Anzeiger.

Was in Corona-Zeiten deutlich werde, »ist doch im Grunde eine seit Jahren und Jahrzehnten absehbare Entwicklung. Sie ist das Ergebnis von Fehlverhalten, das unser Leben, unsere Existenz, unsere Natur und Umwelt bedroht. Der Fußball ist doch nur ein kleiner Ausschnitt. Es wäre schon viel, wenn wir endlich kapieren würden, dass wir generell in unserer Wirtschaft und damit auch im Fußball etwas ändern müssen. Wir müssen über Gehaltsobergrenzen nachdenken, über die Begrenzung von Ablösesummen. Wie soll man denn künftig Krisen wie diese überstehen, wenn jeder Club Unsummen an Gehältern für seine Spieler ausgibt?«

 

Der langjährige erfolgreiche Fußballprofi und Trainer zeigt sich zum Zeitpunkt des Petersberger Klimagipfels, bei dem sich die Bundeskanzlerin für ein deutlich höheres Klimaziel in der Europäischen Union aussprach, kämpferisch: »Wenn wir diese Krise nicht als Chance begreifen, wann denn sonst wollen wir uns über die Ausrichtung unserer Wirtschaftsordnung, über Einkommensverteilung und Mittelverwendung sowie über wirklich effektiven Umwelt- und Klimaschutz grundsätzlich Gedanken machen?« Engagement und Kampfgeist in einer Lautstärke, die an seine Zeiten als Trainer erinnert: »Seit Jahren vergiften wir Böden, Luft und Wasser unseres Planeten, das Problem des Klimawandels könnte nicht größer sein und bedroht die Bewohnbarkeit weiter Teile der Erde. Wenn die Temperaturen weiter ansteigen, die Ökosysteme weiter zerstört werden und das Artensterben weitergeht, dann brauchen wir uns in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr mit Beatmungsgeräten oder irgendwelchen Problemen des Profifußballs auseinandersetzen.«

Die aktuellen Beschlüsse der Deutschen Fußball Liga hält Lienen für nachvollziehbar. »Ich kann vorübergehend auch mit Geisterspielen leben, wir müssen weitermachen«. Natürlich könne der Fußball keine Vorfahrt zu Lasten der Gesellschaft genießen, »aber der Fußball wird weitergehen, wie und wann auch immer«. (GEA)