TÜBINGEN. Für viele Sportler ist es der Traum schlechthin: Einmal bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Für Frederik Ruppert geht dieser Wunsch in Erfüllung. Aber Ruppert, wäre nicht Ruppert, wenn ihm das reichen würde. Er will mehr. Er will ins Finale von Paris. Und daraus macht der Hindernis-Spezialist kein Geheimnis: »Ich will nicht dahin fahren, um mir das nur anzugucken, das ist klar.«
Seiner Trainerin gefällt's. Sehr sogar. »Ich finde das nicht nur gut, sondern sogar sehr wichtig, dass er das so direkt formuliert«, sagt Isabelle Baumann im Gespräch mit dem GEA. »Wenn man solche enormen Fähigkeiten wie Freddy hat, dann ist es gut, wenn man auf Angriffsmodus schaltet.« Es sind forsche Töne des 27-Jährigen angesichts der starken internationalen Konkurrenz im Starterfeld. Doch Ruppert, der nach zwei schweren Jahren mit wechselhaften Leistungen seit dieser Saison für die LAV Stadtwerke Tübingen startet, hat allen Grund optimistisch zu sein.
Erstarkt im LAV-Trikot
Denn seit er das LAV-Trikot überstreift, läuft der schlaksige Athlet, an dem kaum ein Gramm überflüssiges Körperfett zu sein scheint, wieder Top-Niveau. Bei den Europameisterschaften in Rom im Juni verpasste er die Bronzemedaille nur um Haaresbreite und musste diese Auszeichnung seinem deutschen Teamkollegen Karl Bebendorf überlassen, der wie auch Velten Schneider in Paris dabei ist. Ruppert kosteten die schlechte Hindernisüberquerung und zu wenig Durchsetzungsvermögen im Pulk die nötigen Körner. Doch an genau diesen Dingen feilte der Starter des DLV seitdem mit Baumann, die nicht nur ihre Tübinger Schützlinge Ruppert und Hanna Klein betreut, sondern als Bundestrainerin in Paris für die Langstreckenstarter verantwortlich ist.
Nach der EM schnappte sich Ruppert den deutschen Meistertitel mit einem furiosen Solo auf den letzten 1.000 Metern. Mit einer Zeit von 8:16,98 Minuten verbesserte er den Meisterschaftsrekord, der 39 Jahre Bestand hatte, und setzte das nächste Ausrufezeichen.
In der Form seines Lebens
Danach ging es für Ruppert knapp drei Wochen ins Höhentrainingslager nach St. Moritz. Und das hätte für den ohnehin starken 3.000-Meter-Hindernis-Spezialisten kaum besser laufen können. »Ihm geht es hervorragend, er hat ein tolles Trainingslager gemacht«, sagt Baumann und ergänzt: »Er wirkt total fokussiert und ist in der besten Form, die man hätte erreichen können.« Ruppert selbst, verneint nicht, dass er sich in der Verfassung seines Lebens befindet und bestätigt: »Die Höhe hat gut getan.«
Viel hat der Aufschwung mit seinem Wechsel in die Tübinger Trainingsgruppe zu tun, in der er sich extrem wohl fühlt. »Ich finde, dass der Teamgeist etwas ganz Besonderes ist«, erklärt der Läufer, der aus Aachen kommt. »Wir sind nicht nur Teamkollegen, sondern auch befreundet.« Aber natürlich hat das Hoch auch mit seiner neuen Trainerin zu tun, die »viel Rückhalt und Konstanz« reinbringt. Neue Wege gehen ist aber ebenfalls angesagt. Das Trainingslager vor Paris war für Ruppert »ein Experiment«. »In dieser Höhe war ich sonst nie«, erklärt er. Aber eines, das aufging. Wie die meisten Dinge, seit er das blaue LAV-Trikot trägt.
Von wegen Aufregung
Und wie schätzt der Mann im Fokus seine Chancen ein? »Ich sagte jetzt nicht, dass ich Olympiasieger werde«, berichtet er mit einem Augenzwinkern. »Ich würde aber sagen, dass die Finalteilnahme möglich ist. Ich gehe so ran, dass der Vorlauf für mich der Endlauf ist. Ich werde alles raushauen, was drin ist.« Bevor es aber am Montag, 5. August, gegen 19 Uhr um alles geht, legt er in der Heimat noch ein paar lockere Einheiten hin, um sich fit zu halten. Um die 18 Kilometer sind das dann. Allerdings immer noch so zügig, dass sein Papa ihn nur auf dem Rad begleiten kann.
Am Freitag geht es dann mit dem Zug nach Paris. Aufregung? Fehlanzeige! Zumindest noch, meint Ruppert. »Ich freue mich einfach nur.« Das klingt vielversprechend. Die Zeichen vor der ersten Olympia-Teilnahme stehen auf Finale. (GEA)