MAINZ. Ein Turn-Europameister muss »herzlich lachen«, ein Oberbürgermeister setzt zur Schimpftirade an: Auch einige Tage nach den umstrittenen Impf-Aussagen von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge kommt die hitzige Debatte um eine mögliche Bevorzugung von Profisportlern nicht zur Ruhe.
»Mit gesundem Menschenverstand lässt man sich impfen, wenn man an der Reihe ist. Dass ein Impfgegner vom FC Bayern überzeugt wird, halte ich für eine sehr gewagte These«, sagte Turner Marcel Nguyen bei »t-online.de«. Rummenigge hatte bei Sport1 in dieser Woche angeregt, dass Fußball-Profis als Impfvorbilder in der Bevölkerung dienen könnten.
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling wählte in der Causa Profisport und Impfen deutlich drastischere Worte. »Ich finde es beschämend, dass es im Bereich des Profifußballs welche gibt, die sich vergleichen wollen mit den pflegenden Berufen, mit den medizinischen Berufen oder mit den Erzieherberufen«, sagte der SPD-Politiker in einem Interview dem Radiosender RPR1. Auf welchen Vorstoß oder Vergleich er damit explizit abzielte, sagte er nicht. »Da sollen sich diese Multimillionäre einfach mal zurückhalten und die Klappe halten und sich in die Ecke stellen und schämen. Das wäre für unsere Nation hilfreich«, schimpfte der Oberbürgermeister.
Rummenigges Aussagen finden seit Tagen enormen Widerhall, obwohl eine solche Frage für die Politik derzeit und auch in naher Zukunft gar nicht auf der Agenda steht. Seinen Vorstoß hatte der Funktionär unter anderem damit begründet, dass das Vertrauen in der Bevölkerung wachse, wenn sich beispielsweise ein Spieler des FC Bayern impfen lasse. Rummenigge hatte in dem Interview weder eine Bevorzugung eingefordert noch einen Vergleich mit anderen Berufen angestellt.
Der ehemalige Fußball-Weltmeister Christoph Kramer unterstrich die Aussagen Rummenigges in einem Sport1-Interview grundsätzlich: »Wenn wir als Fußballer dazu beitragen können, dass sich mehr Leute impfen und das Vertrauen wächst, dann halte ich das für eine gute Idee.« Er selbst werde sich impfen lassen, »wenn mir eine Impfung angeboten würde«, sagte der 29 Jahre alte Profi von Borussia Mönchengladbach.
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, dass rund drei Viertel der Deutschen gegen eine bevorzugte Impfung von Fußball-Profis sind. Zahlreiche Sportler und Funktionäre äußerten sich ähnlich und betonten, dass so etwas nicht in Frage komme.
Die Frage, ob Sportler zum Beispiel für eine Olympia-Teilnahme bevorzugt geimpft werden sollten, hält Nguyen für irrsinnig. »Wir sollten dann geimpft werden, wenn wir an der Reihe sind. Sollte ich geimpft werden müssen, um an den Olympischen Spielen teilzunehmen, man dafür aber einer anderen Person quasi die Dosis wegnehmen würde, dann würde ich lieber auf die Olympischen Spiele verzichten«, stellte der 33-Jährige klar. (dpa)