TÜBINGEN. An diesem Dienstag feiert Philipp Reinhart sein 100-Tage-Jubiläum als General Manager beim Basketball-Zweitligisten Tigers Tübingen. Der 34 Jahre alte gebürtige Unterfranke trat zum 1. September die Nachfolge von Jascha Maus an. Im GEA-Interview spricht Reinhart über seine bisherige Zeit bei den Raubkatzen und welche Schritte der Club in der Zukunft gehen will und muss.
GEA:Sie sind nun genau 100 Tage General Manager. Wie war die bisherige Zeit in erster Reihe der Tigers?
Philipp Reinhart: Das ist auf jeden Fall immer noch neu für mich. Man lernt jeden Tag dazu. Man lernt, über viele Sachen anders zu denken. Man hinterfragt sich auch immer wieder selbst: Ist das jetzt so richtig? Sollte ich das vielleicht doch anders machen? Man steht einfach mehr im Fokus. Im Zweifelsfall muss ich zusammen mit unseren Vorständen ja auch Entscheidungen treffen.
Was haben Sie seit September erreicht?
Reinhart: Ich bin dabei, mir einen guten Überblick zu verschaffen und habe aber auch schon gewisse Sachen angestoßen. Wir sind gerade dabei, unsere IT von einer Serverstruktur auf eine Cloud-basierte Struktur umzustellen - was uns mit Blick aufs mobile Arbeiten zukünftig eine große Erleichterung verschaffen wird. Auch wurden schon jetzt viele Gespräche hinsichtlich der kommenden Saisons geführt. Wir sind gerade im intensiven Austausch mit Ticketdienstleistern, weil wir in diesem Bereich auf jeden Fall weiter wachsen und fanfreundlicher sowie unternehmerfreundlicher werden wollen. Wir haben bislang zum Beispiel keinen Zugriff auf die Kundendaten und können deshalb nur schwierig mit ihnen in Kontakt treten. Ein wichtiger Punkt ist auch das Partnermanagement. Wir möchten unseren Partnern und Sponsoren das Gefühl geben, dass sie hier bei uns richtig gut betreut werden. Ansonsten haben wir viele Prozesse angestoßen, eben Dinge hinterfragt. Das ist nicht immer angenehm, aber einfach essentiell wichtig, wenn man weiterkommen will.
Zur Person
Philipp Reinhart wurde am 13. Februar 1990 in Würzburg geboren. Der studierte Sportökonom trat zum 1. September die Nachfolge von Jascha Maus als General Manager der ProBasket Tübingen AG an. Zuvor arbeitete der 34-Jährige bei den Würzburg Baskets in der Bundesliga. Zuletzt als Leiter Sponsoring sowie Assistent der Geschäftsführung. Davor war er Sales Manager beim Eishockey-Bundesligisten ERC Ingolstadt sowie beim Fußball-Drittligisten FC Ingolstadt 04. (ott)
Sind Sie beim Hinterfragen auf Widerstand gestoßen?
Reinhart: Nicht direkt. Zum Teil macht man sich mit manchen Fragen natürlich nicht unbedingt Freunde. Im Endeffekt geht es aber immer um die Sache und nur über Gespräche kommen wir weiter. In den Austausch treten und dabei dann auch ein bisschen für seine Sache Werbung zu machen. Es ist auf jeden Fall eine Aufgabe für mich als Neuen, die Leute mit ins Boot zu kriegen.
Nerven Sie gerne?
Reinhart: Ich nerve nicht gerne, aber ich nerve bestimmt. Es liegt in der Natur der Sache, dass man nicht gleich mit jedem im Einklang ist, wenn man nachfragt, Ideen in den Raum wirft, Ideen umsetzen will und manche Sachen einfach auch mal macht. Wichtig ist, dass man offen kommuniziert. Deswegen plädiere ich immer dafür, Feedback zu geben – mir und anderen auch. Wenn mir etwas nicht passt, dann spreche ich es an. Das erwarte ich von jedem hier. Ich bin einer, der dafür wirklich ein offenes Ohr hat.
»Aber wir müssen als Club auch weiter nach draußen in die Region. Wir dürfen nicht nur an Tübingen denken, sondern müssen das große Ganze sehen«
Wie gehen Sie mit dem sportlichen Bereich um?
Reinhart: Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich mich in den kernsportlichen Bereich nicht einmischen möchte. Aber natürlich habe ich mich zuletzt bei der Nachverpflichtung von Jay Nagle mit Coach Domenik Reinboth ausgetauscht. Wir tauschen uns immer mal wieder aus - aktuell noch sehr unregelmäßig und zum Teil auch nur so zwischen Tür und Angel, weil bei ihm der Schreibtisch voll ist und bei mir auch. Tatsächlich habe ich jedoch auch schon mit Spielern Gespräche geführt, weil mir das grundsätzlich wichtig ist. Also immer wieder mal reinhören. Dabei muss es gar nicht direkt ums Sportliche gehen, sondern einfach so mit ihnen zu sprechen: Was bewegt euch gerade? Wie ist eure Einschätzung? Ich glaube, das ist auch eine Art der Wertschätzung und das sind so Sachen, die mir grundsätzlich wichtig sind.
Ist die Universitätsstadt mit den vielen Studenten ein Vorteil für die Tigers?
Reinhart: Ich glaube schon. Aber wir müssen als Club auch weiter nach draußen in die Region. Wir dürfen nicht nur an Tübingen denken, sondern müssen das große Ganze sehen. Ich meine damit die Neckar-Alb-Region. Man merkt schließlich auch an den Heimspieltagen, dass die Autos von überall kommen. Ich glaube, dass in dieser spannenden und wirtschaftsstarken Region so extrem viel Potenzial steckt. Auch eben für die Förderung von Profisport. Wir müssen da noch mehr hinkommen, um uns noch mehr für weitere Partner und Sponsoren zu öffnen. Das ist ein großes Anliegen von mir.
»Man muss sich ambitionierte Ziele setzen und zurück in die Bundesliga wollen«
Wie sieht der sportliche Plan für die kommenden Jahre aus?
Reinhart: Egal, ob wir kommende Saison wieder in der Pro A oder in der Bundesliga spielen: Wir wollen und müssen beim Etat weiter zulegen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Unser Entwicklungsplan ist ähnlich wie der damalige Drei-Jahres-Plan unter meinem Vorgänger Jascha Maus und Headcoach Danny Jansson. Wir wollen in diesem Jahr die Play-offs erreichen und schauen, was möglich ist. Im zweiten Jahr wollen wir wieder in die Play-offs und dann auch wirklich eine sehr gute Rolle in der Meisterrunde spielen. Und spätestens im dritten Jahr ist die Bundesliga-Rückkehr das klare Ziel.
Das klingt ambitioniert.
Reinhart: Man muss sich ambitionierte Ziele setzen und zurück in die Bundesliga wollen. Gleichzeitig muss man auch die Region darauf aufmerksam machen, dass es nur zusammen mit dieser geht. Einerseits, weil wir auf die Zuschauer-Einnahmen angewiesen sind. Andererseits, weil wir natürlich auch die Gelder von den starken Unternehmen in der Region brauchen, um weiter wachsen zu können.
»Ein Namenssponsor ist im Basketball grundsätzlich eine der besten und attraktivsten Werbeflächen«
Was sind konkret die nächsten Schritte?
Reinhart: Wir sind in Gesprächen mit einer Vermarktungsagentur aus dem Raum Stuttgart. Wenn wir über diese Agentur mittransportiert werden würden, kommst du als Club nochmals an andere Unternehmen ran und wirst auch großflächig mittransportiert. Da geht es zum Beispiel auch um das Thema Namenssponsoring. Das Engagement können Firmen bei einem Club wie den Tigers Tübingen nochmal ganz anders aufziehen und es ist übrigens auch wesentlich kostengünstiger, als beispielsweise ein großflächiges Engagement bei einem Fußball-Bundesligisten, bei dem man dann auch nur einer von vielen ist. Dieser Ansatz ist auch für die Agentur superspannend. Eine Zusammenarbeit wird aber dennoch nur punktuell stattfinden. Kosten entstehen für uns auch nur, wenn etwas über sie bei uns eingebucht wird. Zudem werden wir im Vertriebsbereich weiterwachsen. Ab dem 1. Januar gibt es bei uns einen neuen Sales- & Account-Manager. Es kommt jemand von extern, der bereits im Basketball gearbeitet hat. Von dieser Verpflichtung erhoffe ich mir einiges, mit Blick auf strategische Dinge und gleichzeitig auch als Unterstützung für mich.
Stichwort Namenssponsor: Gibt es da einen Zeitplan?
Reinhart: Aus Erfahrung weiß ich, dass es bei den Würzburg Baskets zwei Jahre gedauert hat vom Erstkontakt bis zum Vollzug. Ein Datum festzulegen ist deshalb schwierig. Aber es steht schon weit oben auf der To-Do-Liste. Schließlich würde es für uns einige Sachen einfacher machen, wenn wir einen neuen Namensgeber finden. Der Etat würde um einiges nach oben gehen. Ein Namenssponsor ist im Basketball grundsätzlich eine der besten und attraktivsten Werbeflächen. Sowohl für den Verein als auch für den Sponsor. (GEA)