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»Ich bin einfach nur noch losgerannt« - Tigers Tübingen siegen in Last-Second-Drama

Der Basketball-Zweitligist Tigers Tübingen bezwingt die Nürnberg Falcons mit 79:77 (36:45). Dabei war es einfach nur völlig verrückt, was sich in der Schlussphase dieser Begegnung abspielte. Wer gegen alle Wahrscheinlichkeiten zum Matchwinner wurde.

Die Emotionen müssen raus: Das Tigers-Team feiert den Last-Second-Auswärtssieg in einer großen Jubeltraube.
Die Emotionen müssen raus: Das Tigers-Team feiert den Last-Second-Auswärtssieg in einer großen Jubeltraube. Foto: Duddek/ Eibner
Die Emotionen müssen raus: Das Tigers-Team feiert den Last-Second-Auswärtssieg in einer großen Jubeltraube.
Foto: Duddek/ Eibner

NÜRNBERG. Es war verrückt. Einfach nur völlig verrückt, was sich am späten Sonntagnachmittag in der Schlussphase des Zweitliga-Duells zwischen den Tigers Tübingen und den Nürnberg Falcons abspielte. Acht Sekunden vor dem Ende mussten die Neckarstädter, die sich etwas mehr als eine Minute zuvor noch auf der Siegerstraße wähnten, plötzlich mächtig zittern und bangen. Und vor allem hoffen. Hoffen darauf, dass Nürnbergs zweitbester Scorer Tim Köpple beim Stand von 77:76 für die Raubkatzen an der Freiwurflinie Nerven zeigt.

Ansonsten wäre die zweite Niederlage in Folge für das Team von Tübingens Headcoach Domenik Reinboth ziemlich sicher nur noch schwer zu verhindern gewesen. Schließlich gibt es deutlich wahrscheinlichere Dinge im Leben, als in dieser kurzen Zeit ohne eine noch mögliche Auszeit das gesamte Basketball-Parkett mit einer Länge von 28 Metern zu überbrücken, sich dann noch einen anständigen Wurf zu erspielen und diesen als letzte Amtshandlung auch noch zu versenken. So viel zur Theorie. Und was brachte die Praxis?

Alles war angerichtet für eine spannende Verlängerung

Nürnbergs Köpple setzte seinen zweiten Freiwurf tatsächlich daneben. Zwar entstand danach noch ein unübersichtliches Getümmel beim Kampf um den Rebound. Das Schiedsrichter-Trio entschied wenige Augenblicke später beim Stand von 77:77 aber schließlich auf Tübinger Ball. 5,6 Sekunden verbleibende Spielzeit zeigte die Hallenuhr noch an und auch die Kommentatoren bei sportdeutschland.tv vermittelten den Eindruck: Jetzt dürfen sich die Fans auf eine heiße und spannende Verlängerung freuen.

Dann schlug die große Stunde des bis dato in der Offensive blass gebliebenen Marvin Heckel, der im Sommer aus Koblenz zu den Raubkatzen wechselte. Zwei Pünktchen hatte der deutsche Aufbauspieler bis zu diesem Zeitpunkt gerade einmal erzielt. Und dennoch wurde der 27-Jährige gegen alle Wahrscheinlichkeiten zum umjubelten Matchwinner. Wieso ausgerechnet Heckel in dieser Situation die Verantwortung bekam? Das zeigte der 1,90 Meter große Point Guard mit einem Wahnsinns-Sprint eindrucksvoll. Der gebürtige Krefelder spurtete quer über das Feld vorbei an den eng verteidigenden Gegenspielern, zog mit großen Schritten in die Zone, schüttelte dabei Nürnbergs Topscorer Julius Wolf ab und brachte den Ball irgendwie mit seiner linken Hand im Korb unter, während gleichzeitig die Schlusssirene in der Nürnberger Kia Metropol Arena aufheulte.

Was der Matchwinner zu berichten hat

Die Falcons-Profis schlugen ungläubig die Hände hinter den Kopf zusammen, die Tigers-Mannschaft riss ihren Matchwinner zu Boden und feierte den Last-Second-Auswärtssieg in einer großen Jubeltraube. Eine Szene, die in jedem Jahresrückblick verewigt sein wird. »Wir hatten ein gewisses Play aufgezeichnet«, berichtete Heckel dem GEA. »Da aber nur noch wenige Sekunden zu spielen waren und es eine hitzige Phase war, habe ich nicht mehr viel nachgedacht. Als ich den Ball bekommen habe, bin ich einfach nur noch losgerannt und habe versucht, so schnell wie möglich zum Korb zu kommen. Irgendwie habe ich dann ein Weg durch die Menge gefunden«, erklärte der 27-Jährige seine verrückte und spielentscheidende Aktion.

Nach einer besorgniserregenden erste Hälfte, in der die Tübinger im Angriff nahtlos an den schwachen Auftritt aus der Vorwoche gegen Münster anknüpften, war nicht davon auszugehen, dass die Tigers eine realistische Chance haben würden, in dieser Begegnung als Sieger vom Feld zu gehen.

Sieben Ballgewinne im dritten Viertel

Wieder war es ein extrem uninspirierter Auftritt in der Offensive. Gerade einmal fünf Vorlagen bis zur Halbzeitpause sprechen eine deutliche Sprache. Ein komplett anderes Gesicht zeigten die Gäste dann aber im zweiten Durchgang. Zwar lief im Angriff nach wie vor nicht ein Rädchen ins andere. Allerdings sorgten sage und schreibe sieben Ballgewinne im dritten Viertel dafür, dass die Tigers im Angriff immer wieder zu einfachen Punkten aus dem Schnellangriff kamen. So komisch es klingen mag: Über eine bärenstarke und knallharte Verteidigung starteten die Tübinger einen 18:6-Lauf, der sie wieder in die Pole-Position katapultierte. Dann kam Marvin Heckel. Und der Wahnsinn nahm seinen freien Lauf. (GEA)