ROM. Hinterherlaufen ist überhaupt nicht sein Ding. Das stellte der Tübinger Hindernisläufer nach seinem grandiosen 3.000-Meter-Hindernis-Rennen bei der Europameisterschaft in Rom am Montagabend selbst fest, nachdem er die Bronzemedaille nur um 67 Hundertstel und die Olympia-Norm um acht Hundertstel verpasst hatte. »Ich muss es einfach lernen, hinterherzulaufen und dicht am Hindernis zu sein, um nicht meine ganze Kraft zu verschwenden«, sagte der 27-Jährige mit Blick auf seine technischen Schwächen im Pulk. Denn klar wurde auch: Bekommt Ruppert letztere in den Griff, ist in Zukunft sehr viel möglich.
Trotz des fehlerbehafteten Rennens demonstrierte der unter seiner neuen Trainerin Isabelle Baumann wiedererstarkte LAV-Athlet, was in ihm steckt. Bei seinem ersten EM-Auftritt rannte er in 8:15,08 Minuten neue persönliche Bestzeit. »Das zeigt, wie stark er wirklich ist«, freute sich Baumann, die allerdings »viele weite Wege« und eine »schlechte Hindernisüberquerung« zu monieren hatte und genau wie Ruppert im Gefühlschaos steckte. »Klar ist es die Holzmedaille, aber ich bin trotzdem zufrieden«, gab der Wahl-Tübinger zu Protokoll. Sprach mit seiner direkten und offenen Art aber nicht um den heißen Brei. Zunächst beglückwünschte er Karl Bebendorf, der ihm Bronze vor der Nase weggeschnappt hatte und erklärte dann: »Nichtsdestotrotz ist man sich selbst am nächsten und ich hätte natürlich auch gerne eine Medaille mitgenommen.«
Selbstreflektiert und ehrgeizig
Versöhnlich dürfte ihn stimmen, dass er sich über das World-Ranking für Olympia qualifizieren dürfte. »Wenn ich dabei bin, ist das Ziel schon, ins Finale zu kommen«, sagt Ruppert geradlinig heraus. Isabelle Baumann traut das ihrem Musterschüler zu. »Er kann noch so viel mehr«, ist sie überzeugt. Ruppert bringt alles mit, was ein Spitzenathlet braucht. Ist ehrgeizig, selbstreflektiert und extrem diszipliniert. Der sportliche Erfolg steht über allem.
Ein Interview, das der GEA Anfang des Jahres mit Ruppert direkt nach einem Wettkampf führen wollte, musste erst mal warten. Denn Ruppert hatte anderes im Kopf. Training. »Ich muss noch mal laufen gehen«, sagte er. »Passt es auch noch später?«
Nach Jahren, die von Verletzungen und wechselhaften Leistungen geprägt waren, ist Ruppert unter der Bundestrainerin Langstrecke aus der Neckarstadt wieder auf dem Vormarsch und schwärmt in den höchsten Tönen. »Sie hat enorm viel Stabilität reingebracht und mich psychisch gefestigt.« Baumann mit ihrer großen Expertise sei eine »enorme Stütze«. Dies lobt auch der Düsseldorfer Maximilian Thorwirth, der zur Tübinger Trainingsgruppe gehört. »Wenn Isabelle sagt, du kannst das, dann kannst du dir sicher sein, dass du das auch kannst.«
Chance in Paris wird kommen
Und Baumann sagt über Ruppert: "Ich bin mir sicher, dass er noch deutlich schneller laufen kann." Und: "Ich freue mich, dass unser Weg so gut stimmt, wir arbeiten ja erst seit Oktober zusammen. "Ich glaube fest, dass er seine Chance in Paris bekommen wird." Was ihr Schützling noch besser machen muss? "Er kann so viel. Aber er muss daran glauben." Generell sei der Sport viel mehr Kopfsache als die meisten Menschen glauben, meint Baumann. "Es ist so einfach. Man muss einfach den Kopf ausschalten und rennen." Arbeitet das neue Duo weiter so konzentriert zusammen wie bisher, ist vieles möglich. In Rom hat sich gezeigt: Ruppert ist ein Mann für die große Bühne. (GEA)