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Aktuell Interview

Was ist los mit dem VfL Pfullingen? Der Sportliche Leiter liefert Antworten

Erst vier Pünktchen nach zehn Spielen und bereits acht Niederlagen in Folge. Was ist nur los mit dem Verbandsligisten VfL Pfullingen? Jan Herrmann, Sportlicher Leiter bei den Echazstädtern, schätzt die Negativserie ein und spricht über Grundsätzliches.

Ein Mann der klaren Worte: Pfullingens Sportlicher Leiter Jan Herrmann.
Ein Mann der klaren Worte: Pfullingens Sportlicher Leiter Jan Herrmann. Foto: Verein
Ein Mann der klaren Worte: Pfullingens Sportlicher Leiter Jan Herrmann.
Foto: Verein

PFULLINGEN. Erst vier Pünktchen nach zehn Spielen und acht Niederlagen in Folge. Es stellt sich die Frage: Was ist nur los mit dem Verbandsligisten VfL Pfullingen? Jan Herrmann, seines Zeichens Sportlicher Leiter, liefert vor dem Heimspiel am Samstag gegen Aufsteiger VfR Heilbronn (14.30 Uhr) im GEA-Interview die Antworten.

GEA:Nur vier Punkte nach zehn Spielen und zuletzt gleich acht Niederlagen in Folge. Was ist nur los mit dem VfL Pfullingen?
Jan Herrmann: Uns war allen von Beginn an klar, dass die Qualität nach den Abgängen im Sommer nicht mehr so hoch ist wie im vergangenen Jahr. Man muss allerdings auch betonen, dass wir viele Spiele nicht aufgrund mangelnder Qualität, sondern vielmehr wegen fehlender Erfahrung verloren haben. Wir haben mehrfach ordentlich Lehrgeld bezahlt. Dann gab es jedoch auch Begegnungen wie gegen Oberensingen, ab dem Gegentor im Derby gegen die TSG Tübingen oder am Sonntag im extrem wegweisenden Duell bei der TSG Balingen II, in denen wir komplett unterlegen waren. Es ist inzwischen auch ein Kopfproblem. Was uns allen jedoch ganz klar bewusst ist: Die Tabelle lügt nicht. Wir brauchen ganz, ganz dringend einen Turnaround.

Reicht die Qualität schlichtweg nicht aus?
Herrmann: Die Qualität in Sachen Erfahrung und Abgezocktheit ist natürlich nicht in dem Maße gegeben, wenn man wie wir mit fünf Spielern in eine Saison geht, die vergangene Saison noch in der U 19 waren. Da wird es auf diesem Niveau ein Stück weit eng. Ich will deshalb auch niemand einen Vorwurf machen. Denn Erfahrung kann man nicht trainieren. Zudem kommt, dass auch die erfahreneren Spieler irgendwann nicht mehr ihre Normal-Leistung auf den Platz gebracht haben. Wir wollen definitiv keine Ausreden suchen, aber zur ganzen Wahrheit gehört ebenso, dass wir mit einigen Verletzungsproblemen seit Saisonbeginn zu kämpfen haben. So fällt mit Timo Krauß zum Beispiel ein erfahrener Akteur noch das gesamte Jahr 2024 aus, den wir als Schlüsselspieler im Mittelfeldzentrum eingeplant hatten.

Zur Person

Jan Herrmann wurde am 17. Mai 1991 geboren. Der zweifache Familienvater spielte in der Jugend für die SG Lichtenstein und den VfL Pfullingen. Im Aktivenbereich lief der 33-Jährige für die zweite Mannschaft der Echazstädter, dem TSV Holzelfingen und FC Engstingen auf. In der Saison 2021/22 bildete der in Engstingen wohnende Herrmann gemeinsam mit Patrick Weiland das Trainerduo bei der Pfullinger U 23 in der Bezirksliga. Seit dem 1. Januar 2023 ist er offiziell Sportlicher Leiter des VfL. (ott)

Spielt der VfL auch in der kommenden Saison in der Verbandsliga?
Herrmann: Die fußballerische Qualität dazu ist definitiv vorhanden. Aber bei uns muss grundsätzlich in jeder Saison extrem viel zusammenpassen. Wir müssen immer mehr tun als andere Mannschaften. Die Jungs brauchen einen Befreiungsschlag, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich glaube fest daran, dass wir mit einem Erfolgserlebnis die Stimmung auch wieder ins Positive kippen können. Auch im Umfeld des Vereins.

Das ist ein gutes Stichwort. Man hat das Gefühl, dass viele es mittlerweile als eine Selbstverständlichkeit ansehen, dass der VfL Pfullingen im württembergischen Oberhaus um Punkte kämpft.
Herrmann: Ja, absolut. Ich beobachte die Reaktionen während und die Aussagen nach den Partien. Kritik ist gut und muss auch sein. Aber alle sollten sich vor Augen führen, dass Verbandsliga-Fußball in Pfullingen derzeit unter diesen Voraussetzungen keine Selbstverständlichkeit ist. Wir brauchen in jedem Jahr die vollen 100 Prozent. Und zwar mit allem Drum und Dran. Ansonsten wird es für uns nicht reichen. Da wünsche ich mir manchmal ein bisschen mehr Verständnis.

»Man kann nicht sagen: Wir bauen auf die eigene Jugend, sollen aber plötzlich Fünfter werden. Diese Gleichung kann nicht aufgehen «

Was meinen Sie genau damit?
Herrmann: Man kann nicht sagen: Wir bauen auf die eigene Jugend, sollen aber plötzlich Fünfter werden. Diese Gleichung kann nicht aufgehen. Dementsprechend sollte man den Spielern auf dem Feld von außen mehr helfen. Der VfL Pfullingen kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle mitmachen.

Warum ist es keine Selbstverständlichkeit, dass der VfL in der Verbandsliga vertreten ist?
Herrmann: Es ist Fakt, dass wir der finanziell mit am schwächsten aufgestellte Verein in der Liga sind. Wir können Spieler nur nach Pfullingen holen, wenn sie eine Perspektive für eine Entwicklung haben, um dann irgendwann weiterzuziehen. Der VfL wird sich keinen Spieler leisten können, der 28 Jahre alt ist, schon höherklassig Erfahrung hat und uns von 0 auf 100 weiterbringt. Das wiederum können viele andere Mannschaften in der Verbandsliga. Wir hingegen können nur diesen Weg mit Eigengewächsen, jungen Spielern oder Akteuren aus unterklassigen Ligen gehen. Und da ist immer auch ein Stück weit Glück nötig und vor allem Zeit gefragt. Deshalb werde ich mich auch ununterbrochen vor die Mannschaft und insbesondere die jungen Spieler stellen. Aus meiner Sicht haben wir es als Verein in den vergangenen Jahren verpasst, im Hintergrund die Strukturen dahingehend so anzupassen, dass wir da zumindest im Ansatz mittel- bis langfristig konkurrenzfähig sein können.

»Klar ist jedoch: Die Luft wird von Spieltag zu Spieltag dünner, an dem wir nicht punkten«

Muss man, wenn man unter diesen finanziellen Rahmenbedingungen arbeitet, einen Abstieg nicht auch mal in Kauf nehmen?
Herrmann: Wir müssen in jedem Jahr damit rechnen, dass es uns treffen kann. Kaum eine Mannschaft in dieser Liga ist davor sicher. Wenn man sich dann unsere im Vergleich zu anderen direkten Konkurrenten deutlich geringeren Mittel und Möglichkeiten anschaut, dann ist es nur logisch, dass wir in beide Richtungen planen müssen. Alles andere wäre fahrlässig und würde nicht der Realität entsprechen. Ein Abstieg wäre deshalb kein Beinbruch.

Der VfL ist abgeschlagenes Tabellenschlusslicht. Liegt darin nicht auch eine Chance, dass viele Mannschaften einen womöglich schon abgeschrieben haben?
Herrmann: Das kann sein. Vielleicht nehmen uns einige der kommenden Gegner auf die leichte Schulter. Klar ist jedoch: Die Luft wird von Spieltag zu Spieltag dünner, an dem wir nicht punkten. (GEA)