REUTLINGEN. Ende Dezember hatte ein Erdbeben der Stärke 6,4 in Kroatien die Region südöstlich von Zagreb verwüstet. Sieben Menschen kamen ums Leben. Seither gab es mehrere Nachbeben. Bis heute wird die Region immer wieder aufs Neue erschüttert. Die kroatischen Hilfskräfte und Einwohner riefen nach Hilfe aus dem Ausland. Die kommt nun auch aus der Region Reutlingen/Tübingen. Der Kreisfeuerwehrverband Tübingen etwa unterstützt das Krisengebiet mit Sachspenden und Lebensmitteln. Auch die Fußballer des Bezirksligisten SV Croatia Reutlingen starteten kurz nach dem Beben eine Spenden-Aktion. Der Club sammelte ebenfalls Hilfsgüter, die vor einer Woche in das Krisengebiet gefahren wurden.
Im bis zum Dach mit Sachspenden gefüllten Sprinter saß neben zwei Vereinsmitgliedern auch Spieler Andria Petrovic. »Ich war erschüttert, als ich die Bilder der Katastrophe gesehen habe. Für mich war es selbstverständlich, dass ich helfen muss«, sagt der 29-Jährige, der in Bosnien und Herzegowina nahe der kroatischen Grenze aufgewachsen ist und vor drei Jahren nach Deutschland und zu Croatia gekommen ist. Angesteuert hat das Trio nach 900 Kilometern und zehn Stunden Fahrt die besonders vom Beben betroffenen Kleinstädte Sisak, Petrinja und Glina. »Die Zustände waren chaotisch«, erzählt Petrovic von seinen Eindrücken des Zwei-Tages-Trips - länger durften er und seine zwei Begleiter nicht bleiben, ohne einen Corona-Test zu machen. »Viele Menschen schlafen in Autos, weil ihre Häuser zerstört sind. Aber sie haben kein Geld für Benzin, um die Heizung laufen zu lassen«, sagt der 29-Jährige. »Es nimmt einen sehr mit, wenn man diese große Katastrophe mit eigenen Augen sieht. Manchen Leuten haben wir dann etwas Geld in die Hand gedrückt, damit sie sich ein bisschen Benzin leisten können.«
Der Hilfstrupp aus Reutlingen habe zuerst eine Familie mit sechs Kindern angesteuert, erzählt Petrovic. »Die Mutter hat geweint und uns mit zitternder Stimme erzählt, dass ihr Haus komplett zerstört wurde und nicht mehr bewohnbar ist.« Petrovic berichtet aber auch, dass die Frau gerührt darüber gewesen sei, dass man ihr Kleidung, Decken und Hygieneartikel gebracht habe. Generell sei die internationale Hilfsbereitschaft sehr groß, hat Petrovic vor Ort festgestellt. Ihre restlichen Hilfsgüter brachten die Reutlinger in einer der Lagerhallen, in denen die Spenden gesammelt und verteilt werden: »Die Halle ist fast übergelaufen vor lauter Hilfsgüter. Der Bedarf an den wesentlichen Dingen wie Essen, Klamotten und Decken ist gedeckt.«
Spenden-Aktion SV Croatia Reutlingen
Wer die Spenden-Aktion des SV Croatia Reutlingen zugunsten der Erdbeben-Opfer in Kroatien unterstützen will, kann dies mit einer Überweisung auf dem Online-Bezahldienst PayPal tun: https://paypal.me/pools/c/8vCZA59l0q. Die Aktion läuft noch bis Mittwochabend, 13. Januar.
Trotzdem sei die Situation der Erdbeben-Opfer sehr problematisch, mahnt Petrovic: »In Kroatien haben die wenigsten Menschen ihre Häuser versichert. Die Leute bleiben auf den Kosten sitzen, sie sind auf staatliche Finanz-Hilfen und Spenden angewiesen. Deswegen ist es wichtig, dass auch jetzt noch Geld gespendet wird.«
Das kann unter anderem auch direkt bei den Fußballern des SV Croatia Reutlingen gemacht werden. 21.752,51 Euro sind bislang (Stand Montag, 17 Uhr) auf dem Spenden-Konto des Online-Bezahldienstes PayPal zusammengekommen. Hinzu kommen »5.850 Euro und 100 Dollar« die als Bargeld-Zahlung direkt an den Bezirksligisten geflossen sind, erzählt Trainer Ante Dominikovic, der einer der Koordinatoren der Spenden-Aktion ist. Gespendet haben auch viele Fußball-Vereine. »Croatia Gammertingen hat alleine 1.000 Euro überwiesen«, sagt Dominikovic. Aber auch etwa die Kicker vom VfL Pfullingen und SV Zainingen haben Geld aus ihrer Mannschaftskasse zur Verfügung gestellt.
»Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, dass das ganze so ein Ausmaß annehmen könnte. Die Hilfsbereitschaft in der Region Reutlingen, Tübingen und Metzingen ist überragend«, freut sich Dominikovic. »Wir haben anfangs vielleicht auf etwa 5.000 Euro gehofft.« Nun haben sich die Fußballer von Croatia das Ziel gesetzt, die Marke von 30.000 Euro zu knacken, die für den Wiederaufbau der zerstörten Häuser genutzt werden sollen. Die Spenden-Aktion läuft noch bis Mittwoch. »Danach werden wir uns zusammensetzen und beraten, wie wir das Geld konkret am sinnvollsten einsetzen.« (GEA)