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Aktuell Gesprächsrunde

Fußball-Profi - und danach? Ex-Bundesliga-Spieler Schipplock erzählt

Ex-Fußball-Profi Sven Schipplock und Otmar Rösch, Athletik- und Reha-Trainer bei der TSG Hoffenheim, plauderten bei einer Veranstaltung der Volkshochschule Reutlingen aus dem Nähkästchen.

Otmar Rösch (links) und Sven Schipplock im Gespräch mit Irene Karki von der VHS Reutlingen.
Otmar Rösch (links) und Sven Schipplock im Gespräch mit Irene Karki von der VHS Reutlingen. Foto: Frank Pieth
Otmar Rösch (links) und Sven Schipplock im Gespräch mit Irene Karki von der VHS Reutlingen.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. »Das Profi-Geschäft ist dreckig«, sagt Sven Schipplock. Er wolle in der Fußball-Branche »nicht bei Null anfangen und mich hochdienen«, betont der in Reutlingen wohnende ehemalige Bundesligaspieler im Rahmen einer von Irene Karki moderierten Gesprächsrunde bei der Volkshochschule (VHS) Reutlingen. Eine Trainer-Laufbahn von der Pike auf kommt für ihn zumindest derzeit nicht in Frage.

Schipplock beendete im Juli 2023 seine Karriere. Und befindet sich seitdem im Zwiespalt: 15 Jahre bewegte er sich in der Fußball-Szene. »Ich kannte nichts anderes.« Mittlerweile stellt Schipplock knallhart fest: »Man fällt ein bisschen in ein Loch.« Als Profi sei er immer diszipliniert gewesen, habe seine Ziele fokussiert verfolgt. »Heute fehlt oft der Antrieb«, gibt der 35-Jährige zu. »Ich dachte, der Übergang ist leichter.« Schipplock hat nach wie vor im Hinterkopf, »eventuell eine eigene Fußballschule zu gründen«.

»Man fällt ein bisschen in ein Loch«

Der in Reutlingen geborene und in Honau aufgewachsene Schipplock spielte in der Jugend für den FC Engstingen, SSV Reutlingen, TSV Sondelfingen und VfL Pfullingen. Zwischen 2010 und 2021 lief der Stürmer in der Bundesliga für fünf Vereine auf: VfB Stuttgart, TSG Hoffenheim, Hamburger SV, Darmstadt 98 und Arminia Bielefeld.

»Ich war für jedes Bundesligaspiel dankbar«

»Der Teamgeist ist im Fußball sehr wichtig«, blickt Schipplock zurück. Während seiner Hoffenheimer Zeit, seiner besten als Profi, sei es normal gewesen, mit Teamkollegen auch mal zum Abendessen zu gehen. »Bei meinen anderen Stationen war das nicht mehr so der Fall.« Dass er den Sprung in die 1. Liga geschafft habe, sei »etwas Außergewöhnliches, ich war für jedes Spiel dankbar«. Schipplock, der während seiner Regionalliga-Zeit beim SSV Reutlingen eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolvierte, weiß es noch heute zu schätzen, dass er in seiner Laufbahn an manchen Wegkreuzungen auch Glück hatte.

Schipplock erinnert sich an den Sommer 2007, als er nach seiner A-Jugendzeit beim SSV Reutlingen vor dem Absprung zur TSG Balingen stand. Beim SSV hätte er in der Zweiten spielen sollen, kämpfte sich dann aber ins Team, erzielte viele Tore - und ein halbes Jahr später hatte er die Qual der Wahl: »Vor Weihnachten hatte ich fünf Angebote aus der Bundesliga und acht aus der 2. Liga.« Der Wechsel zum 1. FC Nürnberg war schon fast eingetütet, ehe er in einem Testspiel an der Kreuzeiche gegen den VfB Stuttgart auftrumpfte. »Ich saß freitags in Reutlingen im Restaurant Lichtenstein mit meinen Teamkollegen des SSV und wollte zur zweiten Trainingseinheit, als mich mein Papa abholte.« Papa Markus fuhr mit Filius Sven nach Bad Cannstatt. Dort unterschrieb der Angreifer einen Profi-Vertrag. »Ich bin am nächsten Tag mit Mario Gomez zum Mittagessen gegangen, das war wie im Film«, erzählt Schipplock.

»Während meiner Zeit beim HSV hat mir ein Mentaltrainer geholfen«

Sein Wechsel zum Hamburger SV sei »ein drastischer Einschnitt« in seiner Laufbahn gewesen, so Schipplock. Ihm sei es danach nie mehr gelungen, »so unbeschwert, so unbekümmert« aufzuspielen wie zu seinen Hoffenheimer Zeiten. In Hamburg stand er medial häufig in der Kritik. In jener Phase habe ihm »ein Mentaltrainer geholfen«.

Otmar Rösch hatte Schipplock während seiner Zeit als Co-Trainer beim SSV Reutlingen unter seinen Fittichen. Der in Feldstetten groß gewordene Rösch kam über die Stationen TSV Blaubeuren und SV Zainingen 1985 zum SSV Reutlingen. Ein Jahr später wechselte er zum Zweitligisten SSV Ulm 1846, ehe er wieder in die Achalmstadt zurückkehrte. Bis zu seinem Karriereende 1991 feierte er zahlreiche Erfolge mit dem SSV. Am Tag des Gesprächs bei der VHS habe er eine Nachricht von dem in Talheim wohnenden Rainer Klein, dem famosen SSV-Statistiker früherer Tage, erhalten. Der Text: »Exakt vor 35 Jahren gewannen wir das Entscheidungsspiel um die Oberliga-Meisterschaft in Heilbronn gegen den 1. FC Pforzheim mit 3:1.« Rösch las es mit Erstaunen und Interesse. Und freute sich noch Stunden später: »Ein tolles Ereignis.« Die Mannschaft von damals treffe sich nach wie vor regelmäßig.

»Der SSV Reutlingen ist meine fußballerische Heimat«

Im Jahr 2005 kehrte Rösch als Co-Trainer von Peter Starzmann zum SSV (»meine fußballerische Heimat«) zurück. Ein Jahr später durfte der Oberliga-Titelgewinn gefeiert werden. 2008 ging Rösch als Assistent von Markus Gisdol zum SSV Ulm 1846, später mit Gisdol zur TSG Hoffenheim. Seit 2009 arbeitet der mittlerweile 62-Jährige für die Kraichgauer - als Co-Trainer, Athletik-Trainer und Reha-Trainer. Im Herbst vergangenen Jahres fiel beim Hoffenheimer Frauen-Bundesliga-Team der Athletik-Trainer aus. Der in Heidelberg wohnende Rösch sprang interimsmäßig in die Bresche. »Es hat gut funktioniert und macht Spaß.« Rösch ist nach wie vor bei den Frauen tätig.

»Bei Hoeneß habe ich gewettet, dass er beim VfB grandios scheitern wird«

Rösch hat mit berühmten Übungsleitern viel erlebt. Zu Huub Stevens habe er »etwas Abstand gehalten«. Der »Knurrbär« aus den Niederlanden habe Spieler angeschrien, »er hatte keinen Plan. Bei ihm wusste man nicht mal, ob und wann am nächsten Tag Training ist«. Erstaunlich: Bei Sebastian Hoeneß habe er »gewettet, dass er in Stuttgart grandios scheitern wird«. Hoeneß habe sich aber gegenüber seiner Hoffenheimer Zeit weiterentwickelt. Rösch: »Wenn ich Interviews von ihm während seiner Tätigkeit bei Hoffenheim und jetzt beim VfB sehe, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht.« Als Hoffenheim-Coach habe Hoeneß bei Interviews »immer den Fluchtblick gehabt und hat sich häufig wiederholt. Er hat an sich gearbeitet«. Julian Nagelsmann sei »ein besonderer Trainer. Er hat eine Idee vom Fußball.« Der heutige Bundestrainer habe während der Übungseinheiten »immer alle Spieler im Auge, manchmal macht er fast zu viel«, so Rösch.

Und was sagen Schipplock und Rösch zum in der Oberliga vor dem Absturz in die Verbandsliga stehenden SSV Reutlingen? »Ein Abstieg wäre eine Katastrophe«, sind sich beide einig. (GEA)