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Zwei neue öffentliche Toiletten für Reutlingen entstehen

Vandalismus und Verschmutzung machen den städtischen Mitarbeitern in den öffentlichen Toilettenanlagen zu schaffen. Reutlingen erhält zwei moderne neue Klos am Regionalen Omnibusbahnhof und am Albtorplatz.

Burcin Güner (links) und Daniel Lehr, die beiden Leiter der Stadtreinigung bei den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen, im T
Burcin Güner (links) und Daniel Lehr, die beiden Leiter der Stadtreinigung bei den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen, im Technikraum der Toilettenanlage Pomologie. Foto: Stephan Zenke
Burcin Güner (links) und Daniel Lehr, die beiden Leiter der Stadtreinigung bei den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen, im Technikraum der Toilettenanlage Pomologie.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Demnächst werden zwei neue öffentliche Toilettenanlagen von der Stadt gebaut: am Regionalen Omnibusbahnhof (ROB) sowie am Albtorplatz. Wer diese stillen Örtchen in Zukunft betritt, dürfte ziemlich erstaunt über die Arbeit und den Aufwand sein, die hinter dem Neubau und Betrieb solcher Bedürfnisanstalten stecken.

Anmutung und Ausstattung der beiden Neubauten lassen sich am ehesten mit der bestehenden Toilettenanlage auf der Pomologie vergleichen. Hier steht seit einigen Jahren »eine Dreiraum-Anlage für den öffentlichen Raum: Unisex-Toilette, Pissoir sowie barrierefreie Toilette«, wie Burcin Güner und sein Kollege Daniel Lehr als Leiter der Stadtreinigung bei den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen (TBR) erklären. Die beiden Männer gehören zu denen, die jeden Tag nach den öffentlichen Toilettenanlagen schauen und die sich mit der bemerkenswerten Technik der stillen Örtchen auskennen.

Die Toilettenkonzeption der Stadt Reutlingen

Die »Toilettenkonzeption der Stadt Reutlingen«, die bereits 2015 vom Gemeinderat beschlossen worden ist, beschreibt auf 26 Seiten die Lage der stillen Örtchen sowie die Planungen für die Zukunft. Enthalten ist auch eine Untersuchung durch Studenten der Hochschule Reutlingen, die sich Gedanken um ein »Konzept öffentlicher Toiletten« gemacht haben. Damals wurde festgestellt, dass Zustand und Zahl der stillen Örtchen den dringenden Bedürfnissen von Bürgern und Besuchern nicht gerecht werden. Das bis heute auf der Website der Stadt (Bereich Rathaus, Kommunalpolitik, Gemeinderat online) im Ratsinformationssystem unter dem Suchbegriff Toilettenkonzeption zu findende Dokument ist deswegen so spannend, weil es mehrere Tatsachen dokumentiert.
Zunächst könnte Reutlingen viel mehr öffentliche Toiletten haben. Die Konzeption listet stille Örtchen etwa in Parkhäusern auf, die längst geschlossen werden mussten. Teils wegen starker Sanierungsbedürftigkeit, teils durch krassen Missbrauch, etwa durch Drogenabhängige. Vor allem aber ist der Grund für hohe Kosten und Schließungen bereits seit Jahren besonders ärgerlich: Vandalismus, Vermüllung, mutwillige Beschädigung der öffentlichen Toilettenanlagen haben immer wieder deren Betrieb belastet oder unmöglich gemacht. (zen)

Der rote Kasten mit Walmdach und Pfanneneindeckung auf der Pomologie bei der Pit-Pat-Anlage ist eine robuste Betonkonstruktion in »vandalismushemmender Bauweise«. Die Fassade ist aus bruchfestem Spezialglas, von dem Schmierereien sich leichter als von anderen Oberflächen entfernen lassen. Sichtbar ist äußerlich noch der Münzer mit einem bargeldlosen Bezahlsystem.

»Was wir in den Toiletten sehen, ist manchmal schlimm«

Das Urinal des »City-WCs« glänzt in mattem Edelstahl. Der WC-Topf, umgangssprachlich als Toilettenschüssel bekannt, ist ebenfalls aus diesem hochwertigen Metall. Die Sitzbrille besteht aus einem »Mineralwerkstoff«. Nach jeder Nutzung und dem Verlassen der Toilette wird der WC-Sitz automatisch in einer Reinigungskammer im Technikraum gereinigt, desinfiziert und getrocknet. Auch ein Technikraum gehört dazu. Güner und Lehr öffnen die Türe dazu auf der Rückseite. Zu sehen sind allerlei Rohre und Aggregate. Die Beseitigung von kleinen und großen Geschäften sind heutzutage technische Herausforderungen. Das erklärt auch die veranschlagten Kosten für beiden neuen Toilettenanlagen in Höhe von knapp 630.000 Euro. Mit den Arbeiten wird Anfang nächsten Jahres begonnen. Die TBR rechnen mit Fertigstellung der beiden Anlagen bis spätestens Juni 2025.

Automatisch wird die Sitzbrille gereinigt, desinfiziert und getrocknet.
Automatisch wird die Sitzbrille gereinigt, desinfiziert und getrocknet. Foto: Stephan Zenke
Automatisch wird die Sitzbrille gereinigt, desinfiziert und getrocknet.
Foto: Stephan Zenke
Münzer mit bargeldlosem Bezahlsystem der Toilettenanlage im Bürgerpark.
Münzer mit bargeldlosem Bezahlsystem der Toilettenanlage im Bürgerpark. Foto: Stephan Zenke
Münzer mit bargeldlosem Bezahlsystem der Toilettenanlage im Bürgerpark.
Foto: Stephan Zenke

Eine Toilettenkonzeption für die Stadt Reutlingen hat der Gemeinderat am 23. Juli 2015 beschlossen. Dieses Dokument erzählt eine Geschichte, die in Teilen wenig appetitlich ist. Zum Standort Regionaler Omnibusbahnhof stellt die Konzeption fest, dass hier 1986 eine Automatiktoilette erbaut wurde. »Die Anlage ersetzt die weggefallenen Bahnhofstoiletten, nachdem Verhandlungen mit der Bahn über eine von der Stadt geplante, gebaute und betriebene Toilettenanlage im Bahnhof gescheitert waren. Die Kosten betrugen damals 148.500 DM. Die Anlage wurde aufgrund technischer Mängel 2008 geschlossen und 2012 nach einer Mindest-Sanierung wieder geöffnet«. Festgestellt wird vor neun Jahren, dass dieses Örtchen fast drei Jahrzehnte alt und nicht mehr wirtschaftlich sanierbar sei. Deswegen werde dort als Provisorium ein Container aufgebaut.

Das stille Örtchen auf der Pomologie steckt voller Technik.
Das stille Örtchen auf der Pomologie steckt voller Technik. Foto: Stephan Zenke
Das stille Örtchen auf der Pomologie steckt voller Technik.
Foto: Stephan Zenke

Auch am Albtorplatz ist bereits 2015 die WC-Lage nicht so, wie sich das die Stadt wünscht. Hier steht eine Vollautomatiktoilette, die in den 90er-Jahren mal der letzte Schick aus Frankreich gewesen ist, mittlerweile ist auch sie in die Jahre gekommen. »Die Vollautomatiktoiletten sind bis zu 25 Jahre alt, was an vielen Abnutzungserscheinungen erkennbar ist und beim Benutzer schon optisch ein ungutes Gefühl hinterlässt«, heißt es dazu auf Seite 10 der Toilettenkonzeption. Bemerkenswert ist die Feststellung, dass die Besucher der Häuschen mit geriffelter Fassade ein falsches Verständnis von Vollautomatik haben: »Entgegen der Meinung vieler Passanten bezieht sich die Vollautomatik nur auf das Reinigen der Sitzbrille. Dies erklärt wahrscheinlich auch, weshalb fast immer Toilettenpapier und andere Verschmutzungen auf dem Boden aufzufinden sind.« Jetzt kommt hier auch eine moderne Anlage hin. Im Prinzip wie das Modell auf der Pomologie, nur eine Nummer kleiner.

»Bis auf wenige Vandalen werden die Toiletten normal benutzt«

Für die Technischen Betriebsdienste bleibt die Überwachung und Pflege der öffentlichen stillen Örtchen sowohl Dauer-Aufgabe als auch Dauer-Ärgernis. »Bis auf wenige Vandalen werden die Toiletten normal benutzt«, sagt Güner. Aber die Zerstörungswut und Rücksichtslosigkeit dieser Minderheit sorgt für gewaltige Schäden und Kosten. Reinigung und Strom sowie Verbrauchsmittel summieren sich auf etwa 15.000 Euro pro Jahr, der Vandalismus kostet 3.000 Euro pro Anlage und Jahr. »Was wir in den Toiletten sehen, ist manchmal schlimm«, erzählen Güner und Lehr gemeinsam. An erster Stelle üble Schmierereien an den Außenwänden sowie im Innenraum. Dazu eingetretene Fliesen, abgerissene Haltegriffe oder mutwillige Beschädigungen der automatischen Sitzbrillenreinigung. Die Täter müssen mit roher Gewalt auf die Brille eingetreten haben, während sie auf ihrer soliden Schiene nach hinten gefahren wird. Das verkraftet selbst die robusteste Technik nicht, weswegen die Anlage anschließend automatisch wegen einer Störung schließt. Immer wieder müssen die Kontrolleure der TBR oder die von ihr beauftragte Reinigungsfirma auch vorsätzliche Verstopfungen beseitigen.

»Manche werfen Windeln rein«, klagt Güner. »Einen Turnschuh habe ich auch schon rausgezogen«, ergänzt Lehr. Gelegentlich ist eine Klokabine auch mit dem beschmiert, was eigentlich in die Kanalisation gespült werden sollte, dann wird ein Extra-Einsatz der Reinigungskräfte nötig. »Bei einer Sonderreinigung braucht man einen stabilen Magen«, macht Güner klar.

Angesichts der Betriebskosten und des Vandalismus sind die 50 Cent Benutzungsgebühr ein symbolischer Beitrag, »aber nicht kostendeckend«. Die beiden Abteilungsleiter der Stadtreinigung haben keinerlei Verständnis für Zerstörungswut und würden sich bei den anständigen Reutlingern über mehr Aufmerksamkeit freuen. »Wir würden uns wachsame Augen wünschen«, sagt Güner. Wer beobachte, wie eine Toilettenanlage beschädigt oder beschmutzt wird, solle doch bitteschön die Polizei rufen. (GEA)