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Zoff wegen Verschönerung des Reutlinger Marktplatzes?

Der Reutlinger Marktplatz soll schöner werden. Was die Stadt diesbezüglich plant, was an den Platz angrenzende Gastronomen von den Plänen halten und wieso manche Marktbeschicker sauer sind.

Der Reutlinger Wochenmarkt an einem sonnigen Donnerstag Ende Juli.
Der Reutlinger Wochenmarkt an einem sonnigen Donnerstag Ende Juli. Foto: Frank Pieth
Der Reutlinger Wochenmarkt an einem sonnigen Donnerstag Ende Juli.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Wenn nicht gerade Wochenmarkt oder Stadtfest ist, oder die Stadt temporär ein Wasserspiel installiert hat, gleicht der Reutlinger Marktplatz eher einer Betonwüste. Er braucht dringend eine Verschönerung - darin sind sich wohl alle Beteiligten und Besucher einig. Doch spätestens an der Ausgestaltung der Verschönerung scheiden sich die Geister. Das wurde in einer nicht-öffentlichen Besprechung zwischen Stadt, Wochenmarkt-Beschickern und Gastronomen deutlich, die nach GEA-Informationen offenbar vor allem von Seiten einiger Marktleute emotional ziemlich aufgeladen über die Bühne ging.

Die Stadt stellte den Beschickern und Gastronomen bei dieser Besprechung ihre Pläne für eine »kleine« und Geldbeutel-schonende Aufwertung des Platzes vor. »Ziel ist es, dem Wochenmarkt und der Gastronomie weiterhin einen attraktiven Platz im Herzen der Stadt zu bieten und darüber hinaus die Aufenthaltsqualität zu steigern«, heißt es in einem Statement aus dem Rathaus. Eigentlich wollte man den Marktplatz einst komplett sanieren. Doch das kann die Stadt aktuell finanziell nicht mehr stemmen. Sechs Millionen Euro waren die ersten Kalkulationen für die Sanierung noch im Jahr 2020. Die Kosten dürften mittlerweile deutlich gestiegen sein. Außerdem will man die monatelangen Bauarbeiten Händlern und Gastronomen aktuell nicht zumuten.

Einige Beschicker haben sehr emotional reagiert

Nun also die »light«-Version. Konkret geht es um neue Bäume, ein Klettergerüst und die Sanierung der Platzbeläge entlang der Gebäude. Bäume können nicht überall gepflanzt werden - die möglichen Standorte sind aufgrund von Leitungen im Untergrund limitiert. Bei der Veranstaltung im Rathaus wurden also mögliche Standorte über einen aktuellen Plan des Wochenmarkts gelegt. Wie der GEA von Teilnehmern erfahren hat, wurde vor allem seitens einiger Marktbeschicker latent aggressiv auf die Vorschläge der Stadt reagiert. Es ist zu vernehmen, dass sich bei einigen langsam das Gefühl verhärtet hat, die Stadt halte sinngemäß »auf Gedeih und Verderb« an ihren Plänen fest.

Blick über den Wochenmarkt an einem Donnerstag von der Rathaus-Treppe aus.
Blick über den Wochenmarkt an einem Donnerstag von der Rathaus-Treppe aus. Foto: Frank Pieth
Blick über den Wochenmarkt an einem Donnerstag von der Rathaus-Treppe aus.
Foto: Frank Pieth

Stadtlauf, Weihnachtsmarkt, Stadtfest, Wasserspiel: Es sind einige Feste und Aktionen, die die Arbeit der Marktbeschicker übers Jahr hinweg einschränken oder stellenweise unmöglich machen. Und »steter Tropfen höhlt den Stein«, kommentiert einer von ihnen. Was nach GEA-Informationen für zusätzlich Frust gesorgt hat: Alternativ-Ideen seien angeblich von Stadt-Seite abgebügelt worden. So habe man beispielsweise Bäume auf der »Zinser«-Seite vorgeschlagen. Doch diese Fläche wolle sich die Stadt freihalten: Falls man für Veranstaltungen mal eine Bühne aufbauen möchte.

Die Südwest Presse berichtete über die emotional aufgeladene Sitzung und titelte: »Heftiger Streit zwischen Stadt und Standbetreibern«. Markt-Organisator Frank Kuhn schießt in diesem Bericht stark gegen die Stadt und wirft der Verwaltung Planlosigkeit vor. Was nach GEA-Informationen wiederum im Rathaus für Stürme der Entrüstung sorgte. In einem Pressestatement der Verwaltung wird es einen Tag später dann etwas sanfter ausgedrückt: Oberbürgermeister Thomas Keck habe »mit großer Verwunderung« auf diese Headline reagiert, heißt es da. Habe Baubürgermeisterin Angela Weiskopf doch während besagter Veranstaltung mehrfach auf »die große Wertschätzung der Stadtverwaltung für den dreimal wöchentlich im Herzen der Stadt stattfindenden Markt und auf dessen belebende Wirkung für die Innenstadt hingewiesen«.

Kuhn will sich nicht zur Sache äußern

Die Pläne seien zudem »nicht in Stein gemeißelt«, man habe gemeinsam mit allen Betroffenen Möglichkeiten der Umsetzung »ausloten« wollen. Im Anschluss an die Diskussion sei Weiskopf sogar noch mit Kuhn und weiteren Beteiligten auf den Platz gegangen und habe potenzielle Standorte für Bäume und das Klettergerüst angeschaut.

Frank Kuhn wollte sich gegenüber dem GEA nicht zur Sache äußern. Dafür aber der Sickenhäuser Landwirt Martin Frech, der den Markt zusammen mit Kuhn als verlängerter Arm der Verwaltung leitet. »In meiner Brust als Reutlinger Beschicker schlagen zwei Herzen. Ja, dieser Platz ist sehr trist, eine Betonwüste. Dass etwas gemacht wird, ist super.« Aber als Beschicker wünsche er sich eben auch, »dass man im Vorfeld mehr mit uns spricht und keine unnötigen Pläne macht«. Während besagter Sitzung sei betont worden, dass es auch für die geplanten kleinen Maßnahmen aktuell keinen Posten im Haushalt der Stadt gebe.

Höchst emotional sei wohl auch über das geplante Spielgerät schräg vor dem »Nua« diskutiert worden, berichten mehrere Teilnehmer. Martin Frech erklärt die Einwände der Marktbeschicker: »Das könnte zusätzlichen Lärm mit sich bringen.« Es sei höchst anstrengend, bei großem Lärm an Markttagen noch konzentriert zu rechnen und Gespräche mit den Kunden zu führen. Auch Katerina Mavrodi, die Betreiberin des »Nua«, sieht den Standort fürs Klettergerüst kritisch: »Das würde an der geplanten Stelle unseren Betrieb einschränken.« Abgesehen davon blickt sie aber positiv auf die geplanten Veränderungen: »Wir finden es schön, dass der Marktplatz attraktiver gemacht werden soll.« Auch Uwe Grauer, der mit dem »Alexandre« ein direkt an den Marktplatz angrenzende Lokal besitzt, war bei besagter Sitzung dabei. Er drückt sich ähnlich wie Mavrodi aus: »Die Stadt ist sehr bemüht, den Marktplatz ordentlich zu sanieren. Ich finde gut, dass man was tut. Jetzt muss man eben schauen, dass man einen guten Kompromiss hinkriegt, mit dem alle zufrieden sind.«

Das Wasserspiel auf dem Marktplatz ist selbst bei eher tristem Wetter ein Magnet.
Das Wasserspiel auf dem Marktplatz ist selbst bei eher tristem Wetter ein Magnet. Foto: Steffen Schanz
Das Wasserspiel auf dem Marktplatz ist selbst bei eher tristem Wetter ein Magnet.
Foto: Steffen Schanz

Neben den Bäumen und dem Klettergerüst ist auch eine Sanierung der Platzbeläge entlang der Gebäude geplant. Ziel sei es, den Aufenthalt für die Bürger auf dem Platz auch »außerhalb des Wochenmarktes« attraktiv zu machen, so OB Keck. Aktuell trägt das Wasserspiel »Playfountain« sicherlich schon zur Belebung bei. Die Attraktion, die durch das Bundesprogramm »Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren« gefördert wird, steht noch bis zum 30. Juli mitten auf dem Marktplatz. Und sie zeigt: Der Platz kann mehr als Betonwüste. (GEA)