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Wieso die Busfahrer in Reutlingen heute streiken

Worum geht's im Arbeitskampf zwischen der Gewerkschaft Verdi und den privaten Busfirmen im Land? Ein Besuch bei den streikenden Busfahrern in Reutlingen.

Die streikenden Busfahrer im franz.K fordern eine faire Bezahlung für ihren verantwortungsvollen Beruf.
Die streikenden Busfahrer im franz.K fordern eine faire Bezahlung für ihren verantwortungsvollen Beruf. Foto: Stephan Zenke
Die streikenden Busfahrer im franz.K fordern eine faire Bezahlung für ihren verantwortungsvollen Beruf.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. »Ich streike, weil sich die Arbeitgeber mit ihrem Angebot über uns lustig machen«, sagt Busfahrerin Nicole Eberwein am Mittwochmorgen im Reutlinger Streiklokal frank.K. Mit ihr haben sich dort viele Kolleginnen und Kollegen in gelben Verdi-Westen versammelt. Es gibt Kaffee und belegte Brötchen, aber dennoch keine gelöste Vesperstimmung. Nicht nur Nicole Eberwein, die seit acht Jahren hinter dem Lenkrad von verschiedenen Buslinien der Reutlinger Stadtverkehrsgesellschaft sitzt, ist kampfbereit. »Rechnen Sie mal um, was das Arbeitgeber-Angebot von 5,8 Prozent mehr Gehalt in drei Jahren bedeutet. Auf jeden Fall zu wenig für das, was wir leisten«, meint die 37-jährige Fahrerin. 

Busfahrer zu sein bedeute weit mehr als nur einen Bus zu fahren. Es heißt auch für die Sicherheit im Fahrzeug zu sorgen, Fahrkarten zu verkaufen und zu kontrollieren und schließlich auch den Bus stets besenrein zu halten. Dazu komme dann manchmal auch noch »den Ärger von Fahrgästen über Verspätungen auszuhalten, für die wir nichts können«, erklärt Nicole Eberwein. Sie würde wenn nötig auch mehrere Tage streiken, »sonst wäre der Kampf umsonst gewesen«. Ähnlich sehen das alle hier.

»Wir streiken, um zu unserem Recht zu kommen. Das Angebot der Arbeitgeber ist eine Provokation« meint einer von Eberweins Kollegen, der seinen Namen nicht nennen möchte. Der Vater von vier Kindern verweist auf gestiegene Kosten für Leben und scheinbare Kleinigkeiten wie Nachhilfestunden. Für ein anständiges Familienleben brauche man eine anständige Bezahlung. Ihm gegenüber sitzt im franz.K mit Joachim Schenk ein Mensch, der seit 23 Jahren für die RSV fährt, und sichtbar sauer ist: »Es ist eine Unverschämtheit, dass wir immer noch so hundeübel bezahlt werden, obwohl wir jeden Tag für die Gesundheit und das Leben von 600 bis 800 Menschen sorgen«, sagt Schenk, »wenn ich so viel Verantwortung trage, habe ich Anspruch auf eine anständige Vergütung«.

Der ZOB in Reutlingen am Mittwochmorgen: Kein Bus in Sicht.
Der ZOB in Reutlingen am Mittwochmorgen: Kein Bus in Sicht. Foto: Stephan Zenke
Der ZOB in Reutlingen am Mittwochmorgen: Kein Bus in Sicht.
Foto: Stephan Zenke

Die Gewerkschaft Verdi und der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) lagen bei den Tarifverhandlungen zuletzt noch weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert in den laufenden Tarifverhandlungen für das private Omnibusgewerbe 5,8 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von einem Jahr und eine Angleichung an den Vertrag des kommunalen Nahverkehrs. Der Arbeitgeberverband WBO hatte zuletzt 5,8 Prozent mehr auf einen Zeitraum von drei Jahren geboten. Das hatte die Gewerkschaft abgelehnt und erneut zu Warnstreiks aufgerufen. Höhepunkt des Arbeitskampfes in Reutlingen ist eine Demo mit anschließender Kundgebung auf dem ZOB.

Einer fährt: der Schnellbus Expresso zum Flughafen.
Einer fährt: der Schnellbus Expresso zum Flughafen. Foto: Stephan Zenke
Einer fährt: der Schnellbus Expresso zum Flughafen.
Foto: Stephan Zenke

Um 11.30 Uhr stellen sich die Streikenden beim franz.K für den Demozug auf, der um 12 Uhr in einer halbstündigen Kundgebung auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) enden soll. Andreas Schackert, der Verhandlungsführer von Verdi, tritt als Redner auf. (GEA)

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