REUTLINGEN. Nach der Messerattacke auf einem Stadtfest in Solingen, die drei Menschen das Leben gekostet hat, verschärfen Städte im Land ihre Sicherheitsvorkehrungen. Stuttgart, Bietigheim-Bissingen und Heilbronn wollen für ihr Weindorf sowie den Cannstatter Wasen, den Pferdemarkt beziehungsweise das Weinfest etwa bestehende Waffenverbotszonen räumlich wie zeitlich ausdehnen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft für Baden-Württemberg fordert zudem mehr Befugnisse bei Durchsuchungen und Kontrollen, um Messer und andere gefährliche Gegenstände bei Volksfesten aufzuspüren.
Regine Vohrer als Vertreterin der Wirte beim Reutlinger Herbst sagt ganz klar: »Wir feiern auf einer öffentlichen Fläche mitten in der Stadt, die kann man nicht absperren.« Nachts gebe es seit Langem einen Wachdienst und während der Öffnungszeiten des Weindorfs zeige die Polizei die gleiche Präsenz wie bereits 2022 und 2023. Das scheint ihr angemessen, »mehr geht auch nicht«. Und es handle sich ja nicht um das erste derartige Attentat.
»Die Sicherheit unserer Bevölkerung ist uns nicht erst seit dem tragischen Terroranschlag von Solingen ein überaus wichtiges Anliegen«, erklärt auf Nachfrage auch der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck. Aus diesem Grund stehe die Verwaltung in ständigem Austausch mit der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden. Die aktuellen Ereignisse gaben Anlass, das weitere Vorgehen mit der Polizei abzustimmen: »Gemäß Paragraph 42,1 des Waffengesetzes gibt es auf dem Reutlinger Weindorf bereits jetzt ein Waffenverbot.« Das gelte für sämtliche Veranstaltungen im öffentlichen Raum.

So etwa auch für den Weihnachtsmarkt, andere Märkte und Sportveranstaltungen. Die Reutlinger Polizei führe »im Rahmen ihrer Befugnisse Kontrollen durch«. Polizistinnen und Polizisten seien vom ersten Tag des Reutlinger Herbsts an verstärkt präsent gewesen. Da sie dies an den verbleibenden Veranstaltungstagen beibehalten, »dürfte jedem und jeder klar sein, dass Messer und andere Waffen auf dem Weindorf nichts verloren haben!«, betont der OB.
Polizeisprecherin Andrea Kopp war unter den Ehrengästen bei der Eröffnung des 37. Reutlinger Herbsts am 21. August durch Vohrer und Keck. »Die Polizei berücksichtigt die aktuellen Erkenntnisse aus der Tat in Solingen im Rahmen der fortlaufenden Gefährdungsbewertung«, erklärt die Vertreterin der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit beim Polizeipräsidium Reutlingen. Mit anderen Sicherheitsbehörden stehe man in ständigem Austausch. Denn: »Die anhaltend hohe abstrakte Gefahr jihadistisch motivierter Gewalttaten in Deutschland besteht weiter fort.« Bereits vor den aktuellen Ereignissen hätten sich die Planungen an dieser »erhöhten, abstrakten Gefährdungslage« orientiert. Das gelte für alle größeren öffentlichen Veranstaltungen. Kopp hebt jedoch hervor: »Hinweise auf eine konkrete Gefährdung liegen derzeit nicht vor.«
»Messer und andere Waffen haben dort nichts verloren!«
Das Reutlinger Weindorf werde bereits seit dem ersten Tag und bis zum Ende »intensiv bestreift« – obwohl die Veranstaltung »seit vielen Jahren und auch in diesem Jahr seit Beginn komplett friedlich und aus polizeilicher Sicht problemlos« verlaufe.
Regine Vohrer hat direkt nach der Schreckensmeldung von Solingen am 23. August damit gerechnet, dass Reutlinger Weindorf-Gästen das Feiern vergeht. Mutmaßlich hat ein 26-jähriger Syrer aus islamistischer Gesinnung heraus drei Besucher des 650. Stadtgeburtstags der nordrhein-westfälischen Stadt getötet und acht zum Teil schwer verletzt. »Doch am Samstag hat der Laden gebrannt«, berichtet die Witwe des Weindorf-Begründers Julius Vohrer. (GEA)