REUTLINGEN. Das Wohnzimmer von der Reutlinger Fotografin Beate Armbruster könnte ein Ausstellungsort sein. Selbstgemalte Bilder hängen an den Wänden, neben ihnen stehen zahlreiche Pflanzen. Dazu noch Fotos. Rund ein Dutzend Porträts, die meisten in schwarz-weiß, liegen im Zimmer verteilt. »Die brauch ich alle für die Ausstellung am Samstag«, sagt die 58-Jährige. Gemeinsam mit drei weiteren Fotografinnen präsentiert sie im Reutlinger Theater »Die Tonne« die Serie »Ibiza-Waves Emocean«, bestehend aus hunderten »Nude Art-Fotos«. »Mein geilster Urlaub überhaupt«, erzählt Armbruster glücklich. Mit vier Models reisten die Fotografinnen im Sommer 2023 nach Ibiza, um ihrer größten Passion nachzugehen: Fotografieren.
Solch ein Projekt als Gruppe anzugehen, war für die Reutlinger Fotografin früher kaum vorstellbar. »Ich war eigentlich immer Einzelkämpferin und dachte, es gibt nicht so viele Frauen in diesem Beruf.« Dann entdeckte sie auf Instagram einen Aufruf für den »Her-Club«. Sie und ungefähr 50 Kolleginnen folgten einer Einladung zu einem Vernetzungstreffen, wo alle Frauen vor Ort gemeinsam Bilder schossen. »Es war unglaublich«, blickt Beate Armbruster zurück. Im Fotoclub enstanden Freundschaften. Aus den Freundschaften dann die Ibiza-Serie. Eine Entwicklung, die für die Reutlingerin genauso plötzlich kam, wie ihr Weg zur professionellen Fotografie.
Beate Armbruster wuchs in Freiburg auf, war in der Schule Mitglied der Foto-AG und machte im Urlaub gerne Landschaftsbilder. Für sie blieb es damals nur ein Hobby. Mit 19 verließ sie den Breisgau und kam nach Tübingen, um Pädagogik zu studieren. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Kindertherapeutin am Universitätsklinikum und zog nach Reutlingen, als sie ihren späteren Ehemann dort kennenlernte. Mit 37 sah Armbruster Zeit für eine Veränderung. Ihr Job als Therapeutin war für sie »abgeschlossen und es war die letzte Chance nochmal am Rad zu drehen.« Grafikdesign hätte sie schon immer interessiert und sie plante wieder zu studieren. Mit der Geburt ihrer Tochter Martha änderte sich dann alles. Studieren war nicht mehr möglich, die Arbeit an der Uni-Klinik eigentlich auch keine Option. Zu dieser Zeit kam eine Freundin mit einer Bitte auf sie zu: »Sie war schwanger und fragte mich, ob ich ein paar Babybauch-Fotos machen könnte, weil ich ja gern fotografiere.« Armbruster kam dem Wunsch nach und bekam reichlich positives Feedback. Den Hebammen ihrer Freundin hätten die Bilder so sehr gefallen, dass sie die Fotos ausstellten. Darauf folgten immer mehr Anfragen. Zu Beginn noch Babybilder, dann Porträts, die inzwischen ihre große Leidenschaft sind. »Dabei hatte ich damals nicht einmal eine eigene Kamera«, berichtet Armbruster, »die habe ich immer von meiner Freundin ausgeliehen.«
Für dieses Gespräch sitzt die Fotografin diesmal vor der Kamera. »Ich mach das wahnsinnig ungern«. Wieso das so sei? »Frag mich was leichteres« antwortet sie und lacht. Damit es ihren Kunden nicht genauso geht, trifft sie sich immer zu einem Vorgespräch. Es sei wichtig ein gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, »wenn es nicht funkt, dann klappt es nicht.« Armbruster zitiert die amerikanische Fotografin Annie Leibovitz: »Was man in meinen Bildern sieht, ist dass ich keine Angst hatte mich in diese Leute zu verlieben.« Für Beate Armbruster entsteht bei einem Fototermin etwas besonderes. »Die Leute machen damit auch etwas für sich. Du siehst diese Bilder, auf denen du dich mögen kannst. Sie sind authentisch und geben dir das Gefühl gesehen zu werden.« Dabei könne es hin und wieder so emotional werden, dass Tränen fließen. Sie sieht dadurch Parallelen zu ihrem früheren Beruf als Kindertherapeutin: »Damals habe ich mit Gesprächen die Seele therapiert, heute mache ich das mit Bildern.« Auch im Umgang mit Menschen habe sie viel aus ihrem »ersten Leben« mitgenommen. Aus geschäftlichen Terminen können so auch Beziehungen entstehen. »Wenn ich über diese Leute rede, spreche ich oft von meinen Freunden - nicht von meinen Kunden.«
Beate Armbruster nimmt ihr Handy und präsentiert ihre neuesten Porträts auf Instagram. Fast alle in schwarz-weiß. Für sie wären diese Bilder emotionaler und intensiver. »Ich guck ganz oft auch in schwarz-weiß«, erzählt sie, »wenn ich draußen bin, seh ich nur ganz selten in Farbe.« Auch ihre Tochter Martha ist hier zu sehen. Bevor Martha in die Niederlande zog, »war sie mein größtes Hobby neben dem Fotografieren.« Gemeinsam gingen die beiden oft auf Reisen, wo die Fotografin gerne ihre Tochter ablichtete. Inzwischen versucht sich Martha oft vor der Kamera. Armbruster zeigt stolz viele ihrer Bilder. »Sie macht das toll«, sagt sie mit einem Lächeln. Für ihren nächsten Besuch bei ihrer Tochter hat Beate Armbruster ein Mitbringsel aus der Ausstellung parat. »Sie hat ein Bild gesehen und meinte zu mir, das sei so toll, das kauft sie mir ab. Ich hab gesagt du spinnst doch, ich verkauf dir doch kein Bild.« Bevor es in die Niederlande gebracht wird, sind dieses Bild und viele weitere am Samstagabend noch in Reutlingen zu sehen. (GEA)
Foto-Event »Ibiza-Waves Emocean«
7 Nächte auf Ibiza – 1 Nacht in Reutlingen: Die Reutlinger Fotografin Beate Armbruster und ihre Kolleginnen Dana Schöller, Kim Höhnle und Katharina Braun präsentieren am Samstag, 5. Oktober, ab 19 Uhr im Theater Reutlingen Die Tonne (Jahnstraße 6) Hunderte »Nude Art-Fotos« aus ihrem einwöchigen Ibiza-Aufenthalt. Nach der Ausstellung gibt es Musik, Speisen und Getränke. Der Eintritt ist frei. (GEA)