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Aktuell »Kitchen Impossible«

Wie aus einem Reutlinger Sterne-Koch und Tim Mälzer Freunde wurden

Das gab's bei »Kitchen Impossible« wohl noch nie: Dem oft überehrgeizigen Tim Mälzer ging es am Ende der Vox-Kochshow nicht mehr nur um den Sieg. Der Grund: Matthias Diether. Der Reutlinger Sterne-Koch ist ihm während des Duells ans Herz gewachsen.

Männerfreundschaft: der Reutlinger Sterne-Koch Matthias Diether (links) und TV-Koch Tim Mälzer.
Männerfreundschaft: der Reutlinger Sterne-Koch Matthias Diether (links) und TV-Koch Tim Mälzer. Foto: Matthias Nicklas/RTL
Männerfreundschaft: der Reutlinger Sterne-Koch Matthias Diether (links) und TV-Koch Tim Mälzer.
Foto: Matthias Nicklas/RTL

REUTLINGEN/TALLINN. »Klein, dick, große Fresse, zwei Sterne.« So beschreibt Tim Mälzer den Reutlinger Matthias Diether. »Beste Voraussetzungen, um bei Kitchen Impossible anzutreten.« Der Gastgeber der beliebten Kochshow freute sich in der am Sonntagabend auf Vox ausgestrahlten Sendung, »dass ich endlich mal nicht der Einzige bin, der Scheiße redet.« Für das Baltic-Special hat der TV-Koch den 49-Jährigen als Gegner ausgesucht, weil der die estnische Gourmetszene auf ein neues Level gehoben hat. Sein Restaurant »180°« in Tallinn wurde 2023 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Die Kontrahenten haben sich beim gemeinsamen Trip durch die baltischen Länder ein Duell geliefert, das kaum knapper hätte ausgehen können. Vor allem aber wurde es für beide eine Achterbahn der Gefühle werden.

Mälzer wusste im Vorfeld, dass Diether einen »Heimvorteil« hat, wenn es darum geht, einheimische Gerichte nach einer kurzen Verköstigung nachzukochen ohne die Zutaten zu kennen. Der in Sondelfingen aufgewachsene gebürtige Berliner ist 2016 nach Estland ausgewandert. »Er hat hier ein Netzwerk, kennt alle Kollegen, die aufwändig kochen«, weiß Mälzer. In der estnischen Hauptstadt Tallinn schickte Diether den Hamburger zu seinem guten Freund Tõnis Siigur. Hier wurde Mälzer direkt all sein Können abverlangt, als das zubereiten sollte: Feuergebrannter Lauch mit gepökeltem Elch und Sauce Hollandaise. »Ich wusste, dass er die Aufgabe hassen würde«, freute sich Diether diebisch. So kam es dann auch. Das Urteil der Test-Esser fiel trotzdem ganz gut aus. Im Durchschnitt gab es 6,6 von 10 möglichen Punkten.

Diether beeindruckt Original-Koch in Vilnius

Für den Reutlinger ging es nach Litauen in die Hauptstadt Vilnius, wo Mälzer ihn mit einem Besuch in einem Illusionsmuseum in bester »Kitchen Impossible«-Manier zu verwirren versuchte. Das gelang zwar nicht, dafür schockierte Diether der Anblick des Gerichtes, das er nachkochen sollte: Rinderroulade mit Gemüse und Pastinaken-Püree. »Das sieht nach sehr viel Handarbeit aus«, sagte der beeindruckte Sterne-Koch. Das Problem: »Ich hatte große Probleme, alles herauszuschmecken.« Für ihn stand nur fest, dass es Sterne-Küche sein müsste. »Aber das sollte mir ja liegen.«

Tim Mälzer hat die Gerichte für Matthias Diether ausgesucht, die dieser nach einer kurzen Verkostung nachkochen muss.
Tim Mälzer hat die Gerichte für Matthias Diether ausgesucht, die dieser nach einer kurzen Verkostung nachkochen muss. Foto: Teresa Orti von Havranek/RTL
Tim Mälzer hat die Gerichte für Matthias Diether ausgesucht, die dieser nach einer kurzen Verkostung nachkochen muss.
Foto: Teresa Orti von Havranek/RTL

Umso überraschter war Diether, als er keinen Gourmet-Tempel vorfand, sondern ein historisches litauisches Lokal. Mit dessen »Mini-Küche« hatte der Reutlinger zu Beginn zu kämpfen. »Ich bin sowas nicht gewöhnt.« Der heimische Koch Tomas Rimydis, einer der besten des Landes, behauptete, dass die Aufgabe unlösbar sei. Auch Diether zweifelte bald. »Ich war kurz davor, das Messer und die Schürze auf den Boden zu schmeißen.« Stattdessen schickte er lieber ein paar Flüche an Mälzer und zog es durch. Rimydis war überrascht, wie nah Diether dem Original kam: »Er ist ein Profi, der nach einmal probieren alles nachkochen kann.« Auch die Test-Esser waren begeistert und gaben ihm 8,3 Punkte im Schnitt. »Wirklich verdient«, zollte Mälzer Anerkennung.

Roadtrip: Mälzer und Diether auf Kuschelkurs

Die zweite kulinarische Herausforderung wartete für beide in der lettischen Hauptstadt Riga. Den Weg dorthin unternahmen sie gemeinsam in einem Van. Auf ihrem zweitägigen Roadtrip entlang der Ostsee-Küste haben sich die beiden kennen- und schätzen gelernt. Sie unternahmen Spaziergänge am Strand, gingen mit einem Metalldetektor auf »Schatzsuche« und kuschelten zusammen auf einer Bank mit Blick aufs Meer. »Tim ist ein Großmaul und Show-Man vom Feinsten«, meinte Diether, »aber wenn man hinter die Fassade schaut, ist er einfach ein total lieber Mensch.« Die Bewunderung beruhte auf Gegenseitigkeit. »Matthias ist mir ähnlich«, stellte Mälzer fest. »Er hat einen guten Humor und tritt wie ich gerne mal in Fettnäpfchen.«

Zweite Aufgabe in Riga: Diether auf dem Holzweg

Doch als es um die zweite Aufgabe ging, musste die Freundschaft ruhen. Diether hat dabei wieder seine guten Kontakte im Baltikum spielen lassen: Original-Koch Arturs Arnicans und er haben gemeinsam ein Kochbuch geschrieben. Er servierte Mälzer ein traditionelles Familiengericht: Gerstenrisotto. Die Besonderheit: Kochen musste Mälzer in der Privatwohnung von Arnican - was ihm nach Anlaufschwierigkeiten gut gelang. Die Test-Esser fanden es lecker und verteilten im Schnitt 6,1 Punkte.

Matthias Diether steht beim Kochen für »Kitchen Impossible« unter Drauer-Stress.
Matthias Diether steht beim Kochen für »Kitchen Impossible« unter Drauer-Stress. Foto: Dominik Dabrowski/RTL
Matthias Diether steht beim Kochen für »Kitchen Impossible« unter Drauer-Stress.
Foto: Dominik Dabrowski/RTL

Um für »Psychoterror« bei Diether zu sorgen, griff Mälzer in die Trickkiste. In der historischen Markthalle von Riga sollte der Sterne-Koch zwei Gerichte in zwei unterschiedlichen Küchen zubereiten. »So ein Schwachsinn«, regte sich der 49-Jährige auf. »Ich hasse es zu laufen.« Trotzdem ging er zunächst davon aus, dass seine Aufgabe leicht sei. Die Khinkali von Olga Dibrova erinnerten ihn an schwäbische Maultaschen. »Da weiß ich, wie der Teig geht.« Die kalte Rote-Bete-Suppe von Razmiks Jegiazarjans habe er selbst »schon oft gegessen«. Doch bei beiden traditionellen Gerichten war Diether auf dem Holzweg. Die Suppe bereitete er völlig anders zu als der Original-Koch und bei den Teigtaschen verwendete er anderes Fleisch und andere Gewürze. Das sahen und schmeckten Test-Esser. Die Quittung: 4,2 von 10 möglichen Punkten im Schnitt. »Das war schwieriger als gedacht«, sagte der durchgeschwitzte Sterne-Koch. Als der originale Suppen-Koch aber Diether nach dem Rezept für seine Kreation fragte, war der Ärger schnell verflogen.

Darum geht’s bei Kitchen Impossible

»Kitchen Impossible« ist eine Kochshow, die seit 2014 auf dem Fernsehsender Vox ausgestrahlt wird. Die Folgen einer Staffel werden sonntags um 20:15 Uhr ausgestrahlt. In dem Format tritt Fernsehkoch Tim Mälzer gegen einen anderen prominenten Koch an. Die Duellanten schicken sich gegenseitig an ihnen unbekannte Orte, wo sie versuchen müssen, eine einheimische Spezialität eines örtlichen Spitzenkoches ohne Wissen der kompletten Zutatenliste möglichst perfekt nachzukochen. Familienmitglieder, Freunde oder Stammgäste des ortsansässigen Kochs bewerten dann, wie nah das nachgekochte Gericht geschmacklich an das Original heranreicht. Der Koch mit der insgesamt besseren Bewertung gewinnt das Duell. »Kitchen Impossible« wurde 2017 und 2018 für den Grimme-Preis nominiert. In diesen Jahren gewann die Sendung den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie »Bestes Factual Entertainment«. (GEA)

Das Baltic-Special mit dem Reutlinger Matthias Diether auf dem Streaming-Dienst RTL+ nachgeschaut werden.

Aber wer hat denn nun das Duell gewonnen? Am Ende war es denkbar knapp. Die Ergebnisse der beiden Aufgaben zusammengerechnet kam Mälzer auf 12,7 Punkte - Diether auf 12,5. Dem ansonsten meist überehrgeizige Gastgeber tat sein Sieg fast schon leid: »Ein Unentschieden wäre verdient gewesen.« Nach einer Umarmung überkam den TV-Koch der Abschiedsschmerz. »Wir haben uns provoziert, getriezt, umarmt, gekuschelt. Es hat großen Spaß gemacht«, fasste er die Zeit mit seinem neuen Kumpel zusammen. »Die Kitchen-Impossible-Familie ist um ein perfektes Mitglied größer geworden. Er ist ein feiner Junge - und wir haben beide eine schön unästhetische Plauze.« (GEA)