REUTLINGEN. Wozu in die Ferne schweifen, liegt das Neue doch so nah ... Jedenfalls für einige GEA-Leser, die sich mit detektivischem Gespür und großer Lust auf Vor-Ort-Recherchen an der Foto-Fahndung von »Generaler« und Stadtarchiv beteiligen. Nicht wenige dieser Teilnehmer dringen im Zuge aufsuchender Ermittlungen in ihnen bis dato unbekannte Winkel oder Quartiere Reutlingens vor und staunen dabei zuweilen über sich selbst: nämlich darüber, dass sie – obschon seit vielen Jahren in der Achalmstadt daheim – an dieser oder jener Stelle nie zuvor gewesen sind. Das geht aus Mails an Stadtarchivar Roland Brühl hervor, der an dieser Stelle allen Unterstützern ein »Chapeau!« zuruft. Zumal es dank deren Hilfe inzwischen gelungen ist, mehrere Dutzend zuvor nicht identifizierter Aufnahmen aus ihrer Anonymität zu befreien.
»Beim letzten Mal wurden sogar alle abgedruckten Bilder zweifelsfrei lokalisiert«, freut sich Brühl. »Mich haben darüber hinaus zahlreiche Vergleichsfotos aus dem Jetzt und Hier erreicht, auf denen man sieht, welche – teilweise einschneidenden – Veränderungen innerhalb weniger Jahrzehnte in Stadt und Region eingetreten sind.« Gemeint sind bauliche Veränderungen, die das Gesicht manches Wohnviertels stark verjüngt haben: Facelifting der architektonischen Art.
»Für die sehr netten Zuschriften der GEA-Leser möchte ich mich bedanken«, so Roland Brühl, der das Engagement fürs Stadtarchiv und dessen Foto-Sammlung zu schätzen weiß. »Ein Leser«, verrät er, »hat mir berichtet, dass er mithilfe von Google-Earth die Gegend, in der er Bildinhalte vermutet, durchsucht. Er sei dadurch – als willkommener Nebeneffekt – schon zu schönen Wochenendausflügen gekommen.« Derweil andere Leser ihre Trips von vornherein als Motivsuche planen und auf gut Glück losmarschieren.
Oder strampeln. »Ich«, lässt ein Mann Archivar Brühl wissen, »komme mit meinem Fahrrad auf der Suche nach den zu identifizierenden Orten oder Gebäuden in Reutlinger Ecken, die ich noch gar nicht kannte.« Und ein anderer Mailschreiber verrät: »Hatte bei den heutigen Besitzern des abgebildeten Hauses einen sehr schönen Nachmittag.«
Und einen zweckdienlichen obendrein. Hat der Mann fürs Stadtarchiv schließlich wertvolle Arbeit geleistet. Denn dessen Foto-Fundus gibt der Nachwelt Gelegenheit, Stadtgeschichte über 150 Jahre visuell zu erleben. »Die inhaltliche Bandbreite unserer Sammlung«, erläutert Brühl, »reicht von den Veränderungen im Stadtbild über die Darstellung wichtiger Stadtereignisse, Personen und dem Alltagsleben bis zur Dokumentation der Tätigkeit Reutlinger Fotografen.«
Im vergangenen Jahr konnten an die 4 000 Fotos in der archivischen Reutlinger Fotodatenbank erfasst werden. Ziel von deren Hütern ist es, diese Datenbank mit ihren derzeit über 150 000 Lichtbildern allen Interessierten online zugänglich zu machen. Die Vorbereitungen dazu sind seit Längerem im Gang und aufwendig. »Es müssen unter anderem urheberrechtliche Fragen oder Persönlichkeitsrechte in vielen Einzelfällen geklärt werden.« Übrigens: Das Stadtarchiv hat auf seiner Homepage weitere Fotos eingestellt, deren Geheimnisse es zu lüften gilt. Auch hier haben Besucher binnen der vergangenen Wochen schon gute Arbeit geleistet und konnten Motive von anno dazumal aus ihrer Anonymität befreien. Diese identifizierten Bilder sind in einer separaten Online-Galerie des Archivs zum Angucken freigegeben. (GEA)
www.reutlingen.de/unbekannte-fotos
BITTE MELDEN
Wer meint, den Aufnahmeort eines der abgedruckten Bilder zu kennen, ist gebeten, sich per Mail ans Reutlinger Stadtarchiv zu wenden. Und zwar bitte direkt. Der Weg über den GEA, der mitunter von Lesern eingeschlagen wird, ist ein Umweg, der zu Verzögerungen führt. (GEA)