REUTLINGEN. Nach mehr als 100 Tagen im Amt zieht Giuseppe Dezulian als neuer Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks Reutlingen (THW) Bilanz: »Mir geht es blendend, und das Amt macht mir immer noch sehr viel Spaß.« Die Arbeit als neuer Ortsbeauftragter scheint ihm noch nicht über den Kopf gewachsen zu sein. Im Gegenteil. Obwohl es einiges zu tun gibt, ist ihm die Freude an seiner neuen Funktion im THW anzumerken. Sein Ehrenamt nimmt der 63-Jährige sehr ernst: »Ich will das Amt des Ortsbeauftragten zu 100 Prozent ausüben«. Auch beim Pressetermin ist er für einen möglichen Einsatz in ständiger Bereitschaft. Denn aufgrund von Dauerregen erwarten Giuseppe Dezulian und seine Helfer einen Einsatz und sind somit jederzeit einsatzbereit.
Trotz Alarmbereitschaft bewahrt Giuseppe Dezulian einen kühlen Kopf und bleibt ganz entspannt. Es gibt auch keinen Grund zur Aufregung, denn er kennt die Abläufe im Falle eines Einsatzes in- und auswendig und kann von seiner 25-jährigen Erfahrung beim THW profitieren. Über seinen Arbeitskollegen und damaligen Ortsbeauftragten des THW, Falk Schlipphak, kommt der gebürtige Südtiroler Anfang der 2000er-Jahre zum THW Reutlingen. Nach der Grundausbildung muss er das erlernte Wissen direkt beim Katastrophenschutz nach dem Sturm Lothar anwenden. Von 2007 bis 2014 geht er dem Amt des stellvertretenden Ortsbeauftragten nach. Immer wieder folgen Einsätze im Ausland. Zuletzt ging es 2019 nach Mosambik.
Überzeugung der Lebensgefährtin
»Als dann im letzten Herbst einige Führungskräfte auf mich zukamen und gefragt haben, ob ich das Amt des Ortsbeauftragten übernehmen will, war ich schon etwas erstaunt«, erzählt Giuseppe Dezulian. Gleichzeitig erfüllte ihn Stolz und Freude, dass die Führungskräfte an ihn gedacht haben. Der Opa von fünf Enkeln ist sofort vom Vorschlag überzeugt. Seine Lebensgefährtin muss Giuseppe Dezulian hingegen erst noch auf seine Seite bringen. Doch auch das gelingt ihm nach kurzer Zeit: »Sie weiß, dass das THW mein Leben ist und hat es dann akzeptiert«, erzählt er. Es sei wichtig, dass die Familie mit dem hohen ehrenamtlichen Einsatz einverstanden ist, weiß der Ortsbeauftragte. Nur so kann das Engagement gut funktionieren. Denn das erfordert viel Zeit und Kraft. Ab August wird Giuseppe Dezulian, der hauptamtlich als Bauleiter arbeitet, in Rente sein. »Dann habe ich auch Zeit, die Aufgaben des Ortsbeauftragten tagsüber zu übernehmen«.
Für fünf Jahre bleibt Giuseppe Dezulian im Amt. »Mein Vorgänger Christoph Graf hat sehr gute Arbeit geleistet, darauf will ich in meiner Amtszeit aufbauen«, sagt der neue Ortsbeauftragte. Dass er überhaupt nach 25 Jahren immer noch beim THW aktiv ist, liegt an der guten Kameradschaft und der Vielfältigkeit der Menschen. »Jeder hat im THW seinen Platz. Wir sind offen für alle, und deshalb ist es mir wichtig, dass es weiterhin Akzeptanz und Gleichstellung gibt«. Gerade das zwischenmenschliche Miteinander will Giuseppe Dezulian fördern: »Ich muss schauen, dass es den Helfern gut geht«. Hinzu kommen Verwaltungsaufgaben. Dazu gehört, dass Giuseppe Dezulian sich einen Überblick über die finanzielle Lage des THW verschafft und Kontakte zu anderen Blaulichtorganisationen pflegt. Und auch als Ortsbeauftragter kann er jederzeit selbst als Helfer eingesetzt werden.
Einsatz bei der EM
Auch über den guten Nachwuchs beim THW freut sich Giuseppe Dezulian. Mittlerweile gibt es sogar eine Warteliste für den Nachwuchs. Dabei hat er selbst die Entwicklung der Jugendarbeit lange im THW geprägt: »Viele meiner damaligen Junghelfer sind jetzt Führungskräfte beim THW und immer noch dabei«. Und viele Ehrenamtlichen braucht es auch. Denn die Arbeit des THW ist stark nachgefragt. Die Ehrenamtlichen des THW helfen nicht nur bei Gefahrenlagen, sondern versorgen auch alle anderen ehrenamtlichen Rettungskräfte mit warmen Mahlzeiten vor Ort. Das steigende Engagement von Frauen im THW begeistert ihn. Ein paar Wünsche hat er noch für die Zukunft des THW. »Ich wünsche mir einen Koch für den Ortsverband und eine Bambinigruppe für die Sechs- bis Zehnjährigen.« Der Koch soll das Team nach Dienstübungen verpflegen und die Bambinigruppe von einem Erzieher oder einer Erzieherin geleitet werden. Auch der Neubau des THW-Gebäudes in Mittelstadt soll während seiner Amtszeit eingeweiht werden. Dafür hofft er auf einen Baubeginn Ende 2025.
Während der Fußballeuropameisterschaft wird das THW Reutlingen mit drei Helfern aktiv sein, doch der genaue Einsatzumfang ist noch in der Schwebe. Doch auch ohne Einsatz wird der Fußballfan die Europameisterschaft verfolgen. »Ich bin für Deutschland«. Nur beim Skifahren feuert Giuseppe Dezulian die italienische Mannschaft an und bleibt damit seinem Geburtsland treu. (GEA)