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Was Reutlingen plant, um Fahrverbote zu vermeiden

In vielen Innenstädten kommen immer noch zu viele Schadstoffe aus Auspuffen alter Diesel. Auch um Fahrverbote zu vermeiden, sollen nun weitere Projekte gestartet werden. Zünden die verlockenden Angebote?

Busverkehr in Reutlingen
Busverkehr in Reulingen: Der Öberburgermeister der Stadt ist bei dem Treffen in Berlin dabei. Foto: Marijan Murat
Busverkehr in Reulingen: Der Öberburgermeister der Stadt ist bei dem Treffen in Berlin dabei. Foto: Marijan Murat

BERLIN/REUTLINGEN. Schnupper-Tickets für 365 Euro im Jahr, zusätzliche Haltestellen, extra Busspuren vorbei am Stau: Im Kampf gegen zu viele Diesel-Abgase in deutschen Städten will der Bund auch neue Ideen für einen attraktiveren Nahverkehr voranbringen - damit mehr Autofahrer in Busse und Bahnen umsteigen. Fünf »Modellstädte« bekommen dafür bis 2020 insgesamt bis zu 130 Millionen Euro Förderung, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag mitteilten. Schlagen die Projekte ein, könnten sie dann auch Vorbild für andere Kommunen mit zu hoher Luftverschmutzung sein. Umweltschützern und der Opposition reicht das bei weitem nicht aus.

 

In Reutlingen sollen 100 neue Bushaltestellen und 20 neue Linien eingerichtet werden - ein »Quantensprung«, wie die 1. Bürgermeisterin Ulrike Hotz sagt. Auf einer früheren Bahntrasse soll ein Radschnellweg entstehen. Herrenberg will den Preis fürs Tagesticket von 7 auf 3 Euro senken. Auf zentralen Achsen sollen digitale Leitsysteme das zulässige Tempo auf Geschwindigkeiten zwischen 20 und 40 Kilometer pro Stunde herunterregeln. So soll es weniger »Stop and Go« geben, wie der 1. Bürgermeister Tobias Meigel erläutert.

Insgesamt sind laut Bundesverkehrsministerium 112,7 Millionen Euro verplant, der Rest soll aber im Fördertopf bleiben. Für die Jahre 2019 und 2020 gehen an Bonn 39,34 Millionen Euro, an Mannheim 28,37 Millionen Euro, an Essen 21,22 Millionen Euro, an Reutlingen 19,22 Millionen Euro und an Herrenberg 4,52 Millionen Euro. Im Sommer 2019 soll es eine erste Zwischenbilanz der Projekte geben.

Die Regierung hatte die Modellstädte auch der EU-Kommission genannt, die Deutschland wegen anhaltender Überschreitungen von Grenzwerten für Stickoxide (NOx) im Visier hat und am Europäischen Gerichtshof verklagen will. Der Bund hat auch einen Fonds von einer Milliarde Euro für Maßnahmen in stark belasteten Kommunen aufgelegt. In der Streitfrage technischer Umrüstungen älterer Wagen stellten Schulze und Scheuer eine Verständigung in Aussicht - beharrten aber auf ihren Positionen. Die Umweltministerin will solche Umbauten an Motoren, der Verkehrsminister bekräftigte seine Bedenken. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Entscheidung bis Ende September angekündigt.

Umweltverbänden und Opposition gehen die Vorhaben nicht weit genug. Die Grünen fordern Unterstützung für alle Städte mit schlechter Luft. »Dazu muss die Bundesregierung eine Nahverkehrsoffensive starten und ein Eine-Milliarde-Investitionsprogramm auf den Weg bringen«, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (dpa)