REUTLINGEN. Alle Jahre wieder... fast kein Durchkommen mehr am Bermudadreieck. Gegen 11 Uhr ist es an der Ecke Oberamtei-/Kanzleistraße brechend voll. Nicht unbedingt besinnlich, dafür aber umso geselliger: Der Heilige Morgen zieht auch in diesem Jahr wieder tausende Menschen aus Reutlingen und den umliegenden Gemeinden in die Innenstadt. Ob jung oder alt, ob weihnachtlich ge- oder verkleidet, oder einfach ganz leger: Hier stehen Treffen, Wiedersehen, Beisammensein im Vordergrund. Der eine oder andere trinkt sich bei dieser »Tradition« auch gerne mal einen veritablen Schwips an - und mancher auch die Festtage schön... Wie auch immer: Hier treffen Freunde und Nachbarn, Schulkameraden und Kollegen, nahe und ferne Bekannte aufeinander. Die Atmosphäre ist fröhlich, die Menschen sind gut gelaunt.
24 Meter lang ist die Außenbar, die rund ums »Nullsechs«, ehemals Hausbar, aufgebaut wurde. Viel mehr kann Betreiber Onur Sönmez an diesem Vormittag auch gar nicht sagen - den er ist ziemlich im Stress. Hinter der Bar ist jede helfende Hand gefragt, der Stresspegel ist hoch, die Musik laut, vor der Bar drängen sich die Leute, wollen Glühwein, Bier oder Aperol trinken. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Tobias Schuhmacher hat Sönmez das »Nullsechs« im Mai eröffnet. Seitdem scheint das Nachtleben im ehemaligen Bermuddreieck eine neue Dynamik bekommen zu haben.
Doch nicht nur hier ist an diesem Morgen viel los. Von der »DezemBar« in der Kanzleistraße über das Café Sommer bis zum Rappen: Jeder findet einen Ort, an dem er, ganz im von ihm gewünschten Trubel, etwas trinken kann. Auch der Marktplatz ist wieder proppevoll, alle Gastronomen beteiligen sich mit Ständen. Fröhliche und entspannte Gäste, zufriedene Gastronomen, bei denen die Kasse klingelt - und eine ebenso entspannte Polizei. »Es war alles unauffällig«, bilanziert der Polizeiführer vom Dienst gegen 14.30 Uhr. »Es war zeitweise sehr viel los, aber es gab keine besonderen Vorkommnisse.« Dass Polizisten vom Polizeipräsidium Einsatz durch die Straßen patrouilliert sind, sei »ganz normal« bei einer solchen Veranstaltung und nicht erst den jüngsten Ereignissen in Magdeburg geschuldet.
An die wird der Besucher des Events aber spätestens erinnert, wenn er die massiven Lkw-Sperren passiert, die an allen Zufahrtsstraßen zum Hotspot Bermudadreieck und an der Rathausstraße aufgebaut sind. In der Rebentalstraße, neben dem Rathaus, sperrt zudem ein großer Laster der technischen Betriebsdienste die Zufahrt ab. An diesem kommt zwar der Rettungsdienst noch vorbei - aber ungebremst kann zumindest kein Fahrzeug nicht mehr in die Menge fahren. »Die Sperren waren tatsächlich schon vor Magdeburg geplant«, sagt Torben Engelhardt. »Aber die Ereignisse haben uns darin bestätigt, dass das Konzept richtig ist.«
Der stellvertretende Leiter des Reutlinger Ordnungsamtes lobt eine »gelungene Veranstaltung, ein Highlight, wie in jedem Jahr«, das sich nach seinem Empfinden auch immer besser einspiele. Rund 5.000 Menschen dürften an Bermudadreieck, Marktplatz und in den etwas außerhalb liegenden Bars unterwegs gewesen sein, schätzt er, basierend auch auf Polizeiangaben. Nur die direkten Anwohner dürften das Event wohl etwas kritischer sehen: Manch' ein Partygast hat seine Emotionen gegen Nachmittag nicht mehr so ganz im Griff, was in verbalen wie kleinen körperlichen Ausfällen mündet. Und auch viel Müll wird einfach stehen- und liegengelassen. (GEA)