REUTLINGEN. Im nunmehr sechsten Jahr ist er Oberbürgermeister von »Mein Bruddel-ingen«. Auch beim Bürgerempfang bezog Thomas Keck die »nur lieben«-Werbekampagne, die bundesweit Aufmerksamkeit erregt hatte, augenzwinkernd mit ein. Ja, es sei nicht immer eine einfache Aufgabe - denn die Reutlinger neigen bekanntlich dazu, ihr Licht und das ihrer Stadt eher unter den Scheffel zu stellen. »Aber es ist das einzige Amt, das ich ausfüllen will.« Schließlich ist's seine Heimatstadt.
Gäste. Rund 1.000 Menschen waren an diesem Dreikönigstag zum traditionellen Bürgerempfang in die Stadthalle gekommen. Die meisten waren Reutlinger - aber auch Besucher aus der Umgebung waren im Publikum zu erblicken. Beispielsweise die Nachbar-Oberbürgermeister Boris Palmer (Tübingen), Michael Bulander (Mössingen) und Carmen Haberstroh (Metzingen), auch die Bürgermeister kleinerer Nachbar- und Kreisgemeinden. Der Empfang ist das Stelldichein von allen, die in der Stadt Rang und Namen haben, die sich aktiv fürs Stadtgeschehen engagieren und sich einbringen. Es waren Bundes- und Landtagsabgeordnete gekommen, Alt-OB Barbara Bosch, Vertreter von Kirchen und Sicherheitsbehördern, der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Gemeinde- und Kreisräte, Vertreter von Banken und dem Handwerk.
Rückblick. Die bereits erwähnte Werbekampagne macht den OB noch heute stolz. Und er versprach direkt: »In diesem Jahr werden Sie noch mehr davon hören.« Extremwettertag und Hochwasserschutz: Man müsse sich dem Klimawandel auch auf kommunaler Ebene widmen, so Keck weiter. Eine kleine Maßnahme in diesem großen Themenfeld hat besonders Baubürgermeisterin Angela Weiskopf im vergangenen Jahr beschäftigt. Und ihr die eine oder andere (harsche) Diskussion eingebracht: Dass die Stadt auf dem Marktplatz neue Bäume pflanzen will, hat zunächst für großen Widerstand unter den Marktbeschickern gesorgt. OB Keck machte seine Position in dieser Streiterei bei seiner Rede nun erneut deutlich: Man halte an den Plänen fest, »auch wenn das dem einen oder anderen nicht gefällt.« Denn: »Der Marktplatz gehört der Reutlinger Bürgerschaft.« Was mit großem Applaus quittiert wurde.

Zufrieden blickt Baubürgermeisterin Weiskopf auf »die Neuausrichtung der GWG«. Auch den OB freut's, was sich in diesem Sektor getan hat: »So viele Spatenstiche wie in diesem Jahr hatte ich noch nie in meinem Terminkalender stehen.« Die Stadt hat 2024 der Rückzug von Galeria Kaufhof und Breuninger aus Reutlingen beschäftigt - und erschüttert. Ist die Innenstadt am Ende? Mit Zahlen lässt sich das nicht belegen, so OB Keck. Strömten 2023 doch 7,9 Millionen Menschen in die Innenstadt, 2024 nochmal mehr. Doch seit dem vergangenen Jahr ist auf jeden Fall klar: Es ist etwas ins Rutschen geraten ... Das Rathaus zeigte sich nach einem ersten Schockmoment voller Tatendrang, der 16-Punkte-Plan wurde ins Leben gerufen.
Viel Wind um nichts? So könnte man umschreiben, was Verwaltungsbürgermeister Robert Hahn im Frühling 2024 gefühlt haben muss. Denn da war klar: Das sechste Gymnasium, das für ordentlich Zoff in der Stadtgesellschaft gesorgt hatte, kommt wohl nicht. Hahn spricht von einer »großen Enttäuschung« und sagt: »Dem werden wir - auch in Anbetracht von G9 - noch sehr nachweinen.«
Ausblick. Und wie geht's weiter? Auf jeden Fall herausfordernd. Denn seit Ende 2024 ist klar, dass sich die kurzfristig entspanntere Haushaltslage der Stadt durch mangelnde Schlüsselzuweisungen wieder deutlich verschlechtert hat. Der Gemeinderat musste erneut eine Haushaltssperre beschließen. »Das ist belastend, ja«, sagt Finanzbürgermeister Roland Wintzen. »Aber wir haben es einmal geschafft - und werden es wieder schaffen.« Etwas weniger positiv betitelte OB Keck die Grundsteuerreform. Die Bescheide werden den Reutlingern in den kommenden Wochen ins Haus flattern. »Eine haarsträubende Idee unserer Landesregierung«, so der OB - die nun die Kommunen ausbaden müssten.
Was OB Keck in seiner Rede betonte, wiederholte Wintzen im Gespräch mit dem GEA: Beide eint der Glaube an den Wirtschaftsstandort Reutlingen - und beide kündigten an, dass sich auf dem Gelände des geplanten modernen Industrieparks RT-unlimited 2025 einiges tun wird. Was ebenso spannend werden dürfte: 2025 soll die Entscheidung für die Innenstadt-Trasse der Regionalstadtbahn fallen. Baubürgermeisterin Weiskopf peilt Mitte des Jahres an. (GEA)