REUTLINGEN/STUTTGART. Das erste EM-Training der Schweizer Fußball-Nationalmannschaft im Stuttgarter Gazi-Stadion an der Waldau war alles andere als ein Erfolg. Das lag aber nicht etwa an der Form der »Nati«, wie die Schweizer Nationalmannschaft auch genannt wird, sondern am Bodenbelag: Teamdirektor Pierluigi Tami hat die Qualität des Stadionrasens als »klar ungenügend« bezeichnet. In Schulnoten ausgedrückt ist das eine glatte Sechs. Der Verband hatte in Absprache mit der UEFA zwischenzeitlich sogar nach alternativen Trainingsmöglichkeiten gesucht. Was ist da schiefgelaufen?
Beim Verlegen des Rollrasens seien keine Fehler passiert, erklärt Matthias Renz, Geschäftsführer von Sportstättenbau Garten-Moser. Das Reutlinger Unternehmen hat die Böden in Stuttgart, Freudenstadt und Garmisch-Partenkirchen eingesetzt, auf denen zurzeit Schweizer, Dänen und Schotten für die Fußball-EM trainieren.
Einzigartige Wetter-Auswirkungen
Vielmehr liegt das Problem beim Wetter, sagt Renz: »Es hat in den vergangenen Wochen zu viel geregnet.« Dadurch seien die Soden - also die Grasabschnitte, die aus dem Boden geschält und zum Sportrasen verarbeitetet wurden - auf der Anzuchtfläche zu nass geworden. Dafür könne grundsätzlich erstmal niemand was, denn beim Rasen handle es sich nunmal um ein Naturprodukt. »Ich habe solche Wetter-Auswirkungen auf das Grün in den vergangenen 20 Jahren nicht erlebt«, erklärt der Geschäftsführer.
Anderen Akteuren könne man daher auch keine Schuld zuweisen. Die Arbeitsteilung ist bei einem solchen Projekt klar geregelt. Garten-Moser sei lediglich für das Verlegen der Grassoden zuständig. Anzüchtung des Rasens, Lieferung und Pflege liege im Aufgabenbereich anderer Unternehmen. »Seit wir die Soden am vergangenen Donnerstag verlegt haben, waren wir auch gar nicht mehr im Stadion. Wir haben ohnehin keine Akkreditierung und kommen auch gar nicht mehr rein«, erläutert Renz.
Boden-Empfehlung stammt von der Uefa
Für den Boden ist jetzt die Stadt Stuttgart als Eigentümerin des Gazi-Stadions verantwortlich. »Wir haben uns für den Rasen entschieden, den uns der Europäische Fußballverband Uefa empfohlen hatte«, erklärt der Leiter der städtischen Pressestelle, Sven Matis, auf GEA-Anfrage. Die Qualität habe bei der Begutachtung gestimmt, erst nach dem Ausrollen haben sich Verfärbungen gezeigt. »Wir haben die Schweizer Mannschaft umgehend informiert«, sagt Matis. Das sei bereits am vergangenen Wochenende passiert.
Seitdem tue man viel dafür, den Rasen zur Zufriedenheit der Eidgenossenschaft aufzupäppeln. »Am Wochenende haben sieben Greenkeeper fast jeden Halm gestreichelt«, erklärt Matis. »Das Sportamt lässt den Platz walzen und lockern, um den Boden für das Training zu bereiten.« Objektiv betrachtet habe der Rasen weiterhin eine gute Qualität, schließlich habe die Uefa ihn am Wochenende abgenommen und eine Güte von 86 Prozent bescheinigt. »Die Kolleginnen und Kollegen vom Amt für Sport und Bewegung arbeiten weiter mit Hochdruck am Spielgrund. Der Zustand des Rasens verbessert sich täglich.«
Schweizer »Nati« äußert sich nicht weiter
Und wie bewerten die dänischen und schottischen Nationalmannschaften ihren Trainings-Rasen, der ebenfalls von Garten-Moser verlegt wurde? Wie der Südwestrundfunk mitteilte, waren die Skandinavier an ihrem ersten Tag zufrieden mit den Bedingungen. Für die Schotten, die im bayrischen Garmisch-Partenkirchen trainieren, sieht es laut Matthias Renz sogar noch besser aus: »Der schottische Platz ist perfekt, das hat die Uefa bestätigt.« Im Gegensatz zum Stuttgarter und Freudenstädter Rasen sei dieser aber bereits im März verlegt worden - was dem Grün genug Zeit zur Reifung gegeben habe. »In Stuttgart ist der Rasen noch in der Anwachsphase. Den muss man sich wie ein Baby oder Kleinkind vorstellen. Jetzt können wir nur noch hoffe, dass schnell Gras über die Sode wächst«, erklärt Renz lachend.
Wie die »Nati« die Trainingsgegebenheiten im Moment einschätzt, dazu will sich der Pressesprecher des Schweizerischen Fußballverbandes, Adrian Arnold, nicht äußern. Auf Anfrage schreibt Arnold: »Unsererseits ist mit den Ausführungen an den offiziellen Pressekonferenzen der letzten drei Tage zu diesem Thema alles gesagt. Sollte es eine neue Entwicklung geben, werden wir offiziell kommunizieren.« (GEA)